Das KZ Flossenbürg befand sich von 1938 bis zum 23. April 1945 nahe der Grenze zum damaligen Sudetenland, etwa auf halber Strecke zwischen Nürnberg und Prag. Das Stammlager gehörte zur Gemeinde Flossenbürg im Oberpfälzer Wald und besaß knapp 90 KZ-Außenlager. Heute befindet sich auf einem Teil des ehemaligen Lagergeländes eine Gedenkstätte.
Dieses Lager diente in erster Linie als Arbeitslager für Zwangsarbeiter, wobei die wirtschaftlichen Interessen an der Zwangsarbeit der Gefangenen im Vordergrund stand. Daher arbeiteten Gefangene nicht nur in den Steinbrüchen der Umgebung, sondern auch in der Produktion für das Jagdflugzeug Messerschmitt Bf 109. Die Bedingungen für die Kriegsgefangenen, Zwangsarbeiter, jüdischen und politischen Gefangenen unterschieden sich jedoch nicht von anderen Lagern. In Steinbrüchen wurde 12 Stunden täglich abgebaut, in der Produktion im Drei-Schicht-System gearbeitet, unmenschliche Arbeitsbedingungen, Nahrungs- und Kleidungsmangel, Drangsalierungen, Misshandlungen und willkürliche Tötungen waren an der Tagesordnung.
Nach der Befreiung am 3. April 1945 durch die US-Armee1 wurde das Lager von Juni – Juli 1945 bis März 1946 als amerikanisches Kriegsgefangenenlager für SS-Angehörige genutzt.2,3,4
Von April 1946 bis Oktober 1947wurde durch die UNRRA für über 2.000 sogenannte polnische Displaced Persons (DP) das Lager nachgenutzt.2,3
Ab 1948 brachte man aus Böhmen und Schlesien geflüchtete und vertriebene Deutsche unter, ehe sie anderweitig unterkamen.3,5 Anschließend verschwanden die ehemaligen Lagerbaracken und andere Lagereinrichtungen.
Malkotscher in „Beugehaft“
Im „Sudetengau“ wurden ca. 25.000 Umsiedler in Lagern untergebracht, Schlackenwerth an der Eger nahm Dobrudschadeutsche auf. Da sich 88 Männer und 12 Frauen aus Malkotsch nicht einbürgern lassen, sondern in die Heimat zurückkehren wollten, wurden sie in das Konzentrationslager Flossenbürg gebracht, die Frauen schaffte man zeitgleich in das KZ Ravensbrück. Vom 2. Juli bis 17. Oktober 1942 wurden sie dort „behandelt“, am 18. Oktober erhielten sie eine „2. Chance“ und waren nun „bereitwillig“ zur Einbürgerung.
In der Tabelle finden sich die von mir bereits in den Archiven gefundenen Personen:
2 Jörg Skriebeleit: Flossenbürg-Hauptlager. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Flossenbürg. Das Konzentrationslager Flossenbürg und seine Außenlager. C. H. Beck, München 2007, S. 53 f.
3 Zeitleiste nach 1945. Begegnungsraum Geschichte auf der Website der Universität Passau, (PDF).
4 KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, Stiftung Bayerische Gedenkstätten (Hrsg.): Was bleibt, Nachwirkungen des Konzentrationslagers Flossenbürg; Katalog zur ständigen Ausstellung. Wallstein Verlag, 2011, S. 54 (222 S.).
5 Peter Heigl: Konzentrationslager Flossenbürg. In Geschichte und Gegenwart. Mittelbayerische Druck-und-Verlags-Gesellschaft, Regensburg 1994, S. 81.
wikipedia, Foto wikipedia
https://memorial-archives.international
Arolsen Archives
Europa, Registrierung von Ausländern und deutschen Verfolgern, 1939-1947
Um Ihnen, werter Leser, die Gelegenheit zