Zur Erinnerung an unsere Vorfahren, die als Migranten aus Süddeutschland in die Welt zogen

Schlagwort: Ostpreussen

Freÿtag – von Ostpreußen nach Brandenburg

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I. Die ersten Freÿtag, die zum derzeitigen Zeitpunkt urkundlich gesichert sind, waren meine Vorfahren Heinrich Christian, vermutlich etwa 1810 geboren und seine Ehefrau Julianna „Julie“ geborene Kaiser. Julie starb wenige Monate nach der Geburt ihres fünften Kindes an der Schwindsucht in Plonchau (Plachawy) bei Gilgenburg (Dabrówno), Kreis Osterode (Ostróda).

Julie´s Sterbeeintrag

Ob Christian der Sohn des Zimmergesellen Gott. Freÿtag und seiner Frau Charlotte aus Klinthenen bei Gerdauen war, ist im Moment eine Spekulation, deren Sohn wurde am 3. Dezember 1810 geboren.  Unser Vorfahr war Tischler, so kann man annehmen, das wir hier den richtigen gefunden haben, jedoch fehlen bislang weitere Beweise.

Christian Freytag 1810

Auch Julie´s Vorfahren sind noch nicht geklärt. In Plonchau starb 1848 der Altsitzer Christian Kaiser im Alter von 84 Jahre, vielleicht ihr Vater.

Zwei Söhne und drei Töchter wurden geboren, Johann Carl, Charlotte, Ernestine und Christian in Kernsdorf, Elisabeth in Plonchau.

Kernsdorf (Wysoka Wies) ist Teil der Landschaft von den Kernsdorfer Höhen im Westen bis zu den Seesker Höhen (Szeskie Wzgorza), bekannt als Masuren. Hier lebten seit der Reformation vor allem protestantische Bauer, Fischer und Waldarbeiter

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II Christian Freÿtag, geboren am 26. Januar 1843 heiratete Auguste Emilie Neufang aus Döhlau am 27. September 1871 in Guttstadt (Dobre Misato). Ihre Eltern waren Friedrich Wilhelm Louis Neufang aus Königsberg und Anne Rosine Lettau, die in Paresken lebten.

Von Christian wissen wir, das er ein Arbeitsmann war und aus dem als Invalide zurück kehrte. Er wurde dann bis zu seinem Ruhestand Kasernenwärter. Das waren zumeist Unteroffiziere, aber auch altgediente Soldaten, welche zwar invalide waren, aber zur Bewachung der Kasernen und der weiblichen Insassen (Soldatenfrauen, welche z.B. die Wäsche wuschen) eingesetzt werden konnten. Der Kriegsminister bestätigte die Stellung als Aufseher.

Beide hatten vier Kinder, drei Söhne und eine Tochter, sie kamen in Sternberg (Stryjkowo) zur Welt.

alte Postkarte von Guttstadt3

Guttstadt liegt im Ermland, die Bevölkerung war im 17. Jhd. bodenständig deutsch, aber überwiegend katholisch.

Die Nachfahren der Ansiedler aus Niederschlesien bewahrten ihre Mundart, sodass in Guttstadt bis 1945 eine niederschlesische Sprachinsel existierte.

Der Name leitete sich von prußisch „gudde“ Gebüsch ab.

Christian und Auguste kamen mit ihrer Familie nach Potsdam. In der Gardes du Corps Kaserne betrieb Auguste die Kantine, er war Kasernenwärter und unterstützte seine Frau. Eben in jener Kaserne, in der auch mein Urgroßvater Wilhelm Seifert Sattler war.

Sohn Gustav wurde Schutzpolizist in Berlin und mit dem Aufbau der Kriminalpolizei wurde er dort Kriminalbeamter. Über einen weiteren Sohn wissen wir sehr wenig, er war zweimal verheiratet, eine Ehefrau hieß Hedwig. Tochter Anna (1882-1953) heiratete 1905 in Potsdam den Schutzmann Franz Carl Ferdinand Plack (1876-1948). Bereits 1914 führten beide eine Milch – und Backwarenhandlung in Berlin, Schönhauser Allee 52, Parterre. Dieses Geschäft ging 1933 an Margarethe Leu über, warum, ist nicht geklärt. Nach den Bombenangriffen auf Berlin versank der Stadtteil in Schutt und Asche, Oma erzählte dazu:

„Da, wo die U-Bahn nach oben kommt und zur S-Bahn wird, dort hatten sie ein Lebensmittelgeschäft und waren wohlhabend. Tante Anna kam oft nach Potsdam und ins Kaufhaus Hirsch, wo Tante Trudchen auch gearbeitet hat, bevor sie zur WMF ging. Ihre Chefin sagte oft: Das ist aber eine fesche Frau, so elegant und chic.
Nach dem Krieg bin ich mit Opa einige Male in der Schönhauser Allee gewesen und wir haben geschaut, wo sie gewohnt haben usw., aber dort war eine Bombe runter gegangen und nur noch Trümmer.“

Meine Anfrage beim DRK ergab nichts, sie waren in keiner dort bekannten Liste erfasst. Erst Jahre später konnte ich ihren Verbleib recherchieren.

Sohn Heinrich Johann, ebenfalls bei der Polizei – zu Pferde – war Gendarm im Elsass, ehe er nach Potsdam kam.

Auguste starb am 4. August 1931 in Potsdam, sie wohnten damals in der Zimmerstraße 13. Ihr Mann Christian zog nach Berlin zu seinem Sohn Gustav und starb dort am 1. Februar 1932 in der Wichertstraße 33.

III Heinrich Johann Freitag wurde am 9. November 1878 in Sternberg geboren. Er lernte nach Oma´s Erzählungen ihre Mutter Marie Geckle in einer Gaststube in Karlsruhe kennen, in der sie zu diesem Zeitpunkt als Hauswirtschafterin, Zimmermädchen und Kindermädchen arbeitete. Sie hatte schon in jungen Jahren als Zimmermädchen gearbeitet, in Pensionen in Bernbach und im Hotel „Kull“ in Herrenalb, welches ihre Verwandte betrieben und später verkauften. Man kennt es heute als „Hotel Kull von Schmidsfelden“, zunächst war es aber noch die Villa Kull, an die man etwa 1912 einen großen Speisesaal angebaut hatte und den Dachstuhl erweiterte. Zur Annehmlichkeit des „Hotel Kull“ gehörte ab 1913 eine Zentralheizung, da man so den Gästen ganzjährig Komfort bieten konnte.

Zur Zeit des Kennenlernens soll er beim Militär in Karlsruhe stationiert gewesen sein. Das ist im Moment eine ungeprüfte Familiengeschichte. Zu diesem Zeitpunkt war Karlsruhe Standort des XIV. Armee Korps, 6. Kavalleriedivision, Brigade: 28. Kavallerie Brigade, 1. Badisches Leib-Dragoner Regiment Nr. 20; Kavallerie – Dragoner und Ersatz- Eskadron.

So sagen uns die Uniformteile, drei Winkeltressen auf dem Ärmel  stehen für einen Feldwebel, er trägt eine Offiziersseitenwaffe ( Säbel ) mit Portepee und Offiziersknöpfe, sowie Offizierskokarde an der Kopfbedeckung, Sergeantenknopf mit aufgeprägtem Landeswappen am Kragenrand.

Wer hier Korrekturen anbringen möchte, sollte mir schreiben, da jede Wissenserweiterung ein Gewinn wäre.

Regimentsmusik des Badener Leib-Grenadier Regiments um 1900 unter Leitung des Königlichen Musikdirektors A. Böttge5

Das Leibdragonerdenkmal in Karlsruhe, hinten die Christuskirche6
Das Badische Regiment hatte damals ebenfalls eine Pickelhaube. Hier eine Offizierspickelhaube des  Leib-Dragoner Regiment Nr. 20 um 1900

DU STIRBST – BESITZ STIRBT

DIE SIPPEN STERBEN.

