Mein Dank gilt Frau A. Relin, durch welche Daten und Fotos zu Blumendorf an mich mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung übergeben wurden. In Erinnerung an alle Einwohner von Blumendorf.
Die stabilen Fahrräder der Fahrradfabrik Gustav Hiller, Zittau/Sachsen, die unter der Marke „Phänomen“ bekannt waren, wurden in Blumenfeld häufig genutzt, allerdings führte die Zwangsabgabe der Bereifung im 1. Weltkrieg zum Erliegen des zivilen Radfahrens.
So wurde 1916 jegliche „Benutzung von Fahrrädern zu Vergnügungsfahrten“ durch die Militärbehörden untersagt, bei einem Verstoß gegen die Regelung drohte ein Jahr Gefängnis. Die Wirtschaftsblockade und der Devisenmangel nach dem Krieg besserte die Situation nicht, man nutze seinen Erfindergeist und versuchte mittels Stricken, Wasserschläuchen oder Leinwandgurten die Felgen fahrtauglich zu bespannen. Verschiedene Hersteller vertrieben alsbald „erlaubte Bereifungen“ wie die Spiralfederbereifung. Als es endlich wieder Gummibereifungen gab, wurde das Radfahren zum Volkssport.
Überall bildeten sich Radfahrvereine, so auch 1922 in Blumendorf unter der Leitung von Paul Neumann. Es wurden gemeinsame Wanderfahrten veranstaltet. Der Verein kaufte sechs neue „Saalmaschinen” Spezialräder, mit denen auf den Sälen von Meißner und Urban Reigen gefahren und Radball gespielt wurde.
Der Wimmer-Schneider (Bldf. Nr. 17, sp. Rehnert) fertigte einheitliche Kleidung (Jacken, Kniebundhosen und Mützen) an. Dazu wurde eine dreifarbige Schärpe getragen. Mitglieder des Vereins spielten im Winter unter der Leitung des Gärtners Wotschkow in Meißners Saal Theater. Wotschkow war vom Fach und besaß einen reichhaltigen Fundus an Requisiten und Kostümen.
1924 wurde ein Vereinsbanner angeschafft. An der Bannerweihe nahmen sechs auswärtige Vereine teil. Auf der eigens im Garten von Reinhold Kittelmann (sp. Tietze-Bauers Wiese) aufgebauten Reigenfahrbühne wurde mit den Gastvereinen Radball gespielt und Preis-Reigenfahren veranstaltet.
Auf der Straße von Blumendorf nach Steinhäuser wurde „Corso” gefahren. Bewertungskriterien waren Fahrweise, Kleidung, sowie Zustand und Schmuck der Räder.
Graf Schaffgotsch stiftete zur Bannerweihe einen wertvollen, in der Josephinenhütte in Schreiberhau gefertigten Glaspokal. Das gräfliche Wappen und der Name „Wanderlust Blumendorf“ waren im Pokal eingeschliffen.
1934 gab Paul Neumann – Bürgermeister, Standesbeamter und Brandmeister der Freiwilligen Feuerwehr – den Vereinsvorsitz an Alfred Nocke ab. Durch den politischen Umschwung und die zunehmende Motorisierung (Motorräder) verloren viele Mitglieder das Interesse am aktiven Radsport, daher löste Alfred Nocke 1936 den Verein auf.
Der Pokal wurde durch Kleinkaliber-Schießen an Nocke vergeben. Alfred Nocke war 1995 mit 90 Jahren das einzige noch lebende Mitglied des Radfahrvereins.
Anzeige der Phänomen-Fahrradwerke in: Lustige Blätter, schönstes buntes Witzblatt Deutschlands, Nr 23/1899
Foto „Notreifen“ aus Stahlfedern als Nachrüstsatz im Ersten Weltkrieg, wikimedia, Fotograf Lokilech – Eigenes Werk, erstellt: 17. Februar 2007, CC BY-SA 3.0
Bild Sport-Album der Rad-Welt, 4. Jg., 190, Richard Steyer, dt. Kunstradfahrer, Kehrstand auf Vorradfelge, Lenker links außen, wikimedia, PD-alt-100
Klub rowerowy w Kwieciszowicach“Wanderlust Blumendorf“ veröffentlicht in: Czasopismo Społeczności Lokalnej Gminy Mirskiokolic Gminy Mirsk i okolic, Wyd. luty 2009, nr 6 S. 11