So titelte mein Opa sein Album und fotografierte, was er für interessant hielt. Um die Aufnahmen nicht im „stillen Kämmerlein“ verschmoren zu lassen, sondern einen Rückblick in die Vergangenheit zu geben – man kann sich die Orte ja heute im Vergleich ansehen, veröffentliche ich sie an dieser Stelle.
Die Fahrt ging ab Hamburg nach Norwegen, einige der Schiffe, die zu sehen sind, erlangten einen gewissen Bekanntheitsgrad, so die „Monte Olivia“, „Hein Godenwind“, die „Oceana“ und die „Stuttgart“.
Die Bilder könne durch Anklicken vergrößert werden.
Wenn ich weit in meine Kindheit zurückdenke, fallen mir zwei Dinge ein, die Papa für mich gebaut hatte.
1. einen Schlitten aus Eisen, grün gestrichen mit roter Holzplatte als Sitz, oh, …. wie peinlich ! ( Wir nannten ihn „Nähmaschine“, warum auch …. ? )
Er hatte es gut gemeint, aber damit hab ich mich nicht nach draußen getraut, das Gespött der anderen befürchtet.
2. einen Roller, das war der Knaller, so einen hatte keiner. Es war kein Tretroller wie üblich, nein, der hatte einen Lenkstangenantrieb. Hab ich sonst nirgendwo gesehen.
Das Prinzip des Fahrens war einfach, einmal mit dem Fuß abgestoßen, bewegte man die Lenkstange stetig vor und zurück, wie auf einer Draisine und der Roller war in Fahrt, einfach nur prima. Die Lenkstange war an einem Drehpunkt ( vor / zurück ) befestigt, an der Gabel befand sich ein Segment vom Tretlager eines Fahrrades, das auf ein Innenritzel das Vorderrad antrieb. Das Vorderrad hatte ein Freilauf, wie beim Fahrrad. Alles war zwar gewöhnungsbedürftig zu händeln, aber wenn man den Bogen raus hatte, einfach nur noch genial. Wo der Roller abgeblieben ist, kann ich mit Bestimmtheit nicht mehr sagen, ich glaube aber, Papa hat ihn später an einen Arbeitskollegen, einem Fuhrunternehmer aus Bornim, weitergegeben.
Zum Ende der 80er Jahre waren die Urlaubsfahrten mit Wohnwagen und Trabant für Mutti und Papa doch langsam zu anstrengend, sie blieben lieber auf dem Grundstück am Plessower See. Der eigene Zugang zum Wasser entschädigte für den entgangenen jährlichen Campingurlaub an der schönen Ostsee.
Da der Campingwagen nun ungenutzt in der Garage stand, haben Gisela und ich den Klappfix mit dem Wohnwagen ausgetauscht. Das war natürlich eine schöne Sache.
Den Wohnwagen habe ich dann nach meinen Vorstellungen umgebaut, er bekam neue Rückleuchten, innen einige Umbauten, einen 220V Stromanschluß, einen Trafo, der 220V zusätzlich in 12V umwandelt, da die Innenbeleuchtung vorher direkt aus der Autobatterie gespeist wurde, außerdem ein neues, größeres Vorzelt, natürlich wieder auf der alten Phönix genäht und eine Überplane. Von außen eine neue Lackierung.
Die letzten Jahre arbeitete Papa in der Rechtsabteilung des Güterkraftverkehrs. Da ging es nicht mehr um Baumaßnahmen und technische Dinge, sondern ausschließlich um Paragraphen § und Rechtsstreitigkeiten.
Seinen Ruhestand verlebte er mit Mutti, bis auf die Wintermonate, meist auf dem Wochenendgrundstück in Kemnitz.
…………… aber, auch diese schöne Zeit ging leider im Jahre 2003 zu Ende.
Die Stadt Werder hatte die Pacht für das Grundstück am Wasser so drastisch erhöht, dass Mutti und Papa sich leider dazu durchringen mussten, das schöne Fleckchen im Grünen aufzugeben. Der Jahreszeit entsprechend, auch die traurige Stimmung ! Der Abschied fiel schwer.
Kurz danach gab Papa auch das Autofahren altersbedingt auf.
Im Jahre 2005 gaben sie ihre letzte Wohnung, im 14. Stock des Hochhauses Zentrum Ost, in Potsdam auf und zogen in das Potsdamer Bürgerstift.
Die nächste Trennung galt dem Wohnwagen.
Die beiden Garagen in der Otto-Nagel-Straße (früher Wollnerstraße) wurden vom neuen Besitzer des Hauses gekündigt. Bis zur Aufgabe des Grundstückes in Kemnitz, konnten wir den Wagen dort abstellen. Ein ungutes Gefühl war immer dabei. Die Einbruchszahlen und Plünderungen nahmen auch dort stetig zu. Ohne Unterstellmöglichkeit ging es leider nicht.
Wir hatten zum Glück die Möglichkeit, den Campingwagen der Nachwelt zu erhalten. Wir gaben ihn 2003 der Erwin Hymer Stiftung in Bad Waldsee zur Dauerleihgabe für deren Museum. So ist er gut aufgehoben und kann mit anderen Exponaten besichtigt werden.
Der letzte Urlaub auf dem Campingplatz Ückeritz ( Insel Usedom ).
…. in Erinnerung an meine Eltern
Fotos und Grafiken: Privatbesitz Gerd Seifert und Admin
Als Mutti und Papa in den 60er Jahren noch regelmäßig mit dem Wohnwagen an die wilde Badestelle des Plessower See’s fuhren, kamen sie mit dem Bürgermeister von Werder/Havel ins Gespräch. Dieser bot ihnen ein Grundstück direkt an diesem See zur Pacht an. Sie besichtigten das Grundstück, es lag direkt am Wasser, aber reine Wildnis weit und breit, trotzdem sehr schön. Sie überlegten lange, ob sie sich die Arbeit aufbürden wollten, alles urbar zu machen.
Ein Wassergrundstück war doch zu verlockend, so wurden sie ab 1967 Pächter in der Wildnis am See.
Nach und nach kamen noch ein knappes Dutzend Interessenten dazu, so waren sie nicht mehr allein auf weiter Flur
Eisangler 2
.
Das unverhoffte Angebot des Bürgermeisters war inoffiziell damit zu begründet, den Uferstreifen mit Pächtern zu besiedeln, um das unkontrollierte Angeln der Soldaten der Roten Armee zu unterbinden. Der Plessower See wurde von der Gemeinde als Fischaufzugsgewässer genutzt. In der Nähe lag ein großes Armeegelände der Sowjetarmee.
Papa war von Werder und seiner Umgebung schon immer sehr angetan, da er zeitweise als Soldat auf dem dortigem Fliegerhorst stationiert war und damals sogar am Rande des Flugfeldes eine Wohnung in Aussicht hatte. Das Heeresbauamt errichtete in den 30er Jahren Einfamilienhäusern für den Standort der Luftkriegsschule 3. Nach dem Krieg wurden die Häuser von Offizieren der Sowjetarmee genutzt und heute ist das ganze Areal des Flugfeldes eine Wohnsiedlung. Die Phöbener Landstraße ist die heutige Phöbener Chaussee.
Nicht weit entfernt, liegt im südwestlichen Teil der Stadt Werder/Havel der Plessower See. Der Kemnitzer Chaussee stadtauswärts folgend, zweigt an der Bus-Haltestelle „Dicke Eiche“ ein Sandweg ab, dieser führt direkt zum See und zum ehemaligen Pachtgrundstück von Mutti u. Papa.
Am Kleinen Plessower See 3
Aus diesem ehemals verwildertem Grundstück machten Mutti und Papa eine kleine Oase, herrlich am Wasser gelegen. Papa baute eine Wohnlaube, ein kleines Toilettenhäuschen und sogar ein Duschhaus mit warmem Wasser mittels einer Propangastherme. Die Pächtergemeinschaft legte sich Strom und später eine Trinkwasserleitung zu den Grundstücken, bis dahin versorgte er die Dusche über eine Pumpe mit Wasser aus dem See.
Das kleine Häuschen war wohnlich mit allem ausgestattet, um die Wochenenden und den Jahresurlaub darin zu verbringen. Ein Kleiderschrank, ein Tisch, zwei Sessel, anfangs ein Doppelstockbett, welches Papa aber bald durch eine eigens konstruierte, ausklappbare Bettcouch ersetzte. Im Raum befand sich noch ein Wohnregal und eine Kochecke mit Spüle. Damit man es auch an kalten Tagen aushalten konnte, bekam das Haus einen Ofen, angeschlossen an einem außenliegenden, eisernen Kaminschornstein.
Beruflich änderte sich für Papa auch einiges. Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall mit dem Fahrschulwagen und einer Verletzung seiner Wirbelsäule, gab er die Arbeit als Fahrlehrer auf. Er wechselte im Laufe der Jahre in verschiedene Bereiche des VEB Güterkraftverkehr. Dafür war es gut, dass er Anfang der 60er Jahren noch einmal die Schulbank drückte und seinen Meisterbrief für die Volkseigene Industrie machte.
Nach seinem Unfall arbeitete er beim Kraftverkehr im „Büro für Neurerwesen“.
Neurerwesen war ein staatlich gelenktes Verfahren, mit Hilfe von Verbesserungsvorschlägen der Werktätigen, die Produktivität in den Betrieben zu steigern.
Papa hatte in diesem Rahmen einen Fahrtrainer für die Fahrschule konstruiert, um die ersten Schritte der Fahrschüler frei von den jeweiligen Straßenverhältnissen zu starten.
Es war ein Rollenstand, auf dem man das Fahrzeug, wie im normalen Fahrbetrieb, händeln konnte.
So entstand ein fester und ein mobiler Fahrtrainer. Für die Fahrschüler war es sehr angenehm, erst dann auf die Straße zu kommen, nachdem man das Auto in seiner Funktion beherrschten konnte.
Nach einiger Zeit im Neurerwesen, wechselte Papa beim Güterkraftverkehr in die Bauabteilung. Hier war er maßgeblich an der Vermittlung, Planung und dem Bau eines Ferienobjektes in Werder/Havel betraut.
Die Ferienhäuschen entstanden auf einem Areal in der Nähe des Plessower See, der Badestrand zur Siedlung befand unmittelbar auf einer Brache neben Mutti und Papas Parzelle.
Ausgleich zur täglichen Büroarbeit suchte Papa in seiner Garage, dort wurde immer etwas gebaut und geschraubt. So entstand, natürlich aus den obligatorischen alten Metallbetten, Sperrholz und Leinwand, ein zerlegbarer Strandkorb für den Urlaub an der Ostsee. Der Korb war bespannt mit einer weiß/gelben Plane, als Polster dienten die Schaumstoffauflagen des Wohnwagens. Bei den Ostseeaufenthalten wurde er regelmäßig im Wohnwagen zerlegt mitgenommen. Es war jetzt wie ein Hauch Luxus.