EINZIG LEBT – WIR WISSEN ES –

DER TOTEN TATENRUHM.

Edda, 76. Strophe der Hávamá

Marie wurde am 23. April 1881 in Bernbach geboren, beide hatten am 10. Juli 1909 in Bischweiler geheiratet. Hier war Ihr Mann, gemeinsam mit Oskar Heinemeyer, der ihre Schwester Frieda heiratete, bei der Gendarmerie. Leider war das Leben im Elsass nur von kurzer Dauer. Oma erzählte immer ganz stolz, dass sie dort noch Laufen lernte. Sie kam als zweites Kind der beiden zur Welt, ihre Schwester „Trudchen“ war sechs Jahre älter, sie wurde am 29. April 1910 in Potsdam geboren, ebenso wie Oma und wurde 90 Jahre alt.

Wie Frau und Kinder den ersten Weltkrieg erlebten, erzähle ich in der Geschichte vom Steckrübenwinter.

Mit dem Waffenstillstand am 11. November 1918 diktierten die Franzosen den Deutschen die Bedingungen, unter anderem hatten sie sämtliche besetzten Gebiete sowie das Reichsland Elsass-Lothringen binnen 15 Tagen zu räumen. Am 15. November 1918 wurden die deutschen Gendarmen ihres Dienstes enthoben und entwaffnet, unter Verlust ihrer Ansprüche aus dem Dienst und mit jeweils nur 15 Pfund Gepäck mussten sie das Land verlassen.

Schutzmann in Berlin4

In Deutschland angekommen, wurde Heinrich Johann Polizeiwachtmeister in Potsdam, sein Bruder Gustav war bereits 1911 in Berlin bei der Polizei, sodass anzunehmen ist, er half ihm und dem Schwager nach der Flucht aus dem Elsass, schnell wieder eine Stelle zu finden.

Das gemeinsame Leben nach dem Kriegsende währte nur sehr kurz, da Heinrich Johann bereits am 8. Januar 1919 an den Folgen der damals grassierenden Grippewelle starb.

Marie, die nun für zwei Kinder zu sorgen hatte, kam mit der geringen Pension kaum zurecht, weil diese durch die Flucht aus dem Elsass um viele Ansprüche verringert war. Sie hatte oft nächtelang „Jumper“ gestrickt, gehäkelt und verkauft, um ein wenig die Haushaltskasse aufzubessern, doch irgendwann merkte sie, es war besser, ihrer Schwester Frieda und Schwager Oskar, die beide keine Kinder hatten, das „Irmchen“ mitzugeben, da sie es bei den beiden viel besser haben würde. Oskar war Gendarm in Philippstal und Sputendorf, unweit von Potsdam. Sie konnte so ihre Tochter regelmäßig sehen, selbst arbeiten und sie gut versorgt wissen.

“ Ur-Oma erzählte oft von ihrer Heimat, dass die Winter kalt und so schneereich waren, dass sie mit Ski oder Schneeschuhen aus der Dachluke mussten, so hoch lag der Schnee. Sie war durch ihre Heirat nach Potsdam gekommen und immer viel krank mit den Bronchien, weil sie die feuchte Luft in der wasserreichen Potsdamer Umgebung nicht vertrug und so oft sie konnte, in ihren geliebten Schwarzwald fuhr.“

Erinnering meiner Mutter, ihrer Enkelin

Marie wohnte in der Sigismundstrasse 10c in Potsdam und hatte ihre Tochter „Irmi“ bald wieder um sich, als diese zur höheren Handelsschule ging. Nach dem diese heiratete, wohnten die ganze Familie zusammen und sie hatte ihre beiden Enkelkinder um sich, mit der Enkelin teilte sie sich das Zimmer und erzählte ihr abends zum Einschlafen viele Geschichten:

„In dieser Kaserne hatten seine (von Opa Freitag) Eltern eine kleine Kantine und wir hatten noch bis 1961 eine Kaffee-Tasse von dort. Sie war irre dickwandig. In der schlechten Zeit, nach dem Krieg, 1945-49, hat Oma darin immer „Hefepaste“, ein selbst hergestellter, sehr gut schmeckender Brotaufstrich, zum Abkühlen auf’s Küchenfenster gestellt. Es gab ja nichts und brauchte, wie heute auch fast, immer viel Fantasie, um etwas Essbares auf den Tisch zu bringen. Das waren dann, durch einen guten Tipp, auch mal abgehackte (mit Huf und Fell), Rinderbeine von den Russen. Aber Ur-Oma wurde auch damit fertig. Sie war eine wunderbare Köchin, mit vielen schmackhaften Rezepten aus ihrer schwäbischen-elsässischen Heimat. Von ihr habe ich gelernt, wie man z. B. Spätzle vom Brett schabt.“

Erinnering meiner Mutter, ihrer Enkelin

Im Alter von 76 Jahren starb Marie am 24. August 1957 im Kreise ihrer Familie in Potsdam.

Als Brandenburger kam meine Oma IV Irmgard Anna Frieda Freitag am 28. März 1916 in Potsdam zur Welt und starb ebenda mit 100 Jahren weniger 16 Tage.

Ihre Geschichte demnächst.


Familienarchiv
Wikipedia
1google 2009
2Wikimedia typisch masurisches Bauernhaus, 1930 – © Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild B 145 Bild-P017318
3 Wikipedia, Postkarte Guttstadt, David Lisbona from Haifa, Israel, CC by 2.0
4Berliner Illustrirte Zeitung, Ullstein & Co Berlin, 1914 aus meinem Privatbesitz
5Postkarte (ca. 9 x 14 cm) mit schwarz/weiß-Photographie der Regimentsmusik des 1. Badischen Leib-Grenadier-Regiments Nr. 109 mit Musikdirektor Boettge. Die Gruppenaufnahme zeigt die Musiker in Uniform mit ihren Instrumenten, darunter dem Schellenbaum in der Bildmitte. die Postkarte ist laut Anbieter 1902 gelaufen); aufgenommen zwischen 1. Mai und 1. Oktober (da weiße Hosen), Lizenz: da über 100 Jahre alt und Urheber nicht ermittelbar, frei von Urheberrecht, Fundstück von ebay und Karlsruhe-wiki
6Wikipedia: Das Leibdragonerdenkmal, hinten die Christuskirche, Ikar.us, 2008, CC by 2.5

Königsberg in Ostpreußen

Die Stadt Königsberg in Ostpreußen war seit 1724 Königliche Haupt- und Residenzstadt. Bis 1946 hieß die Stadt Königsberg, seit 1946 Kaliningrad und liegt heute in Russland.


Bevor 1255 der Deutsche Orden eine hölzerne Burg errichtete, lebte hier, an der Bernsteinstraße, im späteren Stadtteil „Burgfreiheit“, in der Nähe des Schloßteichs, seit etwa 100 n. Chr. das Volk der Prußen.

Diese Burg wurde um 1257 als befestigte Burg an ihrem Jahrhunderte überdauernden Platz neu errichtet. Um sie herum, auf dem Steindamm, entwickelte sich eine Siedlung, die bei der Belagerung  während des Großen Prußenaufstandes um 1262 zerstört wurde. Die neue Siedlung unterhalb des Schloßberges wurde zu Ehren von Ottokar II. Přemysl  1283 Königsberg genannt. Durch die Handfeste des Landmeisters Konrad des Jüngeren von Thierberg im Jahre 1286 erhielt Königsberg nach Kulmer Recht Stadtrecht.

Weitere umliegende Siedlungen wurden mit der Handfeste offiziel gegründet: 1300 Löbenicht und 1327 Kneiphof. Der Dom entstand zwischen 1333 bis 1380 ehe Königsberg im Jahre 1447 zur Hauptstadt des Deutschordensstaates wurde.

