Vor langer – langer Zeit lebte in Ägypten ein berühmter Imker Saamon. Er – wie auch das ägyptische Volk – glaubte, dass der Honig und der Bienenwachs Tränen vom Gott Ra sind. Der Imker hatte als einziges Kind eine kleine Tochter Seti, die ihm seine Frau noch im reifen Alter schenkte, aber nach deren Geburt starb.

Die Zeit verging schnell… Der Imker wurde immer älter und, wenn er über sein faltiges Gesicht strich, machte er sich Sorgen, dass er vor seinem Ableben seine Tochter noch nicht großgezogen haben würde.

Er wusste aus alten Sagen, dass es in der Wüste einen Jungbrunnen gibt. Er überlegte kurz und machte sich auf den Weg dorthin. Er nahm nur das Notwendigste mit: Wasser in einem Lederbehälter, um den Durst unterwegs zu stillen. Die Tochter ließ er bis zu seiner Rückkehr bei guten Bekannten.

Nach kurzer oder langer Zeit – es weiß keiner mehr so genau –  sah er eines Tages eine Oase in der Wüste, mit frischem Grün und mit Wald umsäumt und in seiner Nähe eine Quelle plätschern. Er dachte, dass es der Jungbrunnen sei, trank aus der Quelle, wusch sich, fühlte seinen Behälter mit Wasser und machte sich auf den Rückweg.

Schnell verging ein Jahr und der Alte merkte, dass er noch mehr Stirnfalten hatte. Er war den ganzen Tag mit den Bienen beschäftigt gewesen und setzte sich abends sehr müde auf eine Bank, nahm etwas Wachs in die Hände und begann ihn zu kneten. Er war selbst erstaunt, als er merkte, dass dabei bei ihm eine Puppenfigur entstanden war. Da dachte der alte Imker: „Ich mache für mein Töchterchen eine Puppe“. Er war noch ganz fertig mit ihr und hatte sie auch noch nicht bemalt, als die kleine Seti um sie begann zu betteln, so sehr war sie von ihr begeistert.

Als die Dorfbewohner die Wachspuppe des Mädchens sahen, bestellten viele bei ihm solche Puppen für ihre Kinder.

Die Kunde über die Puppen des Imkers Saamon verbreitete sich in ganz Ägypten. Die bemalten Wachspuppen wurden zum Lieblingsspielzeug vieler Kinder. Der Alte verstand, dass in diesen Wachspuppen die ewige Jugend steckt, die man weiter an Kinder, Enkel und Urenkel geben könnte. In der ganzen Welt wurden Wachspuppen hergestellt. Die Kleinkinder spielen auch jetzt noch gern mit ihnen. Es gibt auch viele Puppenmuseen und Wachsmuseen. Das Andenken an die erste Wachspuppe des alten Imkers lebt im Volke bis zum heutigen Tag.

Hier ist des Märchens Ende, man muss das Blatt wenden.

Autor: Alexander Weiz

Titelbild: Jutta Rzadkowski

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