Durch das Grundstück in Kemnitz kam es manchmal zu Transportproblemen, der PKW Trabant reichte oftmals in seiner Kapazität nicht mehr aus. Also mußte ein Anhänger her. So wurde in der Garage wieder getüftelt und gebaut.
Es entstand 1976 ein Lastenanhänger in Metallbauweise, natürlich mit einer Auflaufbremse. Papa hatte ihn optisch den gängigen, fabrikmäßigen Modellen angepasst. Durch die innen laufenden Räder stand genug Ladefläche zur Verfügung.
Das war gut so, denn Anfang der 80er Jahre bauten wir diesen Anhänger zu einem Zeltanhänger um. Dazu bekam der Hänger einen Lattenrost, über die Zuggabel ausgeklappt, entstand eine Liegefläche von 2 m. 4 Stützen erhöhten das Dach und mit der gleichen Dachhaut wurden die Seitenwände bespannt. Das war gut so, denn Anfang der 80er Jahre bauten wir diesen Anhänger zu einem Zeltanhänger um. Dazu bekam der Hänger einen Lattenrost, über die Zuggabel ausgeklappt, entstand eine Liegefläche von 2 m. 4 Stützen erhöhten das Dach und mit der gleichen Dachhaut wurden die Seitenwände bespannt. Das orangefarbende Material stammte von einer LKW-Plane. Schaumstoffmatten rein, fertig war die Schlafkoje.
Phönix-Nähmaschine4
Um alles zu komplettieren, nähte ich noch ein Vorzelt auf unserer alten, antiken Phönix-Nähmaschine, diese eignete sich gut für feste, derbe Stoffe.
Eigentlich war es für Papa der 4. gefertigte Wohnwagen. Die Näh-und Lackierarbeiten übernahm ich jetzt. Als Grundlage für das Vorzelt diente unser bisheriges Zelt, welches ich vollkommen zerschnitt und den Maßen des Zeltanhängers anpaßte. Eine große Überplane schützte zusätzlich vor Regen und Wind.
Fortsetzung
Fotos und Grafiken ohne Benennung: Privatbesitz Gerd Seifert; admin
Ersatzteile für Autos gab es nur auf den Schrottplätzen, noch dazu, wenn man einen Exoten, wie RENAULT fuhr. Für Papa kein Problem, er kannte alle relevanten Plätze und dank seines technischen und handwerklichen Verständnisses und Geschick, hatte er so gut wie keine unvorhergesehenen Pannen.
Dafür musste er aber mit seiner Bereifung regelrecht haushalten. Die Räder waren sein Kapital, es musste sorgsam damit umgegangen werden, Neureifen waren teuer und nicht leicht zu beschaffen.
Beim Vulkanisiermeister Karl Frosch in Potsdam bekam Papa stets Hilfe, möglichst lange mit der LKW-Bereifung auszukommen, es waren damals RIESA-Reifen, des 1946 in Sachsen gegründeten Reifenwerkes. Für die Langlebigkeit und die vielen gefahrenen Kilometer der Reifen bekam Papa in den 50er Jahren vom Werk eine Urkunde und einen Zündschlüsselanhänger, der ihn auf all seinen Fahrten begleitete und heute noch existiert. ( „Gute Fahrt auf Riesa-Reifen“ )
Mit der Gründung des Güterkraftverkehrs gingen die lukrativen Transportaufträge durch die „ATG“ vorwiegend an die staatlichen Verkehrsbetriebe, die privaten Fuhrunternehmer bekamen immer mehr Schwierigkeiten, rentabel zu fahren. Der damalige Leiter der „ATG“ wurde abberufen und als Chef des neu gegründeten Güterkraftverkehr in Potsdam eingesetzt. Er war es auch, der Papa davon überzeugte, seinen privaten Fuhrbetrieb einzustellen und eine Arbeit im staatlichen Güterkraftverkehr aufzunehmen. Den LKW und beide Anhänger konnte Papa auch an den Kraftverkehr verkaufen.
Die Perspektive, im neuen Betrieb als Kraftfahrer zu arbeiten, schloß er aber von Anfang an aus. Der in der Entwicklungsphase stehende Güterkraftverkehr benötigte dringend Kraftfahrer, da Papa ausgebildeter Militärfahrlehrer war, lag es nahe, diese Tätigkeit wieder aufzunehmen. Es war natürlich nicht zeitgemäß, mit einem Fahrlehrerausweis aus dem Drittem Reich die Arbeit zu beginnen. Bis sich eine Möglichkeit bot, den Fahrlehrerschein unter DDR-Bedingungen zu erneuern, begann Papa eine Arbeit auf dem Abschleppwagen des Güterkraftverkehrs. Das war ein Fahrzeug vom Typ IFA H6 aus dem Kraftfahrzeugwerk „Ernst Grube“ in Werdau. 6 Zylinder, Hubraum von 9036 cm³ und 150 PS.
Es war passend, so konnte er seine Erfahrungen als Autoschlosser mit einbringen. Nicht immer musste gleich abgeschleppt werden, viele leichtere Unterwegspannen konnten so vor Ort behoben werden. Der Abschleppdienst war gleichzusetzen mit der heutigen Pannenhilfe und für einen Großbetrieb, wie den Güterkraftverkehr, unverzichtbar. Am 12.05.1958 war es dann so weit, Papa erhielt seinen neuen Fahrlehrerschein, dadurch konnte er vom Abschleppwagen in die Fahrschule wechseln. Er schulte zuerst in der Klasse 5 ( LKW )
Auf diesem LKW vom Typ IFA H3a machte Mutti ihren Führerschein der Klasse 5. Da ihr der Abstand zu den Brems- und Kupplungspedalen zu weit weg waren, sie nicht bis dahin heranreichte, wurden über diese Pedalen ca. 20cm hohe Holzklötze geschoben. So war alles fußgerecht. Für eine Frau war das Fahren dieser LKW’s nicht so einfach, viele technische Hilfen, wie heute, gab es nicht, aber es ging !
Mit dem Erlöß seines verkauften LKW – Gespannes erfüllte sich Papa einen Traum, er kaufte 1958 seinen ersten werkneuen PKW, einen Trabant P50, zum Preis von 7800,00 Mark. Das war aber nicht so einfach, die Fahrzeuge gab es nur auf Bestellung, aber Papas Hartnäckigkeit war es zu verdanken, dass er zu den ersten gehörte, die diesen Wagen bekamen. Jede Woche ging er zur Vergabestelle im Rat der Stadt Potsdam, bis sie ihm genervt den Wagen bewilligten.
Der 500 cm³ große Zweitaktmotor leistete anfangs 13 kW (18 PS), was Papa aber durch Umbau des Motors auf 23 PS brachte, da er plante, einen Wohnwagen zu bauen.
Nur war der erste Trabant dafür nicht konzipiert. Also machte Papa Berechnungen, Zeichnungen und baute sich eine Anhängerkupplung für diesen Wagen, da noch keine vom Sachsenringwerk angeboten wurde.
Er erhielt dafür die Zulassung und bekam die Freigabe für einen Anhänger mit einem Gesamtgewicht von 380 kg.
Nun begann der Bau eines Wohnwagens für den Trabant 500. An der Garagendecke hing immer noch der Wohnwagenaufbau von dem verkauften Viehanhänger. Diesen Aufbau nahm Papa als Grundkonzept für seinen künftigen zweiten Wohnwagen.
Er baute ein komplett neues Unterteil mit einer starren, gefederten Achse und Trabanträdern. Für den unteren Grundrahmen war das Ausgangsmaterial der Eisenrahmen zweier, alter Metallbetten, neues Winkeleisen war eben rar.
Mit diesem neuen Gefährt fuhren Mutti und Papa in den Urlaub und an den Wochenenden ging es in die nähere Umgebung an die Havel, vorzugsweise an den Plessower See. Im Bereich der damals noch unvollendeten Autobahn A10 bei Leest, war eine wilde Badestelle, sehr idyllisch gelegen, dahin zog es sie, um vom Alltag auszuspannen.
In dieser Umgebung kamen Papa die Gedanken nach etwas mehr Luxus. So plante er einen komfortablen anderen Wohnwagen. Die Idee der optischen Form kratzte er mit einem Nagel in die Garagenwand an der Werkbank.
Das war sein Grundkonzept, danach fertigte Papa anschließend die technischen Zeitungen und begann mit der Umsetzung seiner Überlegungen. In der Garage wurde wieder gesägt, gebohrt und getüftelt.
Diesmal bekam der Wohnwagen die serienmäßigen Achsschenkel mit der Federung vom Trabant 500. Damit war der Anhänger beweglicher als mit einer starren Achse. Als Grundrahmen mußte wieder das erprobte Material von Eisenbetten herhalten. Der Aufbau bestand, dem Gewichtsgrund geschuldet, aus Holz, Hartfaserplatten und Sperrholz. Das Dach war diesmal, eine auf dünne Leisten gespannte, gedämmte Kunstlederhaut.
Innen bekam der Wohnwagen einen Himmel und war doppelwandig gegen Kälte geschützt,. Ein Ausstelldach machte alles komplett. Die elektrische Beleuchtung kam von der Autobatterie. Den Eingangsbereich schützte ein kleines Zelt.
Mit dem Bau wurde der Platz in der hinteren Garage langsam knapp, also mußte der ältere Wohnwagen verkauft werden. Es fand sich ein Käufer, ein Bäckermeister aus dem Raum Werder an der Havel. Am 06.10.1961 war es dann so weit, der neue Wohnwagen bekam seine Zulassung.
Nun fuhren Mutti und Papa jedes Jahr einmal an die Ostsee, …… auf die Insel Rügen nach Dranske-Nonnewitz.
Mit der Zeit trafen sich dort immer die gleichen Camper, es war schön, im Urlaub einen festen Freundeskreis zu haben.
Im Jahre 1960 übernahm Papa einen Wartburg 311 als Fahrschulwagen und bildete ab dieser Zeit seine Fahrschüler in der PKW-Klasse aus.
Es war auch der Wartburg 311, auf dem ich am 24.04.1961 meine Fahrschulprüfung ablegte. Die theoretische Prüfung übernahm natürlich ein anderer Fahrlehrer, um nicht in den Verdacht der Klüngelei zu kommen, außerdem wurde damals noch die praktische Prüfung von der Deutschen Volkspolizei (der Verkehrspolizei) abgenommen.
Im Jahr 1975 kaufte sich Papa einen Trabant 601. Es gab aber Probleme, ihn als gleichwertigen Zugwagen für den Wohnwagen zu nutzen. Der Trabant 500 hatte eine genehmigte Anhängelast von 380 kg. Er war kompakter und stabiler in der selbsttragenden Karosse. Dies wurde dem Trabant 601 nun nicht mehr zugebilligt, die Werkszulassung der Zuglast betrug nur noch 280 kg.
Also machte Papa neue Berechnungen und kam zu dem Schluß, nur eine Auflaufbremse am Wohnwagen wäre die Lösung. Diese gab es aber damals nicht. So entwarf und baute er sich die nötige Bremsanlage.