Stich von Königsberg1

Hier im Schloss trat Markgraf Albrecht von Brandenburg, seit 1511 Hochmeister, 1525 zum Protestantismus über und machte Königsberg zur Hauptstadt des Herzogtums Preußen. Seine 1544 eingeweihte Universität Albertinum wurde zur ersten „echten lutherischen“ Universität und nach der Universität Viadrina in Frankfurt/Oder die älteste akademische Einrichtung in Preußen und Brandenburg. Bereits 100 Jahre später studierten hier über tausend Studenten, die Universität wurde ein Zentrum der Aufklärung und eine Keimzelle preußischer Reformen. Ihre Lage verschonte sie auch vor den Auswirkungen des  Dreißigjährigen Krieges (1618–1648).

Friedrich III. von Brandenburg krönte sich in Königsberg zum König Friedrich I. in Preußen, so wurde das Herzogtum 1701 zum Königreich. Da die Stadt in der Zwischenzeit auf etwa 40.000 Einwohner angewachsen war, traf sie der Seuchenzug der Pest erheblich und tötete von 1709 bis 1711 etwa 10.000 Menschen. Die Überlebenden traf der Hunger, da im Sommer 1711 gewaltige Heuschreckenschwärme die Ernte in Ostpreußen auffraßen. Die entvölkerten Landstriche wurden durch den „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. im Rétablissement (Ostpreußen) unter anderem durch die Ansiedlung der Salzburger Exulanten neu besiedelt.

In der Zeit des siebenjährigen Krieges (1756–1763) fallen unter Feldmarschall Graf Fermor und Feldmarschall Graf Stepan Fjodorowitsch Apraxin die Russen in Ostpreußen ein, besetzen Königsberg, unterstellen Ostpreußen dem Generalgouverneur Nikolaus Friedrich von Korff. Erst der Friede mit Preußen unter Zar Peter III. sorgt 1762 für den Abzug aller Truppen und Königsberg wird wieder preußisch.

Lithographie zum Einrücken russischer Truppen in Königsberg i. Pr. am 5. Januar 18132

Bereits 1807 ist Königsberg erneut besetzt, dieses Mal von den Franzosen, vier Tage lang brandschatzten sie die Stadt und zwangen die Einwohner, eine Zahlung in Höhe von 20 Millionen Francs aufzubringen. Nach dem Abzug der Franzosen begann in Königsberg die Reorganisation und Restrukturierung des preußischen Staatswesens. Die Russen standen am 5. Januar 1813 vor den Toren Königsbergs. Auch nach ihrem Abzug währt der Friede nur kurz, Europa wurde 1848 von Revolutionen erschüttert. Die Stadt war zudem seit 1829 wieder Hauptstadt Preußens.

Die preußische Ostbahn wurde 1860 fertiggestellt, verband nun Königsberg mit Berlin. Ein neuer König setzte sich am 18. Oktober 1861 im Schloss die Krone auf, Wilhelm I., ab 1871 deutscher Kaiser.

Königsberg gehörte fortan zum Deutschen Reich. Als 1878 die Provinz Preußen geteilt wurde, entstand die Provinz Ostpreußen mit der Hauptstadt Königsberg.

Im Ersten Weltkrieg standen abermals russische Truppen vor der Stadt, mit seinem Ende trennte der Friedensvertrag von Versailles Ostpreußen vom Hauptteil des Deutschen Reichs, die wirtschaftlichen Probleme waren gewaltig, da man etwa 16.000 Arbeitslose und 70.000 Soldaten in Königsberg zählte. So entwickelte man vorrangig die Infrastruktur, baute einen Flugplatz, erweiterte Bahnanlagen und den Hafen. Von 1920 bis 1941 fand regelmäßig die Deutsche Ostmesse statt.

Kaliningrad, Blick von der Stoa Kantiana auf die Schlossruine, 19493

Königsberg, Heimat tausender jüdischer Bewohner, erlebte in der Stadtverordnetenwahl vom 12. März 1933 einen Schock, die Nationalsozialisten erhielten die absolute Stimmenmehrheit. Hier, wie anderswo im Reich, erfolgte ihre Verfolgung und Vertreibung, die letzten 465 Königsberger Juden wurden am 24. Juni 1942 nach Maly Trostenez deportiert und drei Tage später ermordet. Die Stadt war zwar schon im Sommer 1941 bombardiert worden, im August 1944 flog die Royal Air Force nun massive Luftangriffe auf Königsberg. Rund 200.000 Königsberger wurden obdachlos, etwa 5.000 starben. Ab Januar 1945 zur Festung deklariert, wurde jede Flucht untersagt, als am 9. Mai 1945 die Kapitulation erfolgte, waren noch etwa 150.000 Bewohner am Leben. An den Folgen von Hunger, Krankheiten und Repressalien starben Tausende. Im Dezember 1945 lebten noch etwa 20.000 Deutsche in der Stadt, ihre Deportation wurde im Oktober 1947 angeordnet, viele wurden in die Sowjetische Besatzungszone (spätere DDR) verbracht.

Bereits am 7. April 1946 wurde Königsberg der UdSSR angegliedert und Verwaltungssitz des neu gegründeten Kjonigsbergskaja Oblast, ab Juli 1946 Kaliningradskaja Oblast, die deutsche Stadt war nicht mehr existent, sie wurde zu Kaliningrad.


Stadtplan von Königsberg in Preußen (1905)3

Inmitten dieser einst so stolzen deutschen Stadt lebte 1821 am Mittelanger Nr. 24 Johann Neufang, Schuhmachermeister. Er ehelichte Regina Hoppensack und wurde Vater von Friedrich Wilhelm Louis Neufang, Schumachermeister in Parösken.

Ein Eindruck vom Mittelanger in späterer Zeit findet man hier und hier.

Johann starb in Alter von 52 Jahren am 3. April 1842 in Wartenberg. Da er etwa 1790 geboren wurde, ist es fraglich, ob er jener Johann Neufang ist, der am 31. Januar 1790 in Goldbach, Tilsit, zur Welt kam. Im Moment sind mehrere Spuren möglich, da aus Salzburg ein George Neufang mit Frau (?) Maria über Kaufbeuren im Jahre 1732 nach Szuggern einwanderte (lt. Nationalitätentabelle aus dem Amte Budweitschen vom Jahre 1736). Er wurde als Salzburger Emigrant aus dem Pfleggericht Goldegg um 1742 in Krausendorf, Landkreis Rastenburg, geführt.

Einem Neufang in Szuggern wurde recht übel mitgespielt, wie man dem Gumbinner Amtsblatt vom 13. November 1844 entnehmen kann.


Wikipedia
1Wikimedia: Sich von Königsberg; Die Aula der Universität von Königsberg, publich domain
2Wikimedia: Lithographie zum Einrücken rusischer Truppen in Königsberg i. Pr. am 5. Januar 1813; Glinski, Wörster: Königsberg. Berlin, Bonn 1992, S. 57; public domain
3Wikimedia: Kaliningrad: Blick von der Stoa Kantiana auf die Schlossruine, 1949, Urheber Al99999, public domain
4Wikimedia: erstellt von Furfur 5. November 2015, CC-BY-SA 4.0
Amtsblatt des Regierungspräsidenten in Gumbinnen, Band 34; 13. November 1844, p. 493

Landkreis Treuburg

Der Kreis Oletzko (ab 1933 Kreis Treuburg, ab 1939 Landkreis Treuburg) war ein Landkreis in Ostpreußen, der von 1818 bis 1945 bestand.


Um 1560 wurde Schugten1 (Czugkten, Czuckten, Czukten, Schuchten, Czukty) gegründet und vermutlich nach seinem Gründer Mickolay Schuchta von Chelchen benannt. Dieser erhielt unter Herzog Albrecht von Preußen durch den Amtshauptmann Christoph Glaubitz vier Hufen Land, 40 Hufen waren mit Zinsbauern zu besetzen.

Mit der Einrichtung der Domänenämter ab 1725, zu deren Aufgabe auch die Gerichtsbarkeit über die königlichen Amtseinsassen, Kölmer und Freien, wurde im Jahre 1747 das Domänenamt Czychen mit Sitz im Vorwerk Czychen gegründet.2,3  Da das Domämenamt Czychen zu klein für ein eigenes Domänen-Justiz-Amt war, wurde es dem Domänen-Justiz-Amt Oletzko zugeschlagen.4 Diesem Domänenamt unterstand auch Czuckten (Schuchen). 1785 wurden 19 Feuerstellen5 und 1818 bereits 22 Herdstellen und 147 Einwohner gezählt.6

Evangelische Bewohner gehörten zur Kirche in Czychen, katholische Bewohner gehörten zur Kirche in Marggrabowa. Eine eigene Schule gab es nicht im Ort, die Kinder besuchten sie im Nachbarort Sokolken.

Hier lebten Mitglieder der Familien Gustmann, Weller und Gembalies.


  1. Dietrich Lange, Geographisches Ortsregister (2005): Schuchten
  2. Historisch-comparative Geographie von Preussen,Dr. Max Toeppen, Gotha 1858, S.316
  3. Goldbeck, Johann Friedrich, Vollständige Topographie vom Ost-Cammer-Departement,1785, II.Hauptwerk, S.40
  4. Goldbeck, Johann Friedrich, Vollständige Topographie vom Ost-Cammer-Departement,1785, II.Hauptwerk, S.56
  5. Volständige Topographie vom Litthauischen Cammer-Departement S.25 in: Volständige Topographie des Königreichs Preussen von Johann Friedrich Goldbeck; Erster Theil, welcher die Topographie von Ost-Preussen enthält; Königsberg-Leipzig 1785
  6. Vollständiges topographisches Wörterbuch des preußischen Staats, Band 1 A-H; Johann Daniel Friedrich Rumpf, Heinrich Friedrich Rumpf, Berlin 1820;  S. 217
  7. Kartenausschnitt: http://www.olecko.info

Kreis Goldap

Der Kreis Goldap war ein Landkreis in Ostpreußen und bestand als preußisch-deutscher Kreis in der Zeit von 1818 bis 1945.


Die Stadt Goldap wurde 1565 von Herzog Albrecht als Grenzbollwerk in der Rominter Heide errichtet und erhielt 1570 Kulmer Stadtrecht. Als Grenzbollwerk erlebte sie in der Folge zahlreiche Verwüstungen, Brände und Pestwellen.

Nach den  Pestjahren 1709 bis 1711 wurde in den darauf folgenden zwanzig Jahren durch die Ansetzung von auswärtigen Kolonisten (Rétablissement) das Land neu bevölkert.

Als das Emigrationsedikt des Erzbischofs Leopold Anton Freiherrn von Firmian vom 31. Oktober 1731 in Regensburg bekannt wurde,  welches rund 20.000 Menschen auf Grund ihres Glaubens heimatlos machte, erklärte der preußische König Friedrich Wilhelm I. die Vertriebenen für seine Untertanen. Am 2. Februar 1732 erließ er das Königlich Preußische Einladungspatent an die Salzburger und setzte Verpflegungsgelder für die Salzburger Exulanten an, für Männer täglich vier Groschen, für Frauen und Mägde drei Groschen und für jedes Kind zwei Groschen.

Zwischen dem 30. April 1732 bis dem 15. Juli 1733 verließen vor allem Handwerker- und Bauernfamilien das Land. 314.728 Auswanderer, genannt werden 16 Züge, trafen in Berlin ein. Ein Teil von ihnen gelangte über Stettin mit einem der 66 Schiffe nach Königsberg (das ersten kam am 28. Mai 1732 an). Der erste von elf Landtransporten kam am 6. August 1732, der letzte am 8. November 1733 in Königsberg an. Von den schätzungsweise 16 – 17.000 durchziehenden Immigranten blieben 377 in der Stadt, da vor allem Handwerker ihrem Gewerbe in den Städten nachgehen konnten.

Die meisten Salzburger siedelten im Raum Gumbinnen. Hier erhielten mittellose Bauern eine Hufe Land. Die Exulanten wurden auf freie Stellen verteilt, so kamen 117 Kolonisten in den späteren Kreis Goldap, wo sie vor allem im östlichen Teil siedelten.


Die Kirchspiele des Kreises waren Dubeningken, Gawaiten, Goldap, Grabowen, Gurnen, Mehlkehmen, (Groß) Rominten (ab 1868), Szittkehmen und Tollmingkehmen, das spätere Landratsamt befand sich in Goldap. Die Stadt wurde 1879 an die Eisenbahnstrecke Insterburg – Goldap – Lyck angebunden, damit bekam Goldap auch Anschluß nach Eydtkuhnen, Königsberg und Berlin, ab 1897 zudem nach Angerburg.

Das Ende der deutschen Stadt Goldap kam mit dem Verlassen der Bewohner am 21. Oktober 1944, am folgenden Tag besetzte die Rote Armee die Stadt und setzte einen großen Teil in Brand. Anfang November 1944 wurde die Stadt von deutschen Truppen zurückerobert und bis Mitte Januar 1945 gehalten, danach ging sie endgültig an die Rote Armee verloren.


Soweit ganz allgemein zum Kreis. Konkret gesucht sind jedoch die Angehörigen einer Familie. Vielleicht kennt der werte Leser einige Fakten, die trotz intensiver Nachforschung bisher verborgen blieben.

Ferdinand Franz Braun, späterer Gutsbesitzer, wurde am 20. Januar 1869 in Goldap geboren. Seine Ehefrau Berta Gustmann stammte aus Czukten, wo sie am 5. Juni 1876 das Licht der Welt erblickte. Ihr Vater war Adolph Gustmann (*17.4.1827) aus Kettenberg, der in Czukten am 17.12.1909 verstarb.

Gesucht ist die Herkunft der Familien und ihrer Vorfahren.

Zu den Vorfahren des Franz Ferdinand Braun gehören Marie Bouvain , gestorben im Alter von 45 Jahren am 31.7.1817 in Jablonken. Wer waren ihre Eltern? Woher stammte ihr Ehemann Johann Braun und was sind seine genauen Daten? Woher stammte seine erste Frau Louise Roussel?

Woher stammte Christine Alester (1799-1863), wer waren ihre Eltern? War Jakob Alester (1808-1859) womöglich ihr Bruder?

Sollte jemand Hinweise zu diesen Personen haben, wäre es nett, wenn er sich bei mir melden würde.


Bild public domain: Symbolische Darstellung des Empfangs Salzburger Exulanten in Preußen durch König Friedrich Wilhelm I. in : G. von Glinski, P. Wörster:; Königsberg. Die ostpreußische Hauptstadt in Geschichte und Gegenwart. Berlin/Bonn 1992
Die Salzburger in Ostpreußen: Von ihrer Austreibung und Aufnahme in Preußen berichtet uns nach alten Quellen PAUL BROCK; Herausgegeben von der Landsmannschaft Ostpreußen, Abteilung Kultur, 1965

Kreis Johannisburg

Der Kreis Johannisburg, ehemals zu polnisch Natangen gehörig, war ein Landkreis in Masuren, dem südlichen Teil Ostpreußens. Er bestand von 1818 bis 1945. Der Deutsche Orden hatte das Kreisgebiet ab 1428  planmäßig mit Prußen und Deutschen besiedelt, nachdem bereits 1345 die  Johannisburg und gegen 1360 die Burg Eckersberg zur Grenzbefestigung errichtet wurden. Im 14. Jahrhundert wanderten aus Masowien zudem zahlreiche Siedler ein.


Im Jahre 1716 wurde Turoscheln als Schatullsiedlung gegründet. Der Begriff leitet sich von der Schatullkasse ab, in die private Einkünfte des Kurfürsten flossen. Diese Einkünfte kamen unter anderem aus den Einnahmen der landesherrlichen Forsten. Um an weitere Einnahmen zu gelangen, die den Kurfürst Friedrich Wilhelm in die Lage versetzten, sein Heer unabhängig von den Adligen, Ämtern und Behörden zu finanzieren, entschloss er sich, freie Flächen auf landesherrlichem Grund und Boden  gegen einen jährlich an die Schatulle zu entrichteten Grundzins zur Siedlung frei zu geben.

Da es auf Grund der zahlreichen Pechöfen und Aschbuden viele gerodete Flächen in den Wäldern gab,  war es naheliegend, diese als Siedlungsfläche zu nutzen. Als man begonnen hatte, eine Forstverwaltung aufzubauen, waren Wildnisbereiter (Oberförster) und Waldwarte  (Förster) ab Mitte des 17. Jahrhunderts entscheidend, um die Besiedlung voranzubringen. Sie kannten sich in den Wäldern aus, setzten die Verträge (Berahmung) auf und wiesen den entsprechenden Bewerber die gerodeten Flächen zu.

Die Schatullköllmer bekamen für den ersten Bau der Wohnhäuser, Stallungen und Scheunen meist kostenfreies Bauholz. Sie waren von Scharwerksdiensten und der Unterbringungspflicht für das Militär befreit, Schatull-Bauern mussten nur gelegentlich bei Forstarbeiten und Jagdfuhren helfen. Je nach den Bodenbedingungen waren die „Schatuller“ zudem bis zu 7 Jahre von Steuerlasten befreit und entrichteten ansonsten nur einen jährlichen Grundzins.

Die Sonderverwaltung der Schatullsiedlungen wurde 1713/1714 durch Friedrich Wilhelm I. aufgehoben, die Bezeichnungen und die Rechtsstellung blieben jedoch zum Teil erhalten.

Turoscheln, im Jahre 1938 zu Mittenheide umbenannt, hatte seit 1846 eine einfache Holzkirche, der Patron der Kirche war der preußische König. Es wurde berichtet, die Kronleuchter waren aus Hirschgeweihen. Das Kirchspiel wurde 1848 gegründet, im selben Jahr erhielt Turoscheln seine Schule, später entstanden ein Forstamt, Feuerwehr, Landjägerei, Post  und Gasthäuser. Der Pfarrer, der auch Masurisch sprach, führte ab 1848 Kirchenbücher. In Berliner evangelischen Zentralarchiv (EZA) liegen die erhaltenen Duplikate der Taufen, Trauungen,  und Bestattungen von 1848 – 1874. Die katholischen Bewohner gehörten zum Kirchspiel Johannisburg.

Zum Kirchspiel gehörten im Jahre 1912 die Orte Turoscheln mit Klein Turoscheln und Oberförsterei Turoscheln, Dziatken mit Forsthaus Dziatken und Eichenwalde, Annussewen, Erdmannen mit Hirschtal, Grünheide, Heydick, Karpa, Forsthaus Jegliak, Przyroscheln, Kolonie Samordey, Sdunowen mit Zielonygrond, Klein Spalienen und Forsthaus Klein Spalienen, Tannenheim und Forsthaus Tannenheim, Neu-Uszanny und Forsthaus Neu-Uszanny, sowie Zymna mit dem Forsthaus Zymna.

Neben Turoscheln gab es Schulen in Erdmannen, Grünheide, Heydick, Karpa, Sdunowen und Klein Spalienen. Das Kirchspiel hatte 13 Lehrer, 3.000 Einwohner, davon 1.500 Masuren

Die Bahnstation Johannisburg war 21 km, die von Kurwien 17 km entfernt.

Klein Turoscheln, (Klein Mittenheide, Kleinmittenheide, Turośl Mała) war die Heimat einer Familie, die viele Rätsel aufgibt. Woher sie kam, liegt ihm Nebel der Vergangenheit, ebenso ihre Familienverbindungen.

Es gab nur einige interessante Anfragen, wie sie wohl zusammen gehören, all die Rzadkowski, Rzadkowsky, Radkowski und Ratkowski. Wobei Rzadkowski die ursprüngliche Schreibweise darstellt.

Wer war der Metzger Max Emil Rzadkowski 22.9.1907-26.7.1946? Geboren in Klein Turoscheln, gestorben im Kriegsgefangenenlager Brest? Wer waren seine Eltern? Warum verließ er seine Heimat vor 1930? Er hatte zahlreiche Geschwister, wer waren sie? Wohin gingen sie? Leben Nachkommen?

Max Rzadkowski, geboren etwa 1912, wohl gefallen am 21.3.1944 in Frankreich, von Beruf Fleischer und Koch, wie war er mit ihm verwandt? Ist es vielleicht sogar die selbe Person, da es hieß, sein Bruder traf ihn im Wald in Frankreich 1940, danach wurde der Max vermisst?

Friedrich Rzadkowski, geboren etwa 1875, war sein Vater, auch Vater des Samuel geboren 1877? Das Dorf war klein.

Die Namen Samuel, Otto, Emil, Albert, Friedrich und Max waren in allen Familien beliebt, war es eine „Modeerscheinung“, waren es Geschwisterlinien, die die Söhne gleich benannten?

All das liegt im Nebel der Vergangenheit und wartet darauf, enthüllt zu werden.


In den Sagen der Region fand sich diese Geschichte:

Die verräterischen Krähen1

Im Kriege 1812 wurde auch der Kreis Johannisburg von den Franzosen heimgesucht. Das Jahr zuvor war eine große Mißernte gewesen, so herrschte überall Mangel und Not. Und nun kamen noch die Franzosen dazu. – In Dietrichswalde lebte damals eine sehr wirtschaftliche und sparsame Frau mit Namen Rzadkowski. Als die Franzosen anrückten, brachte sie schnell alle Nahrungsmittel in Sicherheit. Nur mit dem Mehl wußte sie nicht wohin. Weil sich aber Brot besser verstecken läßt als Mehl, so backte sie aus allem Mehl Brote, die sie im Stroh des Dachfirsts versteckte. Als nun die Franzosen ins Dorf waren, kamen sie auch zu Frau Rzadkowski. Sie durchsuchten alles nach Nahrungsmitteln, fanden aber nichts. Als sie sich schon darein ergeben hatten, auch hier ohne Brot zu bleiben, bemerkte ein Franzose, wie eine Schar Krähen auf dem Dache saß und immer ins Dachstroh hackte. Der Franzose stieg mit einer Leiter aufs Dach, und fand erst ein angehacktes Brot und danach alle versteckten Brote.
Einige Männer des Dorfes Dietrichswalde hatten vor den Franzosen alles Vieh in eine Waldschlucht zwischen Dietrichswalde und Nieden gebracht.
Als die Frau Rzadkowski die Krähen zum Wald fliegen sah, da schickte sie in ihrer Wut über die verräterischen Vögel einen geheimen Boten zu dem Viehwächter, er möchte alle Krähen im Wald totschießen. Dieser tat es auch. Die Franzosen aber gingen dem Schall der Schüsse nach, und fanden zu dem Brot der Frau Rzadkowski auch noch das Vieh des Dorfes.

Auch wenn in der Geschichte nicht unbedingt die „hellste“ Frau verewigt wurde, so belegt sie doch den räumlichen Zusammenhang und die Schreibweise des Nachnamens. Die ausgiebige Diskussion mit polnischen Namensträgern, die versicherten, der Nachname Rzadkowski steht nicht in Verbindung mit dem Namensträger Jan Rządkowski , jedoch sollte man die Verbindung zwischen Seltenberg und Rzadkowski prüfen, da es in einzelnen Akten zu Umbenennungen des Namens gekommen sein soll, führte zu der Frage, woher kamen diese Namensträger dann.

