Ersatzteile für Autos gab es nur auf den Schrottplätzen, noch dazu, wenn man einen Exoten, wie RENAULT fuhr. Für Papa kein Problem, er kannte alle relevanten Plätze und dank seines technischen und handwerklichen Verständnisses und Geschick, hatte er so gut wie keine unvorhergesehenen Pannen.

Dafür musste er aber mit seiner Bereifung regelrecht haushalten. Die Räder waren sein Kapital, es musste sorgsam damit umgegangen werden, Neureifen waren teuer und nicht leicht zu beschaffen.

Beim Vulkanisiermeister Karl Frosch in Potsdam bekam Papa stets Hilfe, möglichst lange mit der LKW-Bereifung auszukommen, es waren damals RIESA-Reifen, des 1946 in Sachsen gegründeten Reifenwerkes. Für die Langlebigkeit und die vielen gefahrenen Kilometer der Reifen bekam Papa in den 50er Jahren vom Werk eine Urkunde und einen Zündschlüsselanhänger, der ihn auf all seinen Fahrten begleitete und heute noch existiert. ( „Gute Fahrt auf Riesa-Reifen“ )

Mit der Gründung des Güterkraftverkehrs gingen die lukrativen Transportaufträge durch die „ATG“ vorwiegend an die staatlichen Verkehrsbetriebe, die privaten Fuhrunternehmer bekamen immer mehr Schwierigkeiten, rentabel zu fahren. Der damalige Leiter der „ATG“ wurde abberufen und als Chef des neu gegründeten Güterkraftverkehr in Potsdam eingesetzt. Er war es auch, der Papa davon überzeugte, seinen privaten Fuhrbetrieb einzustellen und eine Arbeit im staatlichen Güterkraftverkehr aufzunehmen. Den LKW und beide Anhänger konnte Papa auch an den Kraftverkehr verkaufen.

Die Perspektive, im neuen Betrieb als Kraftfahrer zu arbeiten, schloß er aber von Anfang an aus. Der in der Entwicklungsphase stehende Güterkraftverkehr benötigte dringend Kraftfahrer, da Papa ausgebildeter Militärfahrlehrer war, lag es nahe, diese Tätigkeit wieder aufzunehmen. Es war natürlich nicht zeitgemäß, mit einem Fahrlehrerausweis aus dem Drittem Reich die Arbeit zu beginnen. Bis sich eine Möglichkeit bot, den Fahrlehrerschein unter DDR-Bedingungen zu erneuern, begann Papa eine Arbeit auf dem Abschleppwagen des Güterkraftverkehrs. Das war ein Fahrzeug vom Typ IFA H6 aus dem Kraftfahrzeugwerk „Ernst Grube“ in Werdau. 6 Zylinder, Hubraum von 9036 cm³ und 150 PS.

Es war passend, so konnte er seine Erfahrungen als Autoschlosser mit einbringen. Nicht immer musste gleich abgeschleppt werden, viele leichtere Unterwegspannen konnten so vor Ort behoben werden. Der Abschleppdienst war gleichzusetzen mit der heutigen Pannenhilfe und für einen Großbetrieb, wie den Güterkraftverkehr, unverzichtbar. Am 12.05.1958 war es dann so weit, Papa erhielt seinen neuen Fahrlehrerschein, dadurch konnte er vom Abschleppwagen in die Fahrschule wechseln. Er schulte zuerst in der Klasse 5 ( LKW )

Auf diesem LKW vom Typ IFA H3a machte Mutti ihren Führerschein der Klasse 5. Da ihr der Abstand zu den Brems- und Kupplungspedalen zu weit weg waren, sie nicht bis dahin heranreichte, wurden über diese Pedalen ca. 20cm hohe Holzklötze geschoben. So war alles fußgerecht. Für eine Frau war das Fahren dieser LKW’s nicht so einfach, viele technische Hilfen, wie heute, gab es nicht, aber es ging !

Mit dem Erlöß seines verkauften LKW – Gespannes erfüllte sich Papa einen Traum, er kaufte 1958 seinen ersten werkneuen PKW, einen Trabant P50, zum Preis von 7800,00 Mark. Das war aber nicht so einfach, die Fahrzeuge gab es nur auf Bestellung, aber Papas Hartnäckigkeit war es zu verdanken, dass er zu den ersten gehörte, die diesen Wagen bekamen. Jede Woche ging er zur Vergabestelle im Rat der Stadt Potsdam, bis sie ihm genervt den Wagen bewilligten.

Der 500 cm³ große Zweitaktmotor leistete anfangs 13 kW (18 PS), was Papa aber durch Umbau des Motors auf 23 PS brachte, da er plante, einen Wohnwagen zu bauen.

Nur war der erste Trabant dafür nicht konzipiert. Also machte Papa Berechnungen, Zeichnungen und baute sich eine Anhängerkupplung für diesen Wagen, da noch keine vom Sachsenringwerk angeboten wurde.

Er erhielt dafür die Zulassung und bekam die Freigabe für einen Anhänger mit einem Gesamtgewicht von 380 kg.

Nun begann der Bau eines Wohnwagens für den Trabant 500. An der Garagendecke hing immer noch der Wohnwagenaufbau von dem verkauften Viehanhänger. Diesen Aufbau nahm Papa als Grundkonzept für seinen künftigen zweiten Wohnwagen.

Er baute ein komplett neues Unterteil mit einer starren, gefederten Achse und Trabanträdern. Für den unteren Grundrahmen war das Ausgangsmaterial der Eisenrahmen zweier, alter Metallbetten, neues Winkeleisen war eben rar.