Das Zugrohr am Wohnwagen wurde gekappt, ein neues verschiebbares Rohr angebaut. Bremste jetzt der Zugwagen, lief der Anhänger, dank des neuen verschiebbaren Zugrohres auf den PKW auf und über einen drehbaren Hebel, sowie ein Drahtseil, sprachen die Bremsbacken in den Rädern des Anhängers an. Es ist das gleiche Prinzip, wie bei einer Handbremse im Auto. Ein Stoßdämpfer am Zugrohr verhinderte das Aufschaukeln des Anhängers. Somit bekam er die Genehmigung, den etwas schwereren Wohnwagen auch mit seinem Trabant 601 zu ziehen.
Den Trabant 500 übernahm ich damals und gestaltete ihn nach meinen Wünschen um.
Fortsetzung
Fotos und Grafiken ohne Benennung: Privatbesitz Gerd Seifert
Trabant-Kollage aus den Prospekten der Vereinigung der Zwickauer Automobilwerke AWZ 1956 und des VEB Sachsenring Kraftfahrzeug- u. Motorenwerk Zwickau erstellt 1956/60 (links Trabant P50 und rechts AWZ-Trabant P50)
Eines muss man sagen, unsere Eltern sind immer schon gern verreist. Die Infrastruktur lag total am Boden, Reiseunterkünfte fast nicht vorhanden, die Lösung war Urlaub auf eigenen Rädern. Also musste ein Wohnwagen her. Eigentlich war er schon vorhanden, es war der Viehtransporter !
Papa baute einen Aufsatz mit 2 Fenster und einer eingebauten Tür. Um alles leicht zu gestalten, bestand die Decke aus, auf Abstand geleimte, dünne Hartholzleisten, überzogen mit einer in Ölfarbe getränkten Leinenplane.
Dieser Aufsatz wurde auf den Anhänger gesetzt, vorher natürlich die Laderampen-klappe entfernt, Bett, Tisch hinein, fertig war der Wohnwagen. Zum Einstieg gab es noch eine bequeme Stufenleiter. Vor Beginn der Urlaubsfahrt wurde der Viehtransporter mit viel Wasser gereinigt, ……. alles hatte ein Hauch von Landluft.
Im Wohnwagen schliefen unsere Eltern, auf der Ladefläche des LKW hatten wir, als Kinder, unser Reich. Dazu wurden zwei Holzrahmen auf die Ladefläche montiert, dort hinein kamen Strohsäcke, das waren jeweils zwei zusammengenähte Kartoffelsäcke mit einem Schlitz für die Strohfüllung. Ein Gazeschrank und eine mit Zinkblech ausgeschlagene Kochkiste machte alles komplett. Gekocht wurde in der Kochkiste mit einem Spirtuskocher.
Genau genommen gehörten wir damals schon zu den Pionieren der heutigen Campingzeit. Die Urlaubsfahrten gingen vorrangig in den Thüringer-Wald, den Harz, sowie in den Spreewald und das Erzgebirge. In den Spreewald nahmen wir sogar unseren Kater „Peter“ mit.
Er machte dort seine ausgedehnten Streifzüge, fand aber immer wieder zu uns zurück. Papa hatte im Fahrerhaus ein Fußbodenbrett entfernt und so konnte unser Kater „Peter“ immer ungehindert seinen Schlafplatz auf der Fahrersitzbank einnehmen.
Wurde der Wohnwagenaufsatz nicht mehr für den Urlaub benötigt, schraubte Papa ihn vom Viehtransporter ab und hängte das Teil an vier Ketten unter die Decke der hinteren Garage. Anschließend die Rampenklappe montiert und der normale Alltag konnte wieder beginnen.
AnhängerGespann
Um das Fuhrgeschäft zu vergrößern, machte Papa Pläne, einen weiteren LKW aufzubauen. Ein Fahrgestell fand sich in Putlitz, beim dortigen Schmiedemeister. Es war ebenfalls ein Fabrikat der Marke Renault.
Wir hatten in Putlitz unsere Tante Frieda, Oma Freitags Schwester, besucht und auf dem Rückwege nach Potsdam versah Papa das Chassis mit Rädern und schleppte es wie einen Anhänger nach Hause. Dort begann neben der täglichen Arbeitszeit, der Aufbau des zweiten LKW, mit dem Ersatzmotor des ersten Fahrzeuges. Ein großer Luxus, Papa kaufte ein werkneues Führerhaus der Marke „Granit“, so sah man äußerlich kaum einen Unterschied zu einem Fabrikfahrzeug.
Da sich die Zeiten besserten, konnte man wieder problemlos Kraftstoff beziehen, dieser Wagen brauchte kein Holzgas mehr und den alten Renault rüstete Papa auf Benzin zurück.
Die benötigten Kraftstoffmengen wurden über Tank-Kreditscheine geregelt. Diese bezog man über die „ATG“, dem Auftragsvermittler der Transportfahrten.
Um beide Fahrzeuge entsprechend auszulasten, wurde ein Kraftfahrer eingestellt. Dieser übernahm die örtliche Belieferung der Betriebe. Mit dem neuen LKW bediente Papa vorrangig die Fernfahrten. Leider gab es mit dem Kraftfahrer Probleme, er rechnete seine gefahrenen Touren nicht reell ab, so entschloss sich Papa, ihn zu entlassen und verkaufte den älteren LKW.
Nach wie vor durfte ich zu meiner Freude gelegentlich mit auf Tour gehen. So lagen auf den unterschiedlichsten Fahrtrouten bestimmte Rastpunkte, die wir gerne anfuhren.
In Falkensee gab es immer eine leckere Eiswaffel,in Nauen ein Malzbier, wenn von der dortigen Hefefabrik Frachten für die Potsdamer Bäckereien geholt wurden.
Bei Ladungen der ehemaligen Potsdamer Süßwarenfabrik „HERA“ gab es für mich meist rot / weiße Pfefferminzstangen in Blockformat.
Etwas Besonderes waren Fahrten, die Richtung Jüterbog gingen. Traditionell hielt Papa bei der Treuenbrietzner Rossschlachterei in der Großstraße an. Es gab immer schmackhafte Pferdebouletten und für zu Hause einen riesen Braten. Oma Freitag hatte den meist zubereitet, aber nie etwas davon gegessen, sie schüttelte sich davor.
Gut erinnern kann ich mich noch an eine Episode, in einer Zeit, als es noch recht leere Läden gab. Wir waren nachts auf dem Heimweg von einer Tour. Papa machte Rast an der Autobahntankstelle Niemegk, ich schlief auf dem Beifahrersitz und er ging in die Raststätte, etwas Trinkbares zu holen.
Nach einiger Zeit wurde ich von ihm unsanft geweckt, mit den Worten: „ ….. raus, mach die Sitzbank hoch, gib mir die Werkzeugtasche“ !
Er stand da, mit einem großen, in Zeitungspapier gewickelten Paket.
Also, Werkzeug ausgekippt und das Paket hinein, alles wieder zusammengepackt und ich wieder rauf auf den Sitz, …… es ging nach Hause.
In Bergholz hielt er auf der Autobahn an, stieg aus und verschwand im Wald, die Nacht war stockfinster, nach ein paar Minuten kam Papa zurück und sagte: „ …. die Luft ist reine, hier können wir runter“!
Es war eine illegale Autobahnabfahrt. Papa wollte einer möglichen Autobahnkontrolle, die gab es öfter an den Abfahrten, ausweichen und das, aufgrund des geheimnisvollen Paketes in der Werkzeugtasche.
Was hatte es mit dem Paket auf sich ? …… auf der Raststätte Niemegk kam er mit Kraftfahrern eines westdeutschen Kühltransporters ins Gespräch. Die hatten mit ihrem Büssing-LKW eine große Menge Schweineliesen geladen. Im Gespräch erwähnte Papa, dass er 1946 bei Büssing in Braunschweig gearbeitet hatte. Später verschwand einer der Kraftfahrer und kam mit einem großen Paket Schweineliesen zurück, gab es Papa, mit den Worten „für einen guten Kollegen“ !
Mutti und Oma machten daraus Apfelschmalz, … einfach lecker. So kam in Zukunft keine Hefepaste mehr auf den Tisch.
Das Fuhrgeschäft mußte immer erreichbar sein, so kann ich mich noch gut an die Telefonnummer erinnern.3587. Ein Telefon war in dieser Zeit etwas besonderes, das bekam nicht jeder, man sieht es auch an der kurzen Telefon-Nummer für Potsdam.
Fortsetzung
Fotos und Grafiken ohne Benennung: Privatbesitz Gerd Seifert
restaurierter Büssing von 1956 pixabay; Creative Commons CC0, orginal erhaltener Kühlwagen von Büssing als Dreiachser-Model auf der Seite des Verlag Karl Rabe
Gerd Seifert: Meine Kindheit ….. …. einige Erinnerungen an meinen Vater Fritz Seifert.
Im Jahre 1947 hatte mein Vater Arbeit in der Holz & Kohlenhandlung „Kohlen-Krüger“ als Autoschlosser bekommen. Er reparierte für die Kohlenhandlung die Lkw’s, die durch die Kriegszeiten in einem erbärmlichen Zustand waren.
Der Kohlenhandel war in der Geschwister-Scholl-Straße, früher Viktoriastraße. Man gelangte über drei Hinterhöfe direkt in die Zeppelinstraße, früher Luisenstraße. Im zweiten Hinterhof standen auf der rechten Seite zwei große Garagen, in denen mein Vater die Lkw’s überholte.
Ersatzteile /Autoteile ? ……. Fahrzeugschrott lag zu dieser Zeit genug herum, keiner hatte dafür Verwendung, die Menschen waren an anderen Dingen interessiert. Essen, Trinken und ein Dach über dem Kopf, das waren die vorrangigsten Bedürfnisse.
In der Gartenkolonie „Am Pfingstberg“ hatte Papa ein Lkw-Chassis mit zerschossenem Fahrerhaus ausfindig machen können. Auf diesem Lkw-Fahrgestell mit Ladefläche war ein Hühnerstall montiert. Papa verhandelte mit dem Laubenbesitzer, bis dieser ihm das Fahrgestell überließ, was der Gegenwert war, entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls wurde die Ladefläche mit dem Hühnerstall abgebaut und separat in den Garten gestellt.
Das war so 1947/48. „Kohlenkrüger“ hatte nichts dagegen, dass dieses Chassis in einer seiner Garagen unterstellt wurde, dafür fiel der Lohn von Papa eben etwas dürftiger aus. So begann nach Feierabend der Aufbau des ersten Lkw.
Das Fahrgestell war von einem französischen Beuteauto, deshalb musste auch ein passender Motor her und zum Glück, es fand sich ein defekter RENAULT-Motor. Nach Aufarbeitung kam dieser in das Fahrgestell, als Fahrerhaus und Motorhaube dienten Schrottteile von Daimler. Es waren keine Fensterverglasungen vorhanden.