Dabei stieß ich auf den Ort Seltenberg2:

Im Jahre 1272 als Selderberg erstmals erwähnt, ging der kleine Ort Ende des 16. Jahrhunderts ein und war um 1595 wüst. Das Amt Reifenberg verpfändete die Wüstung 1681 an Kurmainz. Der Kurmainzer Rentmeister ließ 1696 Seelenberg mit zehn Siedlerfamilien aus dem Taunus, dem bergischen Land und der Gegend um Lüttich neu besiedeln. Ab 1806 wurde das Dorf Teil von Nassau-Usingen und damit später des Herzogtums Nassau.

Nun stellt sich die Frage, ob hier einen Zusammenhang besteht, da nach der großen Pestepidemie in Ostpreußen, der rund 240.000 Menschen zu Opfer fielen, der Wiederaufbau (Rétablissement) des Landes zwischen 1709 und 1740 vorangetrieben wurde.

„Preußen ruiniert mich total, das frißt mir auf“, wird der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. zu den Kosten des Wiederaufbaus zitiert. Er ließ daher teilweise unter Zwang „Siedlungswillige“ aus dem Westerwald, Nassau, der Pfalz, der Schweiz, wegen ihres Glaubens aus Salzburg vertriebene Protestanten (Salzburger Exulanten), Lothringer, Waldenser, weiterer deutscher Stämme, aber auch Litauer und Masowier in Ostpreußen ansiedeln. Diese Siedler kamen auch in den Kreis Johannisburg.

Die ersten mir bekannten Rzadkowski in Klein Turoscheln waren die Altsitzerin Catharina (1793-20.11.1866), der Altsitzer Michael (1798-15.5.1862) und der Altsitzer und Schäfer Christian (1799-3.4.1862). Ob Catharina die Ehefrau eines der beiden war, ist mir nicht bekannt.


Schatulle (vom mittellat. Scatola = Schachtel, Schatzkästchen) hieß privater Grundbesitz eines Landesherrn. Es gab Schatullgüter und Schatulldörfer. Im Gegensatz zu Staats- und Hausvermögen (Familienfideikommiss) unterlag das Privatvermögen des Landesherrn der freien Verfügung des Eigentümers sowohl unter Lebenden als von Todes wegen nach den allgemeinen Regeln des Privatrechts, die weder durch staatsrechtliche noch durch privatfürstenrechtliche Sätze modifiziert waren. Jedoch bestimmten viele Hausgesetze landesherrlicher Familien, dass unbewegliche, zum Schatullgut gehörende Sachen, über die der Erwerber bei Lebzeiten (auch testamentarisch) nicht verfügt hatte, bei seinem Tode dem Hausfideikommiß für immer zuwuchsen. Dagegen galt in Preußen für diesen Fall der Rechtssatz, dass solche Güter dem Domänenbesitz des Staates einverleibt wurden. In Preußen beruhte das Finanzsystem des Staates bis 1713 auf dem Unterschied zwischen Domänen- und Schatullgütern, den Friedrich Wilhelm I. zugunsten einer einheitlichen Gestaltung der Domänen aufhob.

  • F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894–1896Seite 391: von Schattenvögel bis Schaube
  • Altpreußische Forschungen. 16. Jahrgang 1939, Heft 2 mit den Aufsätzen: Die Schatullsiedlung in Preußen bis zum Jahre 1714. Teil II. (H. Rieckenberg); Kronprinz Friedrich Wilhelm I., Ostpreußen und der Sturz Wartenbergs (C. Hinrichs); Buchbesprechungen; Bibliographie der Geschichte von Ost- und Westpreußen für das Jahr 1938 (Ernst Wermke). Historische Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung: Verlag: Gräfe und Unze Kommissionsverlag, Königsberg i.Pr., 1939

1Erich Pohl: Die Volkssagen Ostpreussens Edition 3,Georg Olms Verlag, 1994, p56/57
2Philipp Gerstfeldt: Städtefinanzen in Preußen: Statistik und Reformmvorschläge, Duncker & Humblot 1883, p214 (29)

Kreis Preußisch Eylau

Der Kreis Preußisch Eylau war ein preußischer Landkreis in Ostpreußen, der unter verschiedenen Namen von 1818 bis 1945 bestand.


Ur-Ur-Großmutter Auguste Emilie Neufangs Vater Louis war ein Schuhmacher aus Paresken (Parösken, Pareżki , Preußisch Eylau. Ob seine Ehefrau Rosine Lettau von hier kam, ist nicht bekannt. Beide wohnten später in Wartenburg.

Geboren wurde Louis in Königsberg am 23. Mai 1821 als Sohn des Schuhmachermeisters Johann Neufang und seiner Ehefrau Regina, geborene Hoppensack.

Das Dorf Paresken wurde erstmals 1561 als Poreskenn erwähnt, als der Preußisch Eylauer Amtshauptmann Caspar von Lehndorff dem Schulzen Paul Rosinsky 3 freie Hufen mit Amtsdienst und Waldwacht überließ. Dieser begann die Ansiedlung von Bauern auf den Ländereien. Ab 1616 gehörte das Dorf dem Wolf Heinrich Truchseß von Waldburg auf Wildenhoff und blieb den Nachkommen bis 1820 erhalten. Im Jahre 1820 wurden die Eigentumsverhältnisse in Parösken neu geregelt, es gab 12 Bauernhöfe, nach der Regulierung waren es noch 11 Bauerngüter.

Bereits seit 1739 war eine kleine Schule vorhanden, in die Kirche gingen die Menschen ins 5 km entfernte Buchholz (Bukowiec). Es gab eine kleine Gastwirtschaft und im Jahre 1934 kam das Dorf zum Areal des Truppenübungsplatzes Stablack, sodass es 1935 geräumt werden musste. Man erhielt alle Anwesen und Gebäude des Dorfes, begann jedoch 1937 mit dem Bau des neuen Lagers Süd, das durch eine Ringchaussee an der Platzgrenze mit dem Lager Nord verbunden war. Die Bauarbeiten auf dem Gelände des Dorfes, auf dem vom Abbau Eichen und Teilen der Gemarkung Halbendorf (Półwiosek) dauerten den ganzen Krieg über an.

Das Lager Süd des Truppenübungsplatzes war Stütz- und Ausgangspunkt von militärischen Operationen, die bis Mitte Februar 1945 andauerten. Danach von sowjetischen Truppen besetzt, wurden der Truppenübungsplatz im August 1945 den polnischen Besatzungsbehörden übergeben. Die Polen nennen diesen Militärkomplex „Kamiensk (Stein)“.

Der heutige Ort Pareżki ist jedoch das alte Halbendorf.

In diesem Ort kamen zwei weitere Neufang zur Welt, vermutlich Kinder der beiden, jedoch ist diese Verbindung aktuell nicht belegt. Der Schuhmacher August Louis Neufang, dessen Witwe Marie Johanne Neumann am 24. Juni 1858 geboren wurde. Sie hatten zwei Kinder, Maria, geboren am 29. September 1878 in Paresken und Anna, geboren am 22. März 1881 in Paresken. Beide wurden in Berlin durch ihre Eheschließungen nachgewiesen. Auch Josefine kam aus Paresken, ihr unehelich geborener Sohn wurde am 12. April 1885 ebenfalls in Paresken geboren und heiratete in Berlin. Sicher kein Zufall.


google 2009

Kreis Heilsberg

Der Kreis Heilsberg war ein Landkreis in Ostpreußen und bestand als preußisch-deutscher Kreis in der Zeit von 1818 bis 1945.


Wie bereits berichtet, mein Ur-Ur-Ur-Großvater Christian Freytag war auch Einwohner von Sternberg (Stryjkowo), einem kleinen Dorf im Landkreis Heilsberg mit etwa 600 Einwohnern und bis 1940 ohne Stromversorgung oder Telefon. Sein Sohn Christian ehelichte 1871 in Guttstadt (Dobre Miasto) Augusta Emilie Neufang. Ihr gemeinsamer Sohn Heinrich Johann Freitag  wurde in Sternberg geboren und in Guttstadt getauft.

