Die Geschichte der Ansiedlung Deutscher in Russland beginnt bereits im Mittelalter, als Lübecker Kaufleute um 1200 ein Hansekontor in Nowgorod einrichteten.
Mit der Unterwerfung Nowgorods 1478 unter das Moskowiter Reich Iwan des III. kamen Deutsche nun vermehrt nach Moskau.
Am 4. Oktober 1652 erging ein Erlass des Zaren Alexej Michajlowitsch (1645–1676), über die Aussiedlung aller Westeuropäer hinter die Stadtgrenzen von Moskau, dieser Ort wurde unter dem Namen Neu-Deutsche oder Deutsche Vorstadt (Nemezkaja sloboda) bekannt, da Russen alle aus Westeuropa stammenden und des Russischen nicht mächtigen Personen als „Nemcy“ (von dem Wort nemoj ‚stumm‘) oder übersetzt „Deutsche“ bezeichneten.
Peter I. ließ 1703 die neue Hauptstadt Sankt Petersburg erbauen und warb Fachleute an, vor allem Deutsch-Balten kamen nun nach Russland. Unter Katharina II. begann mit ihren Manifesten vom 4. Dezember 1762 / 22. Juli 1763 eine echte Kolonisation und Besiedelung weiter, vorher menschenleerer Landstriche. Die meisten Auswanderer stammten aber aus Südwest- und Süddeutschland: Württemberg, Baden, Pfalz, Elsass, Rheinhessen und das an Württemberg anschließende bayrische Schwaben.
Die Ansiedlungspläne für das Wolgagebiet und das Gouvernement Neurussland, die spätere Südukraine, wurden im März 1764 veröffentlicht. Die Hauptauswanderung aus Hessen erfolgte 1763 -1767 ins Wolgagebiet und später, Anfang des 19. Jahrhunderts, auch in die Schwarzmeerregion.
Nishnaja Dobrinka wird als älteste wolgadeutsche Kolonie 29. Juni 1764 gegründet, 1765 Balzer.
Anhänger der Herrnhuter Brüdergemeinde, lassen sich 1765 in Sarepta, nahe Zaryzin, mit der Aufgabe der Kalmückenmission nieder.
Anlage der „Nördlichen Kolonien“ 1765-1767 im Umkreis von St. Petersburg durch Hessen, Preußen, Württemberger (Schwaben) und Badener.
1765-1766 Gründung von Riebensdorf bei Woronesh durch Schwaben und der Belowesh-Kolonien bei Tschernigow durch Hessen und Rheinländer.
Deutsche Kolonisten aus der Danziger Gegend siedeln im Schwarzmeergebiet, 1782 bei Cherson, 1783 bei Jekaterinoslaw (Dnjepropetrowsk).
Gründung von Alt-Danzig (1786), Fischerdorf und Josefstal bei Jekaterinoslaw durch Preußen und Schwaben.
Aus Danzig, Westpreußen kamen Mennoniten (1789-1804), aber auch Katholiken und Evangelische, gründen sechs Niederlassungen in Wolhynien 1787-1791.
1787-1791 wandern Mennoniten nach „Neurussland“ ein und gründen Chortitza („Iltisbau“) am Dnjeprufer. In St. Petersburg leben rund 17.000 Deutsche.
1794 Gründung der Hafenstadt Odessa.
Gnadenprivileg Pauls I. zugunsten der Mennoniten am 6.9.1800; danach gründen sie die Halbstädter Kolonien und Gnadenfeld.
Zwischen 1802 und 1859 wandern fast 110.000 Deutsche in das Schwarzmeergebiet ein, darunter ein hoher Anteil von Schwaben (Württemberger) und Alemannen (Elsässer und Badener).
1803 Ansiedlung von Deutschen (meist Schwaben) in Odessa. Gründung einer evangelischen Gemeinde. Die Großliebentaler Kolonie und Neusatz auf der Krim werden von Schwaben aus Calw gegründet, viele davon sind Abkömmlinge meiner Vorfahren.
Manifest Alexanders I. am 20. Februar 1804 mit einer Einladung zur Ansiedlung Deutscher im Schwarzmeergebiet; Freistellung vom Militär.
1804 werden die Prischiber Kolonien in Taurien bei Halbstadt und Liebentaler Kolonien bei Odessa durch Badener, Elsässer, Pfälzer und Schwaben gegründet.
1804-1810 Schwaben, Badener, Elsässer und Schweizer siedeln auf der Krim.
1808-1809 Kutschurganer und Glückstaler Kolonien im Odessagebiet von Badenern, Elsässern und Pfälzern gegründet.
1809-1817 Gründung der Beresaner Kolonie; unter den Siedlern sind auch Bayern.
Nach Wolhynien wanderten in drei Schüben (1812/1831/1861) Deutsche, vor allem Westpreußen, Rheinländer, Pfälzer und Schwaben, aus verschiedenen Gegenden Deutschlands und Polens ein.
Aus Polen zogen 1814 bis 1842 die früher aus Preußen und Württemberg eingewanderten Deutschen nach Bessarabien.
