Wir drehen das Rad der Geschichte zurück bis in das Jahr 1788, als Graf Tomasz Ostrowski eine kleine Siedlung gründen ließ, um Eisenerz abbauen zu lassen. Kuźnice Tomaszowskie erlangte am 6. Juli 1830 das Stadtrecht und nannte sich fortan Tomaszów Mazowiecki, heute Woiwodschaft Łódź, in Polen.

Kurz darauf, im Jahre 1797, erfolgte die Ansiedlung Deutscher in Laczkowice. Etwa zeitgleich entstand die Kolonie Maksymow. Die Kolonien Wykno, Heimatort meiner Vorfahren, Ciosny und Lipkianki folgten im Jahr 1818.

Pastor Johann Jakob Benni aus Petrikau gab am 28. November 1830 während des Gottesdienstes die Gründung der Kirchgemeinde Tomaschow bekannt. Von 1863 bis 1878 gehörten die Dörfer Konstantynow, Blogie, Skorkowek, Opoczno und Feliksow, die östlich des Flußes Pilica lagen, der Filiale Wielka-Wola an. Mit dem Ende der Eigenständigkeit dieser Filiale wurden die Gemeinden an das Kirchspiel Tomaschow angegliedert. Zum Kirchspiel gehörten Blogie, Ciosny, Feliksow, Helenow, Konstantynow, Laczkowice, Lipianki, Maksymow, Olszewice, Opoczno, Skorkowek, Syski, Ujazd, Walentynow und Wykno. Ein Teil der Siedlungen wurden wüst, als die deutsch-evangelischen Bauern ihre Wirtschaften verkauften und in das Lubliner Land und nach Wolhynien abwanderten.


Die Ansiedlung von Kolonisten war seit der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt im Jahre 1806 praktisch zum Erliegen gekommen, als Preußen vernichtend geschlagen wurde. Der Staat verlor seine linkselbischen Gebiete, sowie die Gebiete aus der zweiten und dritten polnischen Teilung. Die Kolonien wurden nicht mehr von Berlin verwaltet, sondern von Warschau, Hauptstadt des 1807 entstandenen Herzogtums, die Württemberger erhielten daher im selben Jahr ein Auswanderungsverbot.

Im Januar 1809 rückte die Region um Inowłódz1 in das Blickfeld des russischen Zaren Alexander I. Er beauftragte Titularrat Spiegelberg, zuständig für die Kolonisten in Wolhynien, das Entsenden der von ihm ausgewählten Kolonisten aus dem Bezirk Inowłódz im damaligen Preußisch Polen zu organisieren. Hier am Fluß Pilica, ehemals die Grenze zwischen Preußen und Österreich, war die Bevölkerung der Verwüstungen durch die Feldzüge überdrüssig und setzte alle Hoffnungen auf eine Übersiedlung in neue Kolonien bei Sankt Petersburg. Die Übersiedlung in Richtung Oranienbaum wurde für viele die Flucht vor dem Weichselfeldzug, welcher am 15. April 1809 begann.

Geleitbrief ausgestellt auf Titularrat E. Spiegelberg vom 18. Januar 1809

Zu den Auswanderern in die Obere Kolonie Iswara zählte auch Paulus Schlenker (*15.02.1785 in Schwenningen), der mit Vater, Stiefmutter und Geschwistern nach Polen zog und dessen Geschwister in Bessarabien siedelten.

Mit ihm zogen Teile der Familien Brenner, Buch, Bürkle, Fleig, Föller, Kneisler, Kübler, Ludwig, Löffler, Moritz, Richter, Saar, Sackmann, Schatz, Seelig, Stammler und Zeiter, wie uns die Revisionslisten von Strelna und Umgebung verraten und deren Namen sich auch in Bessarabien wiederfinden.

Paulus fand seinen endgültigen Hof in Weinau, wie sein weiterer Weg uns zeigt.


Quelle:
1 Nahe Tomaszów Mazowiecki liegt Inowłódz, heute bekannt als Ort im ehemaligen Generalgouvernement, Lager für etwa 500 jüdische Gefangene von September 1941 – August 1942.

Bilder

  • Karte Russisch Polen: Vollständiger Hand-Atlas der neueren Erdbeschreibung über alle Theile der Erde in 82 Blättern herausgegben von Dr. K. Sohr. Vt. Auflage vermehrt und verbessert durch Dr. Heinrich Berghaus, Professor u. Director der geograph. Kunstschule zu Potsdam. Glogau und Leipzig 1855. Druck u. Verlag von C. Flemming. (mit) Supplementband, 32 Blätter.
  • Ausschnitt polnische Karte von 1935 des Geografischen Instituts Warschau
  • Geleitbrief ausgestellt auf Titularrat E. Spiegelberg vom 18. Januar 1809, RGIA in St. Petersburg, [ргиа ф383оп29д1153л31] – vielen Dank an Anatol Gehweiler, der mir dieses Dokument zur Verfügung stellte