Mit diesem neuen Gefährt fuhren Mutti und Papa in den Urlaub und an den Wochenenden ging es in die nähere Umgebung an die Havel, vorzugsweise an den Plessower See. Im Bereich der damals noch unvollendeten Autobahn A10 bei Leest, war eine wilde Badestelle, sehr idyllisch gelegen, dahin zog es sie, um vom Alltag auszuspannen.

In dieser Umgebung kamen Papa die Gedanken nach etwas mehr Luxus. So plante er einen komfortablen anderen Wohnwagen. Die Idee der optischen Form kratzte er mit einem Nagel in die Garagenwand an der Werkbank.

Das war sein Grundkonzept, danach fertigte Papa anschließend die technischen Zeitungen und begann mit der Umsetzung seiner Überlegungen. In der Garage wurde wieder gesägt, gebohrt und getüftelt.

Diesmal bekam der Wohnwagen die serienmäßigen Achsschenkel mit der Federung vom Trabant 500. Damit war der Anhänger beweglicher als mit einer starren Achse. Als Grundrahmen mußte wieder das erprobte Material von Eisenbetten herhalten. Der Aufbau bestand, dem Gewichtsgrund geschuldet, aus Holz, Hartfaserplatten und Sperrholz. Das Dach war diesmal, eine auf dünne Leisten gespannte, gedämmte Kunstlederhaut.

Innen bekam der Wohnwagen einen Himmel und war doppelwandig gegen Kälte geschützt,. Ein Ausstelldach machte alles komplett. Die elektrische Beleuchtung kam von der Autobatterie. Den Eingangsbereich schützte ein kleines Zelt.

Mit dem Bau wurde der Platz in der hinteren Garage langsam knapp, also mußte der ältere Wohnwagen verkauft werden. Es fand sich ein Käufer, ein Bäckermeister aus dem Raum Werder an der Havel. Am 06.10.1961 war es dann so weit, der neue Wohnwagen bekam seine Zulassung.

Nun fuhren Mutti und Papa jedes Jahr einmal an die Ostsee, …… auf die Insel Rügen nach Dranske-Nonnewitz.

Mit der Zeit trafen sich dort immer die gleichen Camper, es war schön, im Urlaub einen festen Freundeskreis zu haben.

Radio 5501 Spatz, von 1955 ( Papa’s erstes Kofferradio )

Im Jahre 1960 übernahm Papa einen Wartburg 311 als Fahrschulwagen und bildete ab dieser Zeit seine Fahrschüler in der PKW-Klasse aus.

Es war auch der Wartburg 311, auf dem ich am 24.04.1961 meine Fahrschulprüfung ablegte. Die theoretische Prüfung übernahm natürlich ein anderer Fahrlehrer, um nicht in den Verdacht der Klüngelei zu kommen, außerdem wurde damals noch die praktische Prüfung von der Deutschen Volkspolizei (der Verkehrspolizei) abgenommen.

Im Jahr 1975 kaufte sich Papa einen Trabant 601. Es gab aber Probleme, ihn als gleichwertigen Zugwagen für den Wohnwagen zu nutzen. Der Trabant 500 hatte eine genehmigte Anhängelast von 380 kg. Er war kompakter und stabiler in der selbsttragenden Karosse. Dies wurde dem Trabant 601 nun nicht mehr zugebilligt, die Werkszulassung der Zuglast betrug nur noch 280 kg.

Also machte Papa neue Berechnungen und kam zu dem Schluß, nur eine Auflaufbremse am Wohnwagen wäre die Lösung. Diese gab es aber damals nicht. So entwarf und baute er sich die nötige Bremsanlage.

Das Zugrohr am Wohnwagen wurde gekappt, ein neues verschiebbares Rohr angebaut. Bremste jetzt der Zugwagen, lief der Anhänger, dank des neuen verschiebbaren Zugrohres auf den PKW auf
und über einen drehbaren Hebel, sowie ein Drahtseil, sprachen die Bremsbacken in den Rädern des Anhängers an. Es ist das gleiche Prinzip, wie bei einer Handbremse im Auto. Ein Stoßdämpfer am Zugrohr verhinderte das Aufschaukeln des Anhängers. Somit bekam er die Genehmigung, den etwas schwereren Wohnwagen auch mit seinem Trabant 601 zu ziehen.

Den Trabant 500 übernahm ich damals und gestaltete ihn nach meinen Wünschen um.

Fortsetzung


Fotos und Grafiken ohne Benennung: Privatbesitz Gerd Seifert

Trabant-Kollage aus den Prospekten der Vereinigung der Zwickauer Automobilwerke AWZ  1956 und des VEB Sachsenring Kraftfahrzeug- u. Motorenwerk Zwickau erstellt 1956/60 (links Trabant P50 und rechts AWZ-Trabant P50)

Eisenbett invertiert: wikimedia, Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported Fotograf abhiriksh 17.6.2016 An old iron bed in a house at Chinawal village, India

Am Kleinen Plessower See, wikimedia, Fotograf Zenmoench 23.7.2010 Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported, 2.5 Generic, 2.0 Generic and 1.0 Generic license

Sonnenuntergang bei Nonnevitz auf Rügen, wikimedia, Fotograf Carport 28.8.2007, gemeinfrei

Radio Illustration pixabay; Creative Commons CC0

Motorraum des Trabant 60: wikimedia Trabant two-stroke engine, Fotograf Asterion Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung 2.5 generisch“ (US-amerikanisch) lizenziert.