Die Frontscheibe war zweigeteilt, Papa setzte aus Mangel unterschiedliche Verglasungen ein, für die Seitenscheiben reichte das Glas nicht, durch Sperrholz mit gläsernen Sehschlitzen wurde Abhilfe geschaffen. Das Auto sah eher nach einem Panzerwagen aus. Komplettverglasungen kamen später.
Auf dem Kühlerverschluß pragte noch der abgebrochene Stern eines Mercedes. Papa lötete darüber die Spitze einer Pickelhaube aus Kaiser’s Zeiten, (siehe Foto).
Interessant war auch die Konstruktion der Handbremse. Ein gebogener Metallstab in einer Führung unter dem Armaturenbrett ersetzte die Originalhandbremse. In diesen Metallstab hatte Papa Rasterkerben gefeilt, alles über Schmiedefeuer mit Hornspänen von Pferdehufen gehärtet. In die Führung montierte er zur Arritierung ein abgeschnittenes Metallsägeblatt, das Stabende bekam ein Holzgriff. Alles lief über ein Drahtseil in Führungsrollen auf die Bremstrommeln der Hinterräder.
….. also, Griff senkrecht aus dem Armaturenbrett ziehen, die Rasten blockierten ein Zurückschnellen und das Auto war angebremst. Beim Losfahren, …. Griff nach rechts gedreht, Stab nach vorn und es löste sich durch Federkraft die Handbremse, …. so einfach ging es, auch wenn die Originalteile nicht zur Verfügung standen.
Nachdem Papa alle Fahrzeuge von „Kohlenkrüger“ innerhalb eines Jahres wieder instand gesetzt hatte, war er dort nicht mehr gefordert und als Kohlenträger wollte er sein Geld nicht verdienen. Zum Glück konnte er am 28.01.1948 gleich in der Nachbarschaft, am Schafgraben, bei „AUTO-EBEL“ als Werkmeister der Autowerkstatt in der damaligen Luisenstraße, eine neue Arbeit finden.
Der Nachfolger dieser Werkstatt existiert heute noch unter dem Namen Renault-Teichmann in Geltow, der Anfang der 90er Jahren dorthin umgezogen ist, um sich zu vergrößern. Jetzt ist es ein bekanntes Autohaus. Welch ein Zufall, dort werden heute Renault-Mobile verkauft, hatte Papa diese Marke schon damals aus der Not heraus, für sich entdeckt.
Die Werkstatt „Auto-Ebel“ arbeitete nach dem Krieg vorrangig für die russischen Besatzertruppen. Es war die einzige Möglichkeit, in dieser Branche zu überleben, deutsche Autobesitzer gab es kaum. Die Arbeit in der Kfz-Werkstatt gab Papa die Chance, seinen Lkw-Aufbau weiter voranzubringen, nur ging das nicht mehr bei „Kohlen-Krüger“. Es musste eine andere Unterstellmöglichkeit her.
Diese fand er in der Friedrichstadt, am Bahnhof Charlottenhof. Dort mietete er eine Doppelgarage unter den Wohnblocks aus den 30er Jahren, direkt an der Havel gelegen.
Ich war oft in der Werkstatt und habe zugesehen, wie Papa nach Feierabend an der Fertigstellung seines Lkw’s arbeitete.
Für mich spannend waren die Essenpausen. Ich saß immer auf der Werkbank und Papa öffnete langsam die Brotbüchse aus Aluminium, den Geruch, bilde ich mir ein, habe ich zeitweise sogar noch heute in der Nase.
Besonders schmackhaft waren das Kommissbrot oder die Schusterjungen mit Schmalz (meist nur eine graue Hefepaste, die als Schmalzersatz diente).
….. aber damals sehr, sehr lecker !
Die Arbeit für die russische Armee brachte auch kurioses mit sich, so wollte sich der Kommandant bei Papa für die gute Instandhaltung seiner Fahrzeuge bedanken und stellte ihm einen DKW (F7/8) vor die Garage.
Das war zwar gut gemeint, aber Papa’s Korrektheit ließ so etwas nicht zu. Es kostete ihn viel Mühe, den Kommandanten zu überzeugen, dass er so ein Geschenk nicht annehmen konnte. Nach mehreren Tagen wurde der Wagen wieder abgeholt.
Für mich als Kind war es toll, auch einmal im PKW zu sitzen,
……. auch wenn es nur in der Garage hinter dem Lenkrad war !
Papas Traum war es immer, ein eigenes Fuhrgeschäft aufzubauen. 1951 meldete er sein Transport-Geschäft an und gab seine Arbeit als Werkmeister bei „Auto-Ebel“ am 21.08.1951 auf.
Mit eigenem LKW war er nun auf den Landstraßen zwischen dem Thüringer-Wald und der Ostsee zu Hause. Das brachte auch einige häusliche Probleme mit sich, die Zweizimmerwohnung in der Hans-Sachs-Straße 10c war zu klein für 5 Personen (Mutti, Papa, Helga, Oma Freitag und ich). Es war eigentlich Oma’s Wohnung seit 1910.
Die Glasüberdachung vom Balkon hatte noch Opa Freitag († 08.01.1919) in Auftrag gegeben und anbauen lassen, sieht heute noch ausgezeichnet aus.
Eine neue Wohnung fand sich in der Stalinallee 126 (heute Berliner Straße). Der Umzugstag war der 15. März 1951.
Es ging in eine sehr große 3- Zimmerwohnung, mit hohen Flügeltüren zwischen den Räumen, Stuck an den Decken, zwei Balkone und eine Speisekammer, in der ich mein eigenes kleines Zimmer erhielt.
Diese Kammer hatte ein normales Fenster zur Hofseite. Als Inventar fand dort Platz, ein etwas verkürztes Bett, ein kleiner Schreibtisch, ein Stuhl und ein schmales Regal 80x25x25 cm (H / B / T), sowie ein Radio Volksempfänger 301.
Elektrisches Licht war vorhanden. Damit der Raum auch beheizt werden konnte, stemmte Papa die Wand zum benachbartem Bad auf und mauerte einen transportablen Kachelofen hinein. Geheizt wurde nun vom Bad, somit war auch dieser Raum immer warm, sollte der Badeofen nicht gebraucht werden.
Das Bad hatte keine Toilette, diese war separat vom Flur erreichbar, daneben war noch eine kleine Abstellkammer. Platzmangel gab es nicht mehr. Zur Wohnung gehörte noch eine sehr geräumige Bodenkammer. Das war einmal die Mädchenkammer für das herrschaftliche Bürgertum. Es gab sogar eine Klingelanlage zwischen Wohnung und Dienstbotenkammer. Vor dem Krieg gab es in den Wohnungen eine Zentralheizung, die nach 1945 außer Betrieb gesetzt wurde und im Gegenzug bekamen alle Räume Kachelöfen.
In der Wollnerstraße 3 (heute Otto-Nagel-Straße) mietete Papa zwei große Garagen an. Das war früher eine Remise mit Pferdestall auf dem Hof. Die zwei Fenster über der Remise gehörten zur Kutscherwohnung.
Ich kann mich noch gut an die alten gemauerten Futtertröge in der hinteren Garage erinnern.
Mit viel Mühe stemmte Papa die steinernen Tröge aus der Wand, so konnte er die Platzverhältnisse um einiges erweitern.
Die Räumlichkeiten wurden nach Aufgabe der Pferdehaltung bis 1945 bereits von einem kleinen Fuhrgeschäft genutzt. Zeugnis lieferte eine eigene Tankstelle, die Zapfsäule stand noch einige Jahre in der zweiten Garage, bis Papa sie verschrottete.
Der große Kraftstofftank befand sich vor dem Eingangstor der vorderen Garage in einer Erdgrube.
Es mussten im Laufe der Jahre öfter einige Schubkarren Sand dort hinein gefüllt werden, da es ein ständiges nachsacken des Erdreiches gab.
Die hintere Garage, der ehem. Pferdestall, barg noch mehr, für mich interessante Dinge.
Dazu zählte ein Motorrad, welches Papa einmal zum Laufen bringen wollte, nur ist es dazu nie gekommen, Ebenso erging es einem anderen Motorrad, welches beim Opa in der Gutenbergstraße 89, in dessem Schuppen gelagert wurde. Diese Maschine war eine DKW, genannt „Blutblase“, wegen ihres roten Tank’s. ( Baujahr 1931, 198 cm³, 4 PS ). Sie stammte noch aus Papas Jugendzeit. Die DKW war zerlegt und in Kisten verpackt. Leider wurde alles irgendwann verschrottet.
Anfang der 50er Jahren gab es noch Schwierigkeiten, genügend Benzin für das kleine Fuhrgeschäft zu bekommen, Papa fand die Lösung, ….. „Holzgas“ !
Also rüstete er den LKW auf diesen Treibstoff um.
In einem großen Kessel wurden Holzstücke in der Größe von kleinen Pflastersteinen verbrannt. Dieses kleingehackte Holz war nur in Guben erhältlich. Dort eingekauft, holte Papa es LKW-weise nach Potsdam und wir schippten das Holz bis zur Decke in die hintere Garage.
Vor jeder Fahrt hieß es für die Familie abends, Holzsäcke füllen. Die sehr haltbaren Säcke hatte Opa, er war Autosattler, aus alten Fahrzeugplanen genäht. Sie mussten wasserdicht sein, damit unterwegs immer trockenes Holz zur Verfügung stand.
Ein Viertel der Ladefläche wurde für den Holzvorrat geopfert, einige Säcke kamen noch auf das Fahrzeugdach und der großen Fahrt stand nichts mehr im Wege ……… !
Da die Energieausbeute mit Holzgas nicht so groß war, lief der Wagen nur mit einer Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h, das ging so und keiner war im Zeitstress.
Um mehr Ladefläche zu bekommen, baute Papa noch zwei Anhänger. Einer war nur zweirädrig. Dieser diente als Viehtransporter, versehen mit einer hohen Ladeklappe, die gleichzeitig Lauframpe für Kühe und Schweine war.
Die Aufträge für die Fahrten holten sich alle Fuhrunternehmer von der „ATG“ (Auto-Transport-Gesellschaft). Das war der Vermittler zu den Betrieben. Damit entfiel die ständige Suche der Fuhrbetriebe nach Transportaufträgen. Der Sitz war in der Potsdamer Hebbelstraße.
Zu Beginn der 50er Jahre war es auf den einsamen Landstraßen noch recht unsicher. Papa wurde zweimal auf seinen Touren von Soldaten der russischen Armee überfallen. Ein Überfall hatte für ihn einen Krankenhausaufenthalt und eine umfangreiche Reparatur des LKW zur Folge. Der Wagen wurde von betrunkenen Soldaten in ihrem Auto gerammt und sie schlugen ihn zusammen.
Zum Glück kam so etwas in den Jahren ab 1953 nicht mehr vor und Papa nahm mich öfter auf seinen Geschäftsfahrten mit. Das aber nur mit Absprache der Schule, sobald es meine schulischen Leistungen zuließen. So habe ich viel gesehen und die Regeln im Straßenverkehr waren mir nicht mehr fremd, jedes Verkehrsschild abgefragt …….. !