Die Einwanderer bestehen hauptsächlich aus Schwaben, Pfälzern, Bayern, Mecklenburgern, Pommern, Schlesiern, Brandenburgern, Deutschen aus dem Warschauer Raum sowie einigen Sachsen. Gründung von Wittenberg (1814) und Leipzig (1815).
1816-1818 ziehen schwäbischen Separatisten in den Südkaukasus.
1822-1831 gründen Schwaben Kolonien bei Berdjansk.
Katholiken und Lutheraner, vorwiegend aus Schwaben, gründen 1823-1832 die Planer, Grunauer und Mariupoler Kolonien am Nordrand des Asowschen Meeres.
1831 Gründung von Neu-Stuttgart im Kaukasus.
1854-1861 Mennoniten aus Westpreußen gründen Kolonien bei Samara/Wolga.
1863 Einwanderung von Schlesiern und Warschau-Deutschen nach Wolhynien.
Hiermit endet 100 Jahre nach dem Manifest von Katharina II. im Großen und Ganzen die deutsche Einwanderung nach Russland.
1869-1873 Kronau-Orloff, Tochterkolonien von Prischiber und Halbstädter Mennoniten, gegründet.
Mit der Aufhebung des Kolonialstatuts am 4.6.1871 durch die Zarenregierung Alexanders II. erfolgt die Abschaffung der Selbstverwaltung der deutschen Gebiete. Beginn der Auswanderung nach Nordamerika.
1872-1873 wandern etwa 13.000 Mennoniten nach Nordamerika aus.
13.1.1874 Allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Den Mennoniten bietet man als Ersatz den Dienst im Forstwesen an, das führt zur vermehrten Auswanderung nach Nord- und Südamerika.
1882 Deutsche Siedlungen (Tochterkolonien) entstehen bei Pischpek (Frunse) und Aulie-Ata (Dshambul) in Russisch-Turkestan.
1884 Deutsche Siedlungen bei Chiwa südlich des Aralsees.
1885 Gründung der evangelisch-lutherischen Kirche in Taschkent.
Deutsche Siedlungen (Tochterkolonien) bei Orenburg entstehen 1894
1895 Deutsche Siedlungen bei Akmolinsk (Zelinograd) in der kasachischen Steppe.
1897 Nach einer Volkszählung leben 390.000 Deutsche an der Wolga, 342.000 im Süden Rußlands, 237.000 im Westen Rußlands und 18.000 in Moskau.
1901-1911 rund 105.000 deutsche Siedler wandern aus Russland nach Amerika aus.
1903 Verbot der deutschen Ansiedlung in Turkestan. Judenpogrome in Bessarabien (Kischinjow).
1904-1905 Siedlungsstrom nach Sibirien in die Gebiete Omsk und Tomsk.
1906-1907 Deutsche Siedlungen bei Ufa im Westural (1906) und bei Aktjubinsk im Südural (1907).
1908 Geschlossenes deutsches Siedlungsgebiet bei Slawgorod in der Kulunda-Steppe.
1909 Gemäß dem Stolypin’schen Gesetz wandern massenweise neue Siedler nach Westsibirien und Nordturkestan und gründen neue Tochterkolonien (Pawlodar, Karaganda, Nowosibirsk, Krasnojarsk, Irkutsk u.a.).
1914 Nach einer Volkszählung leben in Russland insgesamt 2.416.290 Deutsche. Ohne das Baltikum, Ostpolen und Wolhynien sind es allein in Zentralrussland über 1.700.000 Deutsche.
1. August 1914 Beginn des I. Weltkrieges. Das Deutsche Reich wird zum Feind des Zarenreiches erklärt. Etwa 300.000 Deutsche dienen trotzdem in der russischen Armee. Obwohl sie russische Staatsbürger sind, wird ihr Grundbesitz beschlagnahmt. Die deutschen Ortsnamen werden 1914 durch russische ersetzt.
2.2.1915 Liquidationsgesetz: Die im Grenzstreifen bis 150 Kilometer lebenden Deutschen sollen nach Sibirien umgesiedelt werden. Über 50.000 Wolhyniendeutsche werden nach Sibirien verschleppt.
20.-23. April 1917 Erster gesamtdeutscher Kongress in der Geschichte der Deutschen aus Russland in Odessa. Gründung eines Zentralkomitees aller Russlanddeutschen (86 Vertreter der deutschen Siedlungsgebiete aus 15 Gouvernements). 1. Kongress der Wolgadeutschen in Saratow; 2. Kongress der Wolgadeutschen in Schilling.
3. März 1918 Frieden von Brest-Litowsk zwischen Deutschland und Russland. Repatriierungsklausel zugunsten der Russlanddeutschen. Auf Wunsch werden von deutscher Seite Schutzbriefe an Volksdeutsche ausgestellt. Davon wissen aber nur sehr wenige, und es gelingt nur einzelnen Personen, in den Westen zu kommen. Verzicht Russlands auf das Baltikum und Polen. Bessarabien kommt zu Rumänien.
April 1918 Schaffung eines „Kommissariats für deutsche Angelegenheiten an der Wolga“ unter Leitung von Ernst Reuter.