Der Bischof von Ermland ließ an der Stelle einer altpruzzischen Fluchtburg einen Ort gründen, der im Jahre 1325 als Guthinstat erwähnt wurde. Hier siedelten sich Niederschlesier an, vermutlich daher, dass Lokator Williko aus Neiße, Schulze von Wormditt, wohl zur Verwandtschaft des Bischofs Eberhard von Neiße gehörte, so dass in Guttstadt bis 1945 eine niederschlesische Sprachinsel existierte. Bereits 1329 erhielt Guttstadt das Kulmische Stadtrecht von Bischof Heinrich II. Wogenap (1329 – 1334) und 1371 ein Rathaus. Im Krieg 1414 wurde die Stadt verwüstet, ebenso 1520, als die Bewohner abgeschlachtet wurden. 1721 waren wieder weite Teile zerstört, Napoléons Truppen hausten in der Stadt und am Ende des Ersten und Zweiten Weltkrieges wurde die Stadt erneut teilweise zerstört und wieder aufgebaut.

Guttstädter Dom

Landkreis Allenstein

Der Landkreis Allenstein war ein Landkreis in Ostpreußen, der von 1818 bis 1945 bestand. Er lag im Ermland, ein Gebiet, das bis zum 13. Jahrhundert von den einheimischen Prußenstämmen bevölkert war. Nach der Eroberung der Gebiete durch den Deutschen Orden kamen Kolonisten aus Deutschland und besiedelten das Land von der Küste aus bis ins Landesinnere. Lübecker Siedler gründeten nach 1270 an der Ostsee Frauenburg und Braunsberg, Kolonisten aus Schlesien gründeten Wormditt, Guttstadt und Heilsberg. Ab 1350 wurden die südlichen Kammerämter Allenstein, Wartenburg, Seeburg, Rößel und Bischofsburg neu besiedelt.


Wie bereits berichtet, wurde meine Ur-Ur-Großmutter Auguste Emilie Neufang in Wartenburg (Barczewo) getauft. Ihr Vater Louis war hier als Schuhmachermeister ansässig, er kam aus Paresken, Preußisch Eylau.

Die Geschichte Wartenburgs (Wartenberg) begann mit der Errichtung eines Bischofssitzes am Nordufer des Wadangsees um 1325 durch den Bischof von Ermland. Nach der Zerstörung durch die Litauer 1354, war der Ort 1364 wieder aufgebaut und erhielt von Bischof Johannes Stryprock Stadtrecht und Kulmer Recht, ein neuer Bischofsitz wurde auf der Flussinsel angelegt.  Der Ort wurde 1410–1414 schwer in Mitleidenschaft gezogen und 1945 erneut zur Hälfte zerstört.

Im 14. Jahrhundert wurde ein Rathaus am Marktplatz, eine einschiffige Hallenkirche (ehemalige Klos­terkirche St. Andreas) und ein Kloster erbaut. 1390 von den Franziskanern, nach der Reformation von den Bernhardiner genutzt, mussten die Gebäude 1810 an den preußischen Staat abgetreten werden und wurden 1834 Strafanstalt, bekannt als „Warminski Alcatraz“.

Wartenburg, Pfarrkirche St. Anna und St. Stephan am Mühlenteich

Ein Brand vernichtete 1594 und 1798  große Teile des Schlosses , es wurde wieder aufgebaut, jedoch nach dem zweiten Brand als Schule genutzt.

Die im 14. Jahrhundert erbaute dreischiffige St.-Anna-Kirche brannte 1798 aus und wurde während des anschließenden Wiederaufbaus mit einem Turm und einem neogotischen Chor ver­sehen.

Mein Urgroßvater väterlicherseits, August Milinski, kam in Hirschberg (Jedzbark) zur Welt, der Ort gehört zum Landkreis Wartenburg und liegt rund 7 km von der Stadt entfernt. Am 12. März 1364 verlieh der Bischof Ermlands Johannes Styprock (~1300–1373) die Handfeste nach dem Kulmer Recht dem Lokator Johann Stebin für ein Dienstgut mit zehn Hufen, zehn Morgen Wiesen und einem Ritterdienst zwischen Sirwindten (Serwent) und Urdinghenen.

Im Mai 1874 wurde aus den Landgemeinden Daumen, Hirschberg, Kirschlainen, Odritten und den Gutsbezirken Daumen und Kutzborn der Amtsbezirk Hirschberg gebildet. 1928/1929 kamen der Gutsbezirk Sadlowo und der Seebezirk (Aarsee) dazu.

Kreis Osterode (Ostróda)

Der Kreis Osterode lag im Südosten Ostpreußens und bestand von 1818 bis 1945. Er gehörte zunächst zum Regierungsbezirk Königsberg, später zum Regierungsbezirk Allenstein. Sitz der Kreisverwaltung war Osterode (Ostróda).

Mein Ur-Ur-Ur-Großvater Christian Freytag war Einwohner von Kernsdorf (Wysoka Wies), einem Dorf am Fuße einer kleinen Hügelkette, den Kernsdorfer Höhen. Der Ort gehörte einst gemeinsam mit Döhlau zur Finckensteinschen Güteradministration. Ernst Graf Finck von Finckenstein (1633–1717), genannt „der reiche Schäfer“, war kurfürstlich preußischer Kammerherr, Legationsrat und Generaladjutant; Erbherr von Stadt und Schloss Gilgenburg, Erbamtshauptmann zu Deutsch-Eylau und Schönberg.

Den Beinamen „reicher Schäfer“ verdankte er seinen riesigen Schafherden, die so groß waren, dass regelmäßig lange Konvois von Fuhrwerken die Schafwolle zur Vermarktung nach Danzig lieferten.

Als die Finckensteinsche Güteradministration zwischen 1830 und 1832 zwangsversteigert werden musste, erwarb Johann Heinrich Kern, Löbauer Land- und Stadtgerichtsdirektor, die Waldungen zwischen Haasenberg, Döhringen, Frögenau und Klein Nappern. Er stellte in einem Teilbereich Land, vor allem als Rentengut, für die Besiedlung durch Zuwanderer zur Verfügung, die überwiegend aus dem Oberland kamen und gründete um 1834 auch das Dorf Kernsdorf, ein 3 km langes Straßendorf ohne Kirche, dem man seinen Namen verlieh. Am Eingang zum Friedhof steht heute ein Findling „Zum Gedenken an die Bewohner von Kernsdorf / Wiesoka Wies, die auf diesem Friedhof ruhen.“

Kirche Döhlau

Jeder der Neusiedler war verpflichtet, auf seinem Grundstück Obstbäume zu pflanzen und Bienen zu halten. Der Boden war für die Landwirtschaft jedoch schwer zu bearbeiten, da er im wahrsten Sinne des Wortes „steinreich“ war.

 In späteren Jahren wurden durch Erbteilung die Ländereien immer kleiner und ernährten die Familien nicht mehr, so mussten sich die Bewohner Nebeneinnahmen erschließen und ein Handwerk ausüben oder sich als Land- oder Waldarbeiter bei den benachbarten Großgütern verdingen.

Wie lange Christian Freytag und seine Frau Julianna Kaiser hier lebten, ist nicht bekannt, sein Sohn Christian wurde jedoch 1843 in Kernsdorf geboren und in der Kirche von Döhlau (Dylewo) getauft.

Diehl wurde erstmals 1349 erwähnt, als den Brüdern Eberhard und Nickel von der Diehl die Handfeste ausgestellt wurde. Im Laufe der Zeit wandelte sich der Name zur späteren Schreibweise Döhlau und die Besitzer wechselten, Döhlau wurde in Kriegen verwüstet, lag wüst und wurde immer wieder aufgebaut. Der „reiche Schäfer“ übernahm Döhlau in seine Besitzungen und J. H. Kern kaufte das Dorf 1831 aus der Konkursmasse für 11.050 Rthlr. auf.

In Döhlau kam 1843 meine Ur-Ur-Großmutter Auguste Emilie Neufang zur Welt, getauft wurde sie in Wartenburg (Barczewo), Landkreis Allenstein. Ihr Vater, ein Schuhmacher, kam aus Paresken, Preußisch Eylau.