Nicht umsonst besaß Papa noch einen Fahrlehrerschein von 1938 und ich war schon als Kind sein theoretischer Fahrschüler. Das machte es für mich einfach, so konnte ich später, bereits mit 17 Jahren, meinen Führerschein in Empfang nehmen. Das ging mit Einverständnis der Eltern und der Deutschen Volkspolizei.
Fortsetzung
Fotos und Grafiken ohne Benennung: Privatbesitz Gerd Seifert
Bildbearbeitung der Abbildung der Imbert Holzgasanlage Archiv Michael Deichmann auf EVP Danmark und radekrogus.blogspot.de , omnibusarchiv.de und anderen, Original in: H. Buscher: Die Imbert-Holzgas-Anlage und ihre Bedienung; Imbert Generatoren-Gesellschaft m.b.h., Köln-Braunsfeld, 1940, S.27 Faltblatt
Nach der Schließung der Grenze wurde Opa Fahrschullehrer beim Kraftverkehr, das hatte er bereits einmal während der Militärzeit gemacht. Und ausgerechnet mein Opa, als Fahrschullehrer mit der Straßenverkehrsordnung bestens vertraut, immer darauf achtend, dass der Fahrschüler keine Fehler macht, ließ alle Regeln außer acht, als ich mich auf den Weg ins Leben machte. Natürlich viel zu früh und ohne große Vorankündigung in die Geburtstagsfeier meines Vaters platzend, gab Opa Gas und schaffte es tatsächlich, meine Geburt auf dem Rücksitz seines Trabis zu verhindern. Auf dem Foto inspiziere ich ihn im Alter von 3 Monaten eingehend während eines Ausflugs an den Templiner See.
Seine Fahrlehrerkarriere fand ein Ende, als der Fahrschüler trotz aller Vorsicht und Umsicht in einen Unfall verwickelt wurde, bei dem sich Opa Wirbelbrüche zuzog. Bei seinem ehemaligen Kollegen habe ich noch den Autoführerschein gemacht, mit dem eigenen Trabi, man klemmte nur ein Fahrschulschild auf das Dach und ein paar zusätzliche Pedale für den Fahrlehrer an, das war alles. Mulmig war mir aber erst, als auf dem Leipziger Dreieck rechts und links neben mir zwei riesige russische LKWs standen und ich mir ausmalte, was passiert, wenn sie mich übersehen würden beim Abbiegen. Meinen Fahrschullehrer störte das weniger, er sang laut schallend neben mir die märkische Hymne „Steige hoch, du roter Adler“.
Doch zurück zu Opa Fritz. Inzwischen war er Meister der Kraftfahrzeuginstandhaltung, da er neben seinem Beruf ein Fernstudium absolviert hatte zwischen September 1960 und Juni 1962. Danach qualifizierte er sich 1964 in Lehnin zum nebenberuflichen BfN-Bearbeiter, BfN war das Büro für Neuererwesen. Viele Ideen hatte er ja immer, eine davon war ein Fahrschultrainer. Ich nehme an, der Unfall inspirierte ihn dazu, eine Lösung zu entwickeln, wie man den Schüler erst auf den Verkehr loslassen musste, wenn er die Grundprinzipien des Fahrzeuges verstanden hatte.
hier ist er im Trabant zu sehenhier in einem Wartburg, das Laufrad ist verkleideteine ausgediente Druckerwalze bildete die Grundlagehier bei Beschleunigung
Wie es häufig bei Menschen mit Erfindungsgeist ist, ihr Name bleibt ungenannt, ein Patent wurde nie in Erwägung gezogen und so ernten andere den Ruhm.
Am 1. Mai 1965 zeichnete man in Karl-Marx-Stadt mit dem Titel „Kollektiv der sozialistischen Arbeit“ eine überbetriebliche Arbeitsgemeinschaft für ihren Fahrtrainer aus, der dem Fahrschüler nun das Rüstzeug mitgeben sollte in Form von Trockenübungen, da der Leiter der Hauptverwaltung im Ministerium für Verkehrswesen, Ing. oec. Seeling, die städtische Fahrschule zur Musterfahrschule der Republik aufbauen wollte1. Interessanterweise hatten die praktischen Tests durch erste Fahrschüler in einem Wartburg-Torso stattgefunden, sie sahen, so wie Opa sich das überlegt hatte, einen Film mit Straßenverkehr, während sie das Auto steuerten.
Im September 1968 saßen in Berlin schon 30 Fahrschüler gleichzeitig in einem Raum im Fahrschultrabant und „fuhren“ entsprechend des ablaufenden Films ihre Strecke, dabei wurden alle Lenk-, Schalt-, Kupplungs-, Brems- und Gasbewegungen aufgezeichnet. Ebenso, ob man geblinkt hatte oder nicht2. Der Streifen Papier, der dabei entstand, wurde mir damals auch mitgegeben, als Beleg, die Fahrtrainerstunden bestanden zu haben. Das Kybexgerät zeichnete bereits 1968 auf, ob Fahrschüler richtige oder falsche Antworten in der Theorieprüfung gaben, entsprechend leuchteten rote oder grüne Lampen auf, die der Fahrschullehrer sah2.
Im April 1968 wurde Opa anlässlich seiner zehnjährigen Betriebszugehörigkeit im VEB Güterkraftverkehr und Spedition für seine vorbildliche Pflichterfüllung, großen Fleiß, einwandfreie Arbeitsausführung bei den umfangreichen Transportaufgaben und erfolgreichen Arbeit bei der Entwicklung des Betriebes zu einem sozialistischen Großbetrieb ausgezeichnet.
Bereits zu meiner Geburt besaßen Oma und Opa ein eigenes Auto. Der Verkauf der LKWs sorgte für die notwendigen Mittel und so wurde ein Trabant angeschafft. Einen solchen besaßen wir viele Jahre später ebenfalls, im Westen belächelt, im Osten ganzer Stolz der Besitzer. Vor allem war das Fassungsvermögen des Kofferraumes enorm und die gebogene Heckklappe öffnete sich entsprechend weit. So war die Ausführung des 500er sehr beliebt bei „Muckern“ (Bauern) und allen, die etwas zu transportieren hatten, egal ob Kartoffelsäcke oder Waschmaschine.
Oma, die als Sekretärin und Stenotypistin inzwischen ebenfalls beim Kraftverkehr arbeitete, lernte das Fassungsvermögen allerdings auf andere Weise kennen. Bei einer Urlaubsfahrt nach Thüringen sprang ihnen ein Hirsch durch die Frontscheibe ins Auto und rutschte bis zur Rückbank ins Auto. Sie hatten beide wirklich unglaublich viel Glück, da er wegen des Geweihs nicht mit dem Kopf hineingelangte und sie sich unverletzt unter dem Tier hervor graben konnte. Sie hatte sich auf der langen Fahrt auf der Rückbank zum Schlafen ausgestreckt und wurde auf diese Weise sehr unsanft geweckt.
Wir Kinder schliefen ebenfalls häufig auf der Rückbank, da dort das Bettzeug lag, welches für die Campingausflüge mitgenommen wurde. Dort eingekuschelt, zu Füßen die Kühltasche und alle möglichen anderen Dinge, war man ruckzug „weg“ und die Probleme des „Sind wir schon da?“, kamen gar nicht erst auf. Wir sind dann ausgeschlafen ausgestiegen, mitunter längst, von uns unbemerkt, am Ziel.
Beide besaßen einen Wohnwagen mit Vorzelt, auch hier war Opa aktiv und entwarf alles nach ihren eigenen Bedürfnissen, unter anderem bekam er eine Auflaufbremse. Später übernahm mein Onkel das Schmuckstück und hegte und pflegte es weiter. Wer ihn heute sehen möchte, kann das im Museum der Firma Hymer tun.
Dieser Wohnwagen ist mit seinem Zelt in meinen Erinnerungen natürlich viel größer, als er es tatsächlich war, es gab eine kleine Kochnische und der Tisch war versenkbar, damit alle Platz zum Schlafen hatten. Einmal waren beide unterwegs ins Dorf, wir waren auf ihrem Stammplatz am Plessower See, wo sie durch die vielen Campingjahre eine Menge Bekannte hatten. Es fing an zu regnen, so stark, es sah aus, als wäre der Wohnwagen unter Wasser, da der Regen keine Tropfen mehr bildete, sondern eine grüne Flut darstellte. Bald blitzte, donnerte und krachte um uns herum und wir machten uns große Sorgen, da beide unterwegs waren. Plötzlich tropfte es oben durch die Lucke. So gut die Dichtung war, diesen Guß hielt sie nicht aus. In unserer Not kamen wir auf die Idee, Kaugummi hineinzudrücken. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte es auf zu regnen und beide trafen mit den Einkäufen ein. Wir beichteten Opa, das nun Kaugummi an der Deckenöffnung klebte, das war das einzige Mal, dass er sich freute, dass wir welches hatten.
In den nun folgenden Jahren entwickelte sich der Betrieb zum VEB Kombinat Kraftverkehr Potsdam, Stammbetrieb Güterkraftverkehr und Spedition Babelsberg, Opa, der inzwischen als Justiziar arbeitete, wurde am 7. Oktober 1970 und am 6. Februar 1980 zum Aktivist der sozialistischen Arbeit ausgezeichnet.
Die Urlaubsfahrten änderten sich auch, es ging nicht mehr mit dem Wohnwagen auf die Campingplätze, sondern nach Kemnitz. Gegenüber des angestammten Campingplatzes hatte der Kraftverkehr am Seeufer eine Badestelle, zu der sein Ferienlager gehörte. Daneben konnten Oma und Opa sich ein idyllisches Grundstück schaffen, mit einem kleinen Wochenendhaus.
Hier werkelte Opa natürlich in seiner Freizeit und baute einen kleinen Erdkeller, um Getränke kühl zu halten, einen Schuppen für Werkzeug und Toilette, eine Ecke für den Kamin, um lange Abende draußen am Feuer sitzen zu können. Oma pflegte den Garten und wir Kinder verlebten hier schöne Stunden, lernten schwimmen und wanderten mit beiden um den See.
Eines Tages hatte Opa auf dem Grundstück eine Robinie fällen wollen. Als er merkte, der Stamm wollte nicht so wie er, überlegte er, ob er seinen Sohn um Hilfe bitten sollte und ging daher die Hände im Seewasser abspülen. Er, der uns immer gewarnt hatte, ohne Badelatschen an die Schilfkante zu gehen, damit wir uns nicht die Füße aufschneiden, machte genau das. Dieser Schnitt brachte ihn ins Krankenhaus zum Nähen. Als wir ihn dort besuchten, meinte er nur: „Ich sage Euch eines, alt werden ist Mist. Mein Kopf ist noch 18, aber dieser alte Körper schafft auch gar nichts mehr.“ Da war er bereits 80 Jahre !
