Jakob Friedrich Bartholomäi schreibt an Johannes Bauer in Weissach über seine Situation in Bessarabien, über seine Familie, Gewitter, Erdbeben und Kälte.

1838 Mai 5 Sarata
In Jesu Christo viel geliebte Schwäger und Schwägerin und Schwester und Freunde, da ich nun nach Verfluss von drei Jahren nach eurem sehnlichen Verlangen euch wieder Nachricht geben will von meiner Lage, wo mich in denen drei Jahren betroffen. […] Anno 1835 im Monat Mai war ein Donnerwetter nachts von 11 Uhr bis Morgens 3 Uhr. Ein Donnerknall, dass man meinte, der Jüngste Tag kommt, dass lauter Feuer und Schwefel auf die Erde fiel und brannte, hat aber nichts verzehrt. Es war eine schreckliche Nacht.
Mein Sohn Jakob Friedrich war gerade auf dem Wege mit drei andern Jünglinge, um Vieh auf den Markt zu treiben. Sie mussten aber wieder zurück auf einen Meierhof, weil das Feuer ihnen an den Kleidern fangen blieb und auch am Pferd, wo er darauf ritt. Und in diesem Jahr, den 11 Januar Nachts dreiviertel auf Neun Uhr war eine Erdbebung von drei Minuten, das alles zusammen kracht in Häusern und in der Erde. Es war ein fürchterliches Gerassel in der Erde, als wann viele Wägen auf einem Pflaster fahren. Das Rindvieh schrie, Hühner, Gänse, Hunde, alles war in Ängsten, mit den Menschen alles rief zu seinem Schöpfer in dieser Not und Angst. Und diese Angst ist viele Wochen unter den Menschen gewesen und hat den ganzen Monat durch öfters die Erde wieder bewegt. Bei Odessa hat die Erde einen Riss bekommen und in anderen Gegenden, wie Ungarn, Moldau, der Türkei, war es noch heftiger und reichte bis nach Petersburg.
Und deinen Brief, wo du an 2 Oktober durch den Muster Garde Reiter mir geschickt hast, hab ich erhalten, aber erst im Monat April im andern Jahr. Und den 4. Oktober selbigen Jahrs hat meine Katharina Hochzeit gehabt mit Johannes Stedle von Herbrechtingen aus dem Heidenheimer Oberamt und im Jahr 1837, den 17. August sind wir schon mit einem Enkel erfreut worden, ein Töchterlein mit Namen Elisabetha Dorothea. Sie ist so groß und stark, als wenn sie anderthalb Jahr alt wäre. Sie macht so viele Freunde in unser Haus. Wenn sie einen halben Tag nicht kommt, so fragt ein jedes im Haus, wo ist dann das Kind, dass es nicht kommt. Was uns anbelangt sind wir Gott sei dank gesund bis auf diesen Tag.
Wir haben einen kalten Winter gehabt und das ganze Frühjahr ist kalt. Die Weinberge sind ganz verfroren, man hat alles auf dem Kopf abschneiden müssen. Auch viele Aprikosenbäume sind verfroren. Seit 20 Jahren, sagen die Russen, sei es nicht so kalt gewesen als diesen Winter. Der Herr tut viele Wunder und Zeichen von seit etlichen Jahren und was bedeuten sie nichts anders als seine nahe Ankunft, dass er bald kommen wird. Denn er lässt in der ganzen Welt Sturm schlagen schon etliche Jahr. Wenn ich die Zeitung lese, wie viele Ereignisse in der Welt sich zutragen, teils geistlich, teils weltlich, so kann es nicht mehr anders sein. Der kann nicht mehr länger verzeihen. Die Sünden der Menschen reichen bis in den Himmel und Gott denket an ihre Frevel. Das Wachen ist höchst nötig in unsern Tagen, denn wir wissen nicht, welches Jahr er kommen wird. Das Sündenmaß ist voll, ob er in diesen oder im andern Jahr kommt, darum wollen wir wachen, das wir nicht unbereitet erfunden werden, wann er kommt.
Zur Hochzeit, das wir als eine Reine Braut uns ihm zubereiten lassen, hier in dieser Gnadenzeit, das uns der Satan und die Welt nicht verführe in Unglauben, in dem die ganze Welt wirklich versunken ist und wenn es sollte auch noch dem zeitlichen hart ergehen, so wollen wir denoch nicht von dem abweichen der vor 1800 Jahr auf Golgatha zwischen Himmel und erden gehangen als ein [Flucht der welt und] als ein Fegfeuer aller Menschen den nun unserer Sünden und missithat ist, er so erbarlich zugerichtet worden.
Und mein Christian ist dieses Jahr in der Ostern Confirmmirt worden und wenn ihr gelegenheit habt, so schickt meiner Catharina des Hofackers Predigbuch. Es kommen wieder 6 bis 8 Familien von Kornwestheim und von Rürberg diesen Sommer, ob sie aber des Frühjahr abreisen oder erst im Sommer wissen wir nicht, da müsst ihr nachfragen. Und meine Magdalena ist noch bei mir, sie tut sich nicht verheiraten. Sie will bei uns bleiben. Im übrigen grüßen wir euch alle herzlich alle insgesamt, die ganze Freundschaft und alle guten Freunde und Nachbarn und schreib mir auch wer dem Deeg sein Haus hat und ob meine Nachbar noch alle am leben sind. Die Margaretha Jßlere lässt ihren Schwager, den Jakob Hek, und ihr Schwester und Kinder Herzlich grüßen. Und das Geld hab ich richtig erhalten durch den Schmidt Schäufele von Gebersheim und ich lasse ihn herzlich grüßen. Sein Sohn ist mit seiner Familie gesund. Er treibt das Schmiedhandwerk schon zwei Jahr. Einen herzlichen Gruß an Herrn Vetter Schultheiß, Frau und Kinder, und Jesua und Frau und Jakob und Georg Zipperles Kinder Herzlich und Herr Schullehrer in Flacht und Frau und Bizer und Frau und den Ludwig Uhle und seine Kinder, Satler und Frau und Kinder und Schneider und Kinder alle insgesamt.
Noch einmal herzlich und befehlen euch alle in den Schoß des Allmächtigen, er wolle uns und euer Geleitsmann sein durch das Jammertal dieser Welt in den Ewigen Freude.
Soll ich hätte schon früher geschrieben, aber mein Gevattermann Christoph Lust von Ilsfeld hat es schon ein ganzes Jahr im Sinn, ob er jetzt im Augenblick fort kommt, weiß ich nicht. Wenn er kommt, wird er sich meistens in Korntal aufhalten. Er wird aber schwerlich wieder nach Russland kommen. Ihr könnt in Korntal nach fragen. Und noch ein besonderen Gruß von meinem Tochtermann und Seine Mutter an alle Freunde.
Wir wollen uns Schätze sammeln im Himmel, die nicht verwelken. Froh locket Gott, lob singt dem Herrn, erzüchtiget er vergibt auch gar wenn Israel zu ihn […] so wird auch sein gebet erhört, lob singt dem Herrn.
Wann du wiederschreiben tust, so schreib nur Kolonie Serata in Beßarabien in Süd Rußland
Jakob Friedrich Bartholomäi


Staatsarchiv Ludwigsburg; Berichte und Briefe von Auswanderern und Reisenden: Bessarabien; F 310, Bü 401