1918 Laut einer Volkszählung leben in Russland 1.621.000 Deutsche.
16. Januar 1924 Gründung der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Wolgadeutschen (ASSRdWD) mit der Hauptstadt Engels (Pokrowsk).
1926 Laut Volkszählung leben in der Sowjetunion 1.238.539 Deutsche. Letzte Versuche, über Sibirien und China nach Amerika auszuwandern. Die USA stellen in Wladiwostok Schiffe zur Verfügung. Ein Teil der Flüchtlinge wird unterwegs gestoppt und bei Omsk und Tomsk angesiedelt.
1927 Gründung des Deutschen Rayons im Altaigebiet. Deutsche Siedlungen am Amur; das sind zugleich die letzten Siedlungsneugründungen.
1928 Beginn der Kollektivierung, Deportation der enteigneten Mittelbauern in den hohen Norden und nach Sibirien. Schließung der Kirchen.
Ende 1929 rund 14.000 Deutsche aus allen Teilen des Landes kommen nach Moskau in der Hoffnung, eine Ausreisegenehmigung zu erhalten. Nach langen Verhandlungen werden 5.671 in Deutschland – nur zur Durchreise! – aufgenommen und nach Nord- und Südamerika weitergeleitet. Die anderen werden gewaltsam zurücktransportiert.
1930 ca. 50.000 Deutsche von der ersten Massendeportation betroffen.
1935 werden 600 Deutsche aus Aserbaidschan nach Karelien deportiert.
1936 Verband der Deutschen aus Russland e.V. in Deutschland gegründet.
1937 Sämtliche deutsche Kirchen entweiht; kein deutscher Pfarrer mehr im Amt.
1938-1939 Auflösung aller deutschen Rayons außerhalb der ASSRdWD.
1. September 1939 Beginn des II. Weltkrieges. Nach einer Volkszählung leben in der Sowjetunion 1.424.000 Deutsche in überwiegend geschlossenen Siedlungen (95 Prozent Deutsch als Muttersprache).
80.000 Deutsche verlassen 1940 Bessarabien und siedeln sich im Wartheland (Warthegau) an. Bessarabien und die baltischen Staaten werden der UdSSR einverleibt.
22. Juni 1941 Beginn des deutsch-sowjetischen Krieges. Deutsche von der Krim, aus dem Kaukasus und den Teilen des Schwarzmeergebietes östlich des Dnjeprs werden nach Sibirien und Mittelasien deportiert.
25. August 1941, die Deutsche Wehrmacht besetzt Dnjepropetrowsk. Die Deutschen westlich des Dnjeprs entgehen weitgehend der Verbannung.
28. August 1941 Erlass des Obersten Sowjets der Sowjetunion, Auflösung der Republik der Wolgadeutschen und totale Deportation der Bevölkerung nach Sibirien und Mittelasien in die Lager der Trudarmee. Innerhalb von zehn Tagen werden rund 350.000 Wolgadeutsche in die Ostregionen der UdSSR verschleppt.
1941-1946 knapp eine Million Russlanddeutsche sind vom Schicksal der Deportation betroffen.
30. August 1941 Gebiet zwischen Dnjestr und Bug, einschließlich Odessa, unter rumänischer Verwaltung laut Vereinbarung mit dem Deutschen Reich. Das Gebiet nennt sich Transnistrien. Darin eingebunden sind die alten deutschen Mutterkolonien der Großliebentaler, Kutschurganer, Glückstaler und Beresaner. Ausstellung von Volkstumsausweisen an die deutsche Bevölkerung.
1943-1944 Einberufung von Russlanddeutschen Wehrfähigen in die Deutsche Wehrmacht.
Im März – April 1944 werden rund 350.000 Deutsche aus der Ukraine und Transnistrien im Warthegau angesiedelt, einige von ihnen auch im Sudetengau. Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit.
9. Mai 1945, bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht in Berlin-Karlshorst.
Juni – Juli 1945 massenweise Zurückverschleppung der Russlanddeutschen aus allen Besatzungszonen nach Sibirien und Mittelasien.
2. August 1945, Unterzeichnung des „Potsdamer Abkommens“. Vereinbarung, dass jede Besatzungsmacht „ihre“ Bürger ins eigene Land zurückbringen darf. Für jeden ehemaligen Sowjetbürger deutscher Nationalität, der aus Deutschland deportiert wird, werden 200 US-Dollar Kopfgeld als Kriegsschuld für Deutschland angerechnet.
26. November 1948 Dekret des Obersten Sowjets: Verbannung der Russlanddeutschen auf „ewige Zeiten“ festgeschrieben; Verlassen der Ansiedlungsorte ohne Sondergenehmigung mit Zwangsarbeit bis zu 20 Jahren bedroht.
Mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion wird mit einem Dekret des Präsidiums des Obersten Sowjets das Regime der Sondersiedlungen am 13. Dezember 1955 aufgehoben
1956 Beginn der Rückkehr der Russlanddeutschen in die Bundesrepublik und die DDR
Quelle:
Wikipedia
germans-from-russia-settlements
http://www.deutscheausrussland.de