Das Autofahren gab er kurz darauf auf. Er war sein ganzes Leben ein umsichtiger Fahrer, hatte nie einen Unfall verschuldet, aber er merkte, wie sehr ihn der immer stärker zunehmende Straßenverkehr belastete. So entschied er, seinen Führerschein abzugeben.
Die Zeiten und damit verbunden die Grundstücksverhältnisse änderten sich. So kam der Abschied von ihrem geliebten Wochenendhaus, ein wehmütiger letzter Gang, der Oma und Opa sehr geschmerzt hat.
Beide waren zwischenzeitlich aus ihrer alten Wohnung ausgezogen, da die Schlepperei mit Kohlen ein Ende haben musste. Nun genossen sie ihre Zeit auf „Balkonien“ mit weitem Blick über Potsdam.
Leider wurde Opa sehr krank und es stand daher ein letzter Umzug an, um vor allem Oma von der Pflege zu entlasten. Beide verbrachten ihre letzten gemeinsamen Jahre im Altersheim, wo Opa am 31. Januar 2006 sein erfülltes und erlebnisreiches Leben vollendete.
Er hatte einen Bogen aus dem Kaiserreich bis in die Bundesrepublik geschlagen, politische Systeme kommen und gehen gesehen.
Gewiss, er war manchmal dickköpfig, sehr streng mit sich und anderen, sicher kein einfacher Charakter, aber er war der beste Opa, den ich hätte haben können. Er erzählte auf die spannendste Weise bei Spaziergängen durch die Schlösser und Gärten von der Geschichte Brandenburgs. Wusste unglaublich viel, vermittelte mir den Drang, nach den Vorfahren und ihren Geschichten zu suchen und vor allem eines, ein tiefes Heimatbewusstsein. Seine Lebensweisheiten begleiten mich bis heute.
Danke für alles, was Du mir auf den Lebensweg mitgegeben hast.
Die Tränen alle die ich weine, Du siehst sie nicht, nicht meinen Schmerz. Was ich an Dir verloren habe, das allein weiß nur mein Herz.
Quellen: Familienarchiv wikipedia 1Neue Zeit vom 25. Mai 1965 S. 7 2Neues Deutschland vom 28. September 1968 S.8
Am 1. April 1946 konnte sich Opa Fritz, frisch aus der amerikanischen Gefangenschaft entlassen, in Woltwiesche melden. Hier wurde ihm am 3. Mai 1946 ein vorläufiger Ausweis ausgestellt.
Die Möglichkeit, im Niedersachsen einen Neuanfang nach dem Krieg zu beginnen, stand ihm offen, er kam als Reichsbahn-Beamten-Anwärter und Schlosser zu Büssing-NAG Braunschweig und war nicht allein, da seine Schwägerin hier Verwandtschaft hatte.
Doch letztlich entschied er sich, nach Potsdam heimzukehren, hier lebte doch die ganze Familie, Frau, zwei Kinder, die Eltern. Am 23. Mai 1946 gestattete ihm das Arbeitsamt Braunschweig die Kündigung unter der Auflage, tatsächlich in den russischen Sektor zurückzukehren. Am selben (!) Tag stempelt man in Potsdam einen vorläufigen Ausweis, da dem „Zuzug“nichts entgegenstand.
Er war zu Hause.
Das vor allem durch den Luftangriff auf Potsdam am 14. April 1945 zerstörte Stadtzentrum mit St. Nikolai, im Vordergrund die Trümmer vom Palast Barberini (Foto 1.1.1947)1
Die Stadt seiner Kindheit lag in Trümmern, so begann zunächst eine Phase des Aufräumens, auch Oma war nun Trümmerfrau.
Anderthalb Jahre später, am 28. Januar 1948, nahm er bei Auto-Ebel eine Tätigkeit als Werkmeister auf und blieb dort bis zum 21. August 1951. Die Firma hatte einen guten Ruf in Potsdam. Die einstige Schmiede in der Potsdamer Luisenstraße hatte bereits 1898 den Hufbeschlag der Garnisonspferde durchgeführt, später den königlichen Fuhrpark mit seinen Kutschen und Equipagen betreut. Ab 1910 wurden Kraftfahrzeuge in den Service übernommen, ab 1937 offerierte man den Service für anspruchsvolle Automobile wie Opel, Steyr, Maybach, Adler oder DKW.
In der Zwischenzeit reifte der Plan, sich als Fuhrunternehmer selbstständig zu machen. Dazu war es nötig, einen LKW zu besitzen.
Ich erinnere mich noch gut an die Zeit als Kind, wenn es hieß, Opa geht zur Garage. Das war für uns ein geheimnisvoller Ort und es gab keine Sekunde des Zögerns, wenn er fragte, ob man mitkommen möchte. Die Garage war ein Erinnerungsort, auf dem Weg und dort erzählte er viel von „früher“.
Oben, an der sehr hohen Decke, gab es einen schwarzen Fleck vom Auspuff, verursacht beim Starten des Motors. Er erzählte vom Holzvergaser, der unterwegs mit Holzresten gefüllt werden konnte, damit der LKW fahren konnte, von der Kurbel zum Anlassen eines Motors, die auf keinen Fall losgelassen werden durfte wegen des Rückschlages und vieles mehr. Wir lernten hier eine Menge, das man Motoren mit der Öllampe vorwärmen konnte, was er sich alles ausgedacht hatte und wie er seine Ideen umsetzte. So sorgten seine beruflichen Kenntnisse und eine Menge Einfallsreichtum dafür, aus vorhandenen Wracks einen lauffähigen LKW zusammenzubauen. Ein vorhandener Renault-Rahmen bildete die Basis, Aufbauten, Bremsanlagen und weiteres montierte er selbst.
Zu transportieren gab es damals viel und so machte Oma ebenfalls einen LKW-Führerschein. Einerseits faszinierte uns das, andererseits amüsierte es uns, wenn sie erzählte, wie sie sich Holzklötze angebunden hatte, da die Füße nicht an die Pedalen reichten, um die Prüfung zu machen. Natürlich kümmerte sie sich um die Buchhaltung, Rechnungswesen war ein Teil ihrer Berufsausbildung gewesen und so ergänzten sich beide ganz vorzüglich.
Die Steuererklärung des Jahres 1952 ist uns erhalten geblieben und zeigt, was der Finanzexperte der CDU, Friedrich Merz, im Jahr 2003 für ein Konzept plante, als er erklärte, sie müsse auf einem Bierdeckel erklärbar sein. Ein Blatt mit allen Zahlen reichte damals dem Finanzamt.
Einnahmen von 20.756,24 M standen Ausgaben von 14.205,74 M gegenüber. Gewinn 6.550,20 M. Das waren monatlich 545,88 M, ein durchschnittlicher Arbeiter in Deutschland bekam etwa 147 M2 im Monat. Das sieht natürlich danach aus, als wären meine Großeltern nun reich geworden. Natürlich nicht, es lebte eine ganze Familie von dem Gewinn und Sparsamkeit blieb weiter an der Tagesordnung, da von Anfang an klar war, ewig würde der aufgebaute LKW den Anforderungen nicht genügen.
Die Auftragslage war gut und so wurde ein zweiter LKW angeschafft. Der Phänomen-Granit 27 war ein Zweitonner des VEB Kraftfahrzeugwerk Phänomen Zittau der ab 1951 gebaut wurde. Der Renault erhielt einen neuen Aufbau, der original für den Granit 27 hergestellt wurde.
Dieser Anhänger war nach eigenen Entwürfen gebaut, da man so auch komfortabler Urlaub machen konnte.
Wenn einer den Campinganhänger und das Reisen damit erfunden hat, so muss das mein Opa Fritz gewesen sein. Wir hörten oft als Kinder, wie Schrank, Bett und Gartenbank auf die LKW Pritsche kamen, meine Urgroßeltern saßen dort und es ging dann in den Urlaub. Natürlich war auch Peter, der Kater, dabei. Er wärmte sich gern auf dem Motor des LKW und einmal war er wohl so voll Schmiere, dass er nach dem Ablecken des Fells Durchfall bekam.
mit Kater PeterUrlaub in Unterweißbach / Thüringen 1954.Urlaub in Hennersdorf / Erzgebirge 1955Burg im Spreewald
Die Bilder zeigen einige Ausschnitte dieser Urlaubsfahrten und bieten einen kleinen Einblick in das Innenleben der Pritsche.
So idyllisch diese Fotos erscheinen, so tief steckte doch der Krieg noch in ihnen. Es wurde immer wieder berichtet, dass es Momente gab, in denen es hieß: „Flieger, werft euch in den Graben!“ und alles lag wirklich flach auf dem Boden, obwohl beispielsweise nur die Sirene vor der Sprengung von Felsen warnte.
Ab dem 1. April 1958 wurde aus dem selbständigen Fuhrunternehmer der angestellte Spediteur des VEB Güterkraftverkehrs in Babelsberg, der mit seinen eigenen LKWs Ladungen fuhr.
Heute würde man das als Scheinunternehmer bezeichnen, der offiziell als Subunternehmer angefangen hatte, jedoch nur einen Auftraggeber hat und daher letztlich als Angestellter des Unternehmens anzusehen ist. Damals war es eher der „sanfte“ Zwang und die „schleichende“ Enteignung der privaten Unternehmer in Richtung Volkseigentum.
Diese mehr oder weniger freiwillige Zusammenarbeit mit dem VEB Güterkraftverkehr hatte seine Vorgeschichte im Sommer 1949, als eine Industrie-Vereinigung volkseigener Betriebe „Wirtschafts-Kraftverkehr“ für das Land Brandenburg in Potsdam gegründet wurde.
Die Verwaltungen Volkseigener Betriebe (VVB) Kraftverkehr wurde auf Anordnung des Ministers für Wirtschaft vom 5. August 1949 gebildet. Ihre Aufgaben bestanden in der Durchführung von Güter- und Personentransporten mit Kraftfahrzeugen (Bussen, LKW, Taxis), sowie in der Unterhaltung von Kraftfahrzeugreparaturbetrieben. Es existierten sowohl reine Einsatzstellen für den Personen- und Güterverkehr und reine Reparaturbetriebe, als auch beide in Kombination. Diese Vereinigung sollte durch eine Zusammenfassung der volkseigenen Fahrzeuge eine rationellere Ausnutzung des Transportraumes herbeiführen und in Zusammenarbeit mit dem privaten Kraftfahrzeugwesen der Versorgung der volkseigenen Schwerpunkt- und Kommunalbetriebe seine besondere Aufmerksamkeit widmen. Dazu sollten im Lande Brandenburg neun Bezirksstellen eingerichtet werden und zur reibungslosen Aufrechterhaltung des Verkehrs auch eine Anzahl von Reparaturwerkstätten in ihren Wirkungskreis einbezogen werden, unter anderem die Großreparaturwerkstatt Ludwigsfelde bei Berlin3.