Ein Teil meiner väterlichen Vorfahren lebte in Thierberg (Zwierzewo), einem masurischen Dorf am Schilling-See (Szelag) , das schon 1435 erstmals erwähnt wurde, einst als königlich kölmisches freies Bauerdorf gegründet. 1729 wurden bereits Schulbibeln angeschafft und der Dorfschulmeister bestellt. Die 1727 bestehende Kirche, zu Osterode gehörig, bestand jedoch nur wenige Jahre.

Wohnhaus von August Kaminski, Abbau Thierberg

Catharina Neumann heiratete den Köllmer Christoph Salewski (Zalewski) aus Gilgenau und ihr Sohn Christoph in die Kamnienski (Kaminski/Steinke).

Bahnhof Biessellen

Sein Sohn Christoph, 1860 in Thierberg geboren, heiratete Charlotte Rettkowski. Sie wurde im Dorf Biesselen geboren, einst als Bysseylen gegründet und mindestens seit 1414 bestehend, etwa 15 km von Osterode an einer kleinen Bahnstation gelegen.

Getauft wurde sie in Manchengut (Mańki), einer Ordensgründung von 1340, als den Herren Maneke, Nausete und Jone 60 Hufen zum Zweck der Kolonisierung übereignet wurden.

Meine Uroma Louise wurde 1888 ebenfalls in Thierberg geboren, die Taufen der Thierberger fanden in Osterode statt.

Bereits um 1270 existierte auf einer Insel im Mündungsdelta des Drewenz-Flusses eine pruzzische Siedlung, die durch den Deutschen Orden weiter befestigt wurde zu einer Holz-Erde-Burg, zwischen 1349 und 1370 ausgebaut zu einer steinernen Anlage. Die Stadt wurde 1329 gegründet unter dem Christburger Komtur Luther, Sohn von Herzog Albrecht von Braunschweig, der auf einer welfischen Burg nahe Osterode im Süd-Harz seine Kindheit verbracht hatte. Die ersten Siedler, Bergleute aus dem Harzstädtchen Osterode, gaben der neu gegründeten Stadt ihren Namen, jedoch ging die Handfeste verloren, so gilt die älteste erhaltene Osteroder Handfeste aus dem Jahre 1335 als Gründungsurkunde.

Blick auf Osterode, Teilausschnitt eines Fotos aus dem Urlaub meiner Urgroßeltern

Osterode erlebte eine sehr wechselvolle Geschichte, kaum entstanden, wurde die Stadt und Burg bei einem Überfall durch Litauer 1381 zerstört, 1400 durch einen Großbrand, 1410 geplündert, 1454 und 1628 bis 1629 besetzt, 1633 bis 1643 und 1643 bis 1672 verpfändet. Es folgten Truppendurchzüge, Epidemien von Pest und Cholera, ein weiterer Großbrand 1788. Die Osteroder gaben ihre Stadt nie auf. Auch nicht unter Napoléon und einer weiteren Choleraepidemie.

Osterode wurde an das moderne Chausseenetz, die Eisenbahn und den Oberlandkanal angeschlossen. Man gründete 1863 eine Maschinenbaufabrik und 1895 eine Eisenbahnwerkstatt. Es gab ein Lyceum, Gymnasium und eine kaufmännische Fachschule, ab 1912 einen Flugplatz.

Bahnhof Osterode2

Während der Tannenbergschlacht des Ersten Weltkrieges hatte Hindenburg 1914 sein Hauptquartier in einer Osteroder Schule. Nach dem Ende des Krieges stimmten in Osterode fast 100 Prozent der Bevölkerung für den Verbleib in Deutschland. 1921 errichtete das Ostpreußenwerk ein Elektrizitätswerk in Osterode.

meine Urgroßeltern August und Louise mit Sohn Heinz

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Osterode am 21. Januar 1945 von der Roten Armee kampflos eingenommen, durch Brandstiftung der sowjetischen Soldaten jedoch zu 70 Prozent zerstört.

Auch mein anderer Ur-Ur-Großvater, Friedrich Milinski lebte im Kreis Osterode. Viel ist über ihn nicht bekannt, berittener Gendarm soll er gewesen sein und nach dem Tod der Ehefrau Henriette Böhm eine Französin mit dem Namen Pinnot aus dem Krieg mitgebracht haben. Henriette stammte ebenfalls aus Thierberg. Ihr Kind ist rechts im Bild, mein Urgroßvater August. Er kam in Hirschberg zur Welt, das lag allerdings im Landkreis Allenstein.

Die Gründung eines Hufenzinsdorfes wurde von einem Lokator organisiert, dessen Rechte und Pflichten der Deutsche Orden, vertreten durch den örtlich zuständigen Komtur, als Vertragspartner in einer Handfeste (Urkunde zur Sicherung der Rechte) niederlegte. Die Dörfer wurde nach Kulmer Recht gegründet. Angesiedelte Bauern wurden daher als kölmische Bauern oder Kölmer (Köllmer) bezeichnet. Das Landrecht von 1685 bewertet den kölmischen Besitz als volles Eigentum, sie waren daher freie Grundbesitzer in Preußen, einem angesehenen Stand, weit über den Bauern stehend. Die meisten Kölmer waren entweder im 13. und 14. Jahrhundert aus dem Westen zugewandert oder stammten von Zuwanderern ab. Bei Ansiedlung erhielten sie vom Lokator ein Stück Land in der Größe von zwei Hufen (rund 33 Hektar). „Diese ‚kölmischen‘ Bauern lebten unter Bedingungen, die denen eines modernen Landwirts ähnlich waren.“ 1
Kölmer hatten der Herrschaft pro Jahr eine gewisse Geldsumme zu zahlen, Naturalien zu liefern und bestimmte Dienstleistungen zu erbringen, unter anderem Reiterdienst bei der Verteidigung des Landes, die in der Regel in vier bis sechs Tagen abgeleistet werden konnten. Das sogenannte Kölmische Recht beinhaltete das Recht der Vererbung des Gutes an Söhne und Töchter, dessen Verkauf, die Befreiung von allem Scharwerk, Privilegien der Fischerei, mittleren und minderen Jagd, Brauerei und mehr. Innerhalb der Gruppe der Freien Grundbesitzer gab es neben den Kölmischen auch noch Magdeburgische, Preußische und Adlige Freien oder Freisassen (frei von Pflichten für die örtliche Grundherrschaft). Am geringsten angesehen waren die Bauern, die noch nach prußischem Recht lebten.
Weitere Regalien waren die Erbschultheißenwürde und die Kruggerechtigkeit oder das Recht, eine Mühle anzulegen. Jedes Hufenzinsdorf bildete für sich einen eigenen Gerichtsbezirk. Der Schultheiß (der Lokator oder sein Nachfahre) war gleichzeitig Richter und durfte in der Regel zwei Drittel der eingenommenen Strafgelder behalten, während der Deutschorden Anspruch auf ein Drittel erhob. Außerdem bekam der Orden regelmäßige Abgaben („Zins“), die anhand der Hufenzahl des Dorfes berechnet wurden.

1Hartmut Boockmann, Ostpreußen und Westpreußen. Berlin: Siedler 1992 (Deutsche Geschichte im Osten Europas). p.128
Walter zur Ungnad: Deutsche Freibauern, Kölmer und Kolonisten. 2. Auflage. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1932.
Horst Kenkel: Amtsbauern und Kölmer im nördlichen Ostpreußen um 1736 nach der „Repeuplierung“ des Distrikts Litauen, nach der Generaltabelle und den Prästationstabellen. Verein für Familienforschung in Ost- u. Westpreußen e. V., Hamburg 1972, (Sonderschriften des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e. V.)

2 Foto dankenswerterweise zugesandt von Herrn U. Seewald

Deutsche Kolonisten

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