Auf der Grundlage der Verordnung über Maßnahmen zur Einführung des Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungsführung in den Betrieben der volkseigenen Wirtschaft vom 20. März 1952 wurde die VVB zum 1. Juli 1952 aufgelöst. Mit der Bildung der Bezirke Potsdam, Cottbus und Frankfurt (Oder) wurden drei Verwaltungen volkseigener Betriebe Kraftverkehr gebildet. Diese stellten ihre Tätigkeit zum 31. Mai 1954 mit der Bildung von Bezirksdirektionen für Kraftverkehr bei den Räten der Bezirke, Abteilung Kraftverkehr, ein.
Opa schaltete damals auch verschiedenen Anzeigen in der „Neuen Zeit“ zwischen 1956 und 1961, da er ein Auto erwerben wollte und Ersatzteile rar waren.
Das Ende seines nunmehrigen Fuhrgeschäftes kam durch den Bau der Mauer am 13. August 1961. Wie er erzählte, war er kreuz und quer durch Berlin und das Umland unterwegs. Für Lieferungen von Potsdam aus ein kurzer Weg, er kam immer über die Glienicker Brücke, die Berliner Straße entlang, auch, als die Grenzen geschlossen wurden, diesmal auf dem Weg nach Hause. Er konnte mit Mühe und Not den Grenzern klarmachen, dass er in Potsdam wohnt und dort seine Familie hatte, die Kontrolle seiner Papiere belegte das und daher ließen sie ihn durch, ansonsten hätte er in West-Berlin fest gesessen. Fortan war ein großer Umweg erforderlich, da jede Fuhre um Berlin herum gefahren wurde, was auf Dauer unwirtschaftlich war und daher andere Strukturen her mussten.
Wieder musste Opa Fritz sich beruflich neu orientieren.
Der junge Mann, der hier so kräftig neben seinem Vater auf dem Trottoir in Potsdam ausschreitet, ist mein Opa Fritz, geboren am 6. Februar 1915 in Potsdam.
Mich faszinierten diese großen ausgetretenen Steine mit ihrem Moos in den Fugen als Kind. Das hier schon der „Alte Fritz“ entlang gegangen sein könnte, dann der „junge“, genau wie ich, wenn ich zur Schule lief, trotz zweier Weltkriege, erschien mir damals unfaßbar. Ebenso mochte ich das Wort „Trottoir“, niemand sagte Bürgersteig und am Rand lag ein Bordstein, der nicht aus Beton bestand, wie heute.
Potsdamer hatten eine Reihe von Wörtern in ihren Sprachschatz übernommen, der zeigte, wie stark der Einfluß der angesiedelten Hugenotten war. Allerdings vereinfachte mein Opa manches auf eine lustige und kindgerechte Weise. So auch die Herkunft der Wortes Trottoir, indem er meinte, das kommt davon, weil Kinder hier entlang „trotten“. Es gab so einige dieser Wortspielereien – der Löwe heißt Löwe, weil er durch die Wüste „löwt“ und mehr, was zu immer neuen Ideen reizte.
Das Foto dürfte gegen Ende seiner Schulzeit aufgenommen worden sein. Danach begann er eine Elektrikerlehre, sein Lehrbuch der Berufsschule besitze ich noch, auch einige seiner Schulbücher.
Nach kurzer Zeit merkte er jedoch, sein Talent lag nicht in diesem Bereich, da es ihm Fahrzeuge angetan hatten. So wurde er Maschinenschlosser bei August Schließmann Automobile G.m.b.H in Potsdam. Ein Umstand, der ihm im späteren Leben noch sehr nützlich sein würde.
Die Lehrzeit dauerte von 1. Juli 1929 bis zum 2. Juli 1932.
Da man in jungen Jahren zur Tanzschule ging, lernte er bereits in seiner Lehrzeit meine Oma Irmgard kennen, die zur höheren Handelsschule ging.
Nach seiner Ausbildung ging Opa im Januar 1934 zur Schutzpolizei, Omas damals bereits verstorbener Vater und ihre Onkel waren bei der Polizei, so hatte er sicher einen gute Vorstellung davon, welche beruflichen Möglichkeiten, und im Alter auch Pensionsansprüche, welche die Familienplanung beider sichern würden.
Zudem war er nicht nur geschickt, sondern auch sehr sportlich, was eine Reihe von Ehrungen aus dieser Zeit belegen. Eine davon ist der abgebildete 2 -Kilometer-Preis der Potsdamer Kanu-Gesellschaft (P.K.G.) der Jugend im Kajak von 1932.
Politisch entwickelte sich ganz abseits von Potsdam seit November 1918 in den Sudetengebieten eine brisante Lage. Man hatte im Vertrag von Saint-Germain die Tschechoslowakei als souveränen Staat bestätigt und ihr die Sudetengebiete, inklusive der von Deutschösterreich beanspruchten Gebiete gegen den Willen der Bevölkerung zuerkannt. Die rund 3,5 Millionen Sudetendeutschen begannen sich daraufhin zu organisieren und forderten die Autonomie. Ab 1933 massiv von der in den folgenden Jahren zunehmend nationalsozialistisch geprägten Sudetendeutschen Partei (SdP), die sich in den Wahlen vom Mai 1935 als stärkste Partei des Landes durchsetzte.
Der Führer dieser Partei, Konrad Henlein, forderte bereits am 19. November 1937 Deutschland auf, die Sudetendeutschen zu unterstützen. Während Hitler erste Studien für ein künftiges Vorgehen gegen die Tschechoslowakei im April 1938 erarbeiten ließ, stellte Henlein sein Karlsbader Programm auf, welches von der Regierung der Tschechoslowakei abgelehnt wurde. Am 21. Mai 1938 wurde die Mobilmachung ausgerufen. Hitler fühlte sich durch dieses Vorgehen provoziert. Nach mehreren Unterredungen in England wurde am 30. September 1938 das Münchner Abkommen durch Vertreter der Entente und ihrer Verbündeten im Ersten Weltkrieg – unter Abwesenheit der nicht geladenen Vertreter der Tschechoslowakei – geschlossen. Der Anschluß des Sudetenlandes an das Deutsche Reich wurden damit der Tschechoslowakei aufgezwungen. Am 1. Oktober 1938 besetzten deutsche Truppen das Sudetenland, polnische Truppen besetzten zwischen dem 2. und dem 11. Oktober 1938 das Olsagebiet, Teile der südlichen Slowakei und Karpatenukraine mit überwiegend ungarischer Bevölkerung wurden Ungarn am 2. November 1938 zugesprochen. Durch diese Zerschlagung der Tschechoslowakei konnte der Ausbruch des zweiten Weltkrieges im Herbst 1938 verhindert werden.
Die deutsche Polizei wurde bereits ab 1933 zentralisiert und 1936 in die Ordnungs- und die Sicherheitspolizei aufgegliedert. Zuständig für die Neuorganisation war Heinrich Himmler, der als „Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei im Reichsministerium“ dem Innenminister und als SS-Führer Hitler direkt unterstellt war.
Das Hauptamt Ordnungspolizei bestand aus der uniformierten Polizei (Schutzpolizei, Gendarmerie, Gemeindepolizei) und hatte seinen Sitz bis 1945 im Reichsministerium des Inneren, Berlin, Unter den Linden. Das betraf Oskar, den Onkel meiner Oma, der nach der Flucht aus dem Elsass zunächst Gendarmeriemeister in Sputendorf und Philippstal war, später bis zur Pensionierung in Putlitz.
Mitglieder der nicht uniformierten Sicherheitspolizei waren Kriminalpolizei (Kripo) und Geheime Staatspolizei (Gestapo). Die Leitung des Hauptamt Sicherheitspolizei bekam 1936 SS-Gruppenführer Reinhard Heydrich , der seit 1933 im Auftrag Himmlers aus den politischen Polizeien der Länder den Sicherheitsdienst (SD) aufgebaut hatte. 1939 wurde der Sicherheitsdienst (SD) „angeschlossen“ und das Hauptamt Sicherheitspolizei in Reichssicherheitshauptamt (RSHA) umbenannt. Unter diesem wurden zahllose Gräultaten in den besetzten Gebieten verübt.
Omas Onkel Gustav Freitag, Bruder ihres Vaters, baute die Kriminalpolizei in Berlin mit auf, dort war er 1925 Kriminal-Assistent und 1933 Kriminal-Sekretär, den Anschluß ins RSHA mußte er zum Glück nicht mitmachen, da bereits in Pension.
Die Polizei war am 1. Oktober 1938 als „Schutztruppe“ für die Deutsche Minderheit beteiligt an der Errichtung des „Protektorats“ auf dem Gebiet der Tschechoslowakei.
Man verfügte in Deutschland zu diesem Zeitpunkt über 62. 000 Polizisten bei der Ordnungspolizei, von denen 9.000 in je 108 Mann starken Polizeihundertschaften zusammengefasst waren. Weil Polizisten vom Wehrdienst freigestellt waren, erreichte die Ordnungspolizei bis 1939 eine Stärke von 131.000 Mann, 16.000 wurden daher als Polizeidivision bei Kriegsausbruch der Wehrmacht überstellt (später 4. SS-Polizeigrenadierdivision).
1.162.617 mal erreichte der Dank des Führers die Beteiligten in Form der Sudetenland-Medaille, die ab 1. Mai 1939 auch für „Verdienste um die Schaffung des Protektorates Böhmen und Mähren“ verliehen wurde. Opa wurde diese Medaille am 1. Oktober 1939 bei der Luftwaffe verliehen.
Fritz allerdings schied als Unterwachtmeister bereits am 30. April 1935 aus dem Landespolizeidienst aus und verpflichtete sich unter Anrechnung des Polizeidienstes zu 4 1/2 Jahren Dienstzeit bei der Luftwaffe. Die Dienstverpflichtung sollte am 9. April 1939 enden. Das es anders kommen würde, ahnte er damals noch nicht.
Diese Entscheidung fiel vermutlich, da sein Bruder bereits bei der Luftwaffe war, nun wurden Flugzeuge von ihm gewartet.
Zur Ausbildung ging 1935-1936 zum Flieger-Horst Cottbus und Jüterbog-Damm. Zunächst als Gefreiter, 1936 dann zum Truppenteil der Luftkriegsschule Wildpark-Werder. Hier wurde er Unteroffizier und Fahrlehrer. 1938 gehörte er der Fliegergruppe 10 als Geräteverwalter an, ebenso dem I. Sturzkampfgeschwader 160, das im folgenden Jahr als 2. Flughafenbetriebskompanie I. Sturzkampfgeschwader 1 in Insterburg aufgestellt wurde. Die Eingliederung dort erfolgte mit der Bestallung als Feldwebel am 1. April 1939, er war Geräteverwalter (K), wie zuvor, bis 1942. Die Bestallungsurkunde vom 24. Dezember 1940 beförderte ihn zum Oberfeldwebel der Luftwaffe.
Die Kampfhandlungen des zweiten Weltkrieges führten ihn nach Frankreich, rund um das Mittelmeer, außer Spanien. Am 30. Juni 1941 kam der Marschbefehl1 mit Bitte um ungehindertes Geleit von Tripolis nach Kreta für ihn, 25 weitere Unteroffiziere und Mannschaften, dazu 7 Kraftfahrzeuge und Gerät. Im Afrika-Korps wurde ihm die Medaille „Deutsch-italienischer Feldzug Afrika“ verliehen, das Tragen jedoch am 29. März 1944 aufgrund des Seitenwechsels der Italiener zu den Alliierten verboten. Eine weitere Verleihung war eine Goldkordel zum Ärmeltätigkeitszeichen des Kraftfahrpersonals am 17. Mai 1942 vom Generalleutnant Fliegerführer Afrika. Zu diesem Zeitpunkt war er in der 2. Flughafenbetriebskompanie I. Sturzkampfgeschwader 3.
Über diese Zeit erzählte er zunächst nur bruchstückhaft, erst in hohen Alter redete er sehr viel mehr, vor allem über Afrika. Dieser Kontinent hatte ihn stark beeindruckt. Nicht nur die Landschaft, auch die Menschen.
Im Zelt sieht man ein Foto von Omi, die beiden hatten erst am 5. Oktober 1939 geheiratet.
Nach dem Abzug aus Afrika wurde er zur 1. Flak Abteilung Berlin-Tegel versetzt, dort blieb er bis 1943 als Oberwachtmeister und Geräteverwalter (K), ehe er zur Flakgruppe Ost Berlin als Oberwachtmeister und Beamtenstellvertreter (K) von 1943 – Oktober 1944 kam. Eine weitere Ausbildung an der Luftwaffenschule erfolgte bei der Kraftfahrtechnischen Schule der Luftwaffe in Rudolstadt vom 23. August 1944 – 15. Oktober 1944.
Am 16. Oktober 1944 wurde Opa der 5. Fallschirm-Jäger Division Panzerjäger Abteilung unterstellt als Beamtenstellvertreter (K).
Die 5. Fallschirmjäger-Division wurde nach ihrer Zerschlagung im Juli 1944 ab Oktober 1944 in Den Haag und Amsterdam aus den verbliebenen Resten der alten Division und Neuzugängen neu aufgestellt. Im November 1944 wurde sie der der 7. Armee zugeführt und am rechten Flügel der 7. Armee am Ostufer der Our kurz vor der Mündung in die Sauer in die Front eingeschoben. Hier hatte die Division den Auftrag, den linken Flügel der deutschen Ardennen-Offensive zu sichern. Nach Beginn der deutschen Offensive konnte die Division bis zum 24. Dezember über Wiltz Martelange erreichen, ohne Martelange erobern zu können. Auf Grund des hartnäckigen alliierten Widerstandes musste die Division zur Verteidigung übergehen. Es folgte der Rückzug der Division aus dem Gebiet südlich von Bastogne auf die Ausgangsstellung vor der Offensive. Im Januar 1945 stand die Division im Raum Wiltz und im Februar 1945 bei Prüm in der Eifel.
Allgemein fällt es Beteiligten oft schwer, über Kriegsgeschehen zu sprechen, wie man aus Befragungen von Zeitzeugen weiß, entsprechend dankbar waren wir für seine Erinnerungen, die er mit uns teilte. Natürlich versteht man vieles als Erwachsener ganz anders als ein Kind. Wenn ich auf meine Schulzeit zurück blicke, da war jeder Soldat natürlich ein „Nazi und Kriegsverbrecher“, man hätte ja in den Widerstand gehen können. Der Unterricht war, wie unter jeder politischen Strömung, entsprechend einseitig ausgerichtet. Heute ist einem viel bewusster, welcher Mut dazu gehört hatte, recht offen an seinen Bruder am 16. Februar 1945 zu schreiben:
„…Ich habe augenblicklich weniger Glück. Hatte zu erst die Geschäfte der Division geführt, für den abwesenden Inspektor. War dann überzählig nach seiner Ankunft und kam zur Panzerjäger – Abt. für einen gefallenen Kameraden. Die Einheit ist jetzt restlos zerschlagen, Kfz. habe ich nur noch wenige und da hat mich der Kommandeur als Infantrist in den Graben gesteckt. Unser Kommandeur ist ein noch sehr junger Oberleutnant, namens Sommer. Augenblicklich bin ich Gruppenführer in einer Panzer – Zerstör – Kompanie ( Ofenrohr und Panzerfaust ). Vor einigen Tagen hätte mich der Ammi bald gefangen genommen, er befand sich schon 200 m im Rücken meiner Gruppe. Wir konnten aber noch durch den Wald entwischen. Es drückt einem das Herz ab, wie die jungen unausgebildeten Leute ins Feuer gehen müssen, vier meiner Männer hatten nicht einmal Gewehre, so musste ich vorgehen. Auf meinen Hinweis verwies man mich nur auf den Befehl vorzugehen. Wenn mir mal was passieren sollte, dann weißt du wenigstens, unter welchen Umständen es geschah. …“
Zu diesem Zeitpunkt kamen Reste der Division noch bis an den Laacher-See und in den Ruhrkessel. Später stellte sich heraus, sein Vater, mein Urgroßvater, stand nur 30 km von ihm entfernt an der selben Front in Frankreich.
Und – Opa kam am 27. März 1945 in amerikanische Gefangenschaft, was er später als großes Glück im Unglück empfand.
Fortsetzung
Quellen: alle Fotos + Dokumente stammen aus unserem Familienarchiv Wikipedia
alle Fotos + Dokumente stammen aus unserem Familienarchiv ↩︎
I. Die derzeit erste mir bekannte Generation meiner Seifert-Vorfahren waren der Schäfer Ernst Gottlieb Seifert, gestorben 1872 in Poselwitz (Postolice), Legnica, Polen und seine Ehefrau Marie Rosine Berendtin, sie starb 1875.
Poselwitz1
Heute gehört Poselwitz zur Landgemeinde Groß Wandriß (Wądroże Wielkie) in Polen. Die St.-Martins-Kirche aus dem 15. Jahrhundert, ein kleiner Bau aus Stein und Ziegelstein mit einem sehr reich verzierten, für den Barockstil charakteristen Haupt- und Nebenaltar erhalten, beachtenswert ist die schöne Skulptur der gotischen Madonna. Die Skulptur stammt entweder aus dem nicht mehr bestehenden Kastenaltar oder einer anderen der Gemeinde, sie findet sich hier erst nach 1945. Die Kirche wird von seinem Friedhof umgeben, der aus dem 14. Jahrhundert stammt.
II. Ihr Sohn Johann Ernst Gottlieb Seifert wurde am 19. November 1815 in Poselwitz (Postolice) geboren und starb am 30. Oktober 1886 in Schönau (Ogrodnica).
Von Beruf war er Pachtschmiedemeister mit einer Wirterei im Unterdorf von Schönau.
Johann Ernst Gottlieb Seifert heiratete Marie Rosine Langer. Sie wurde 1819 in Dromsdorf (Drogomilowice), Legnica geboren und starb am 28. Januar 1875 in Schönau (Ogrodnica).
Schönau1
Schönau hatte um 1895 rund 125,4 ha Fläche, bestehend aus einem Wohnplatz, 41 Gebäuden, mit etwa 200 Einwohnern, zur Hälfte evangelischen, zur Hälfte katholischen Glaubens.
III. Sohn der beiden war der Kaufmann und Stellenbesitzer Karl Heinrich Seifert, geboren am 12. Oktober 1851 in Mönchhof (Gadków) , Legnica und getauft am 19. Oktober 1851 in Groß Baudiß (Budziszów Wielki), Legnica. Er starb am 24. Oktober 1927 in Kniegnitz (Ksieginice), Legnicki im Alter von 76 Jahren.
Er heiratete am 25. Januar 1876 Pauline Auguste Süßmann. Sie wurde am 5 Aug. 1852 in Mittel-Faulbrück (Moscisko), Walbrzych geboren und am 8. August 1852 in Königlich Gräditz (Grodziszcze), Walbrzych getauft. Im Alter von 80 Jahren starb sie in Kapsdorf (Czernczyce), Kreis Schweidnitz am 12. Mai 1933.
Mönchhof und Groß Baudiß1
Zur Zet des Mittelalters befand sich das Dorf Groß Baudiß auf dem Handelsweg von Leipzig nach Breslau, welcher „Hohe Straße“ genannt wurde. Im 12. Jahrhundert gehörte Groß Baudiß den Neisser Kreuzherren vom Orden der regulierten Chorherren und Wächter des Heiligen Grabes zu Jerusalem, mit dem doppelten roten Kreuz in Breslau (Wrocław), 1221 fand eine Ortsbestimmung, die dem deutschen Recht unterlag, statt. In Groß Baudiß befindet sich die Guter-Hirte-Kirche, die wahrscheinlich im Jahre 1250 entstand. An der Kirche befindet sich ein Friedhof aus dem 13. Jahrhundert. Das Gebäude blieb bis in unsere Zeit erhalten. Der spätere Hofbesitzer war Paul Müller-Baudiss, der die Umgebung der Residenz für Erholungsziele bestimmte.
Kapsdorf1
Kapsdorf (Czernczyce), Kreis Schweidnitz war ihr Wohnort, dort kamen ihre 7 Kinder zur Welt.
IV. Mein Urgroßvater Hermann Wilhelm Seifert kam am 9. September 1888 in Kapsdorf (Czernczyce), Kreis Schweidnitz zu Welt und starb am 28. Oktober 1975 in Potsdam. Am 7. Juni 1913 heiratete er in Altlandsberg Anna Marie Luise Paul. Uroma wurde dort am 28. Februar 1893 geboren und starb am 2. August 1983 in Potsdam.
Hier werde ich ein wenig mehr über Uropa erzählen.
V. Mein Opa Fritz Seifert kam am 6. Februar 1915 in Potsdam zur Welt. Damit war er der erste „Brandenburger“ Seifert unserer Familie.
Über sein Leben werde ich hier ein wenig mehr erzählen.
Am 21. Juli 1969 blieb ich eine ganze Nacht lang mit meinem Großvater auf. Wir standen im feuchten Gras, den Kopf gespannt im Nacken, vom See zog Dunst über das Grundstück und wir atmeten die Gerüche der Nacht ein. Er erklärte mir den Sternenhimmel und meinte, diese Nacht solle ich niemals vergessen, sie wäre ein historischer Moment – der erste Mensch auf dem Mond. Vorher hatte wir im Fernsehen die Berichterstattung gesehen, nun warteten wir gespannt auf die Meldung „Houston, Tranquility Base here. The Eagle has landed!“
Er meinte zu mir, „schau hin, man kann den Lichtreflex der Basis auch hier unten sehen“, und mir erschien es, als hätte ich es gesehen. Ich weiß nicht, ob meine Fantasie mir einen Streich spielte, oder ob er wirklich da war, aber die Tatsache, mit meinem Opa diesen großartigen Augenblick erlebt zu haben, machte diesen Moment für mich noch einzigartiger, zumal ich in dieser Nacht aufbleiben durfte, wo es doch sonst zeitig für uns Kinder ins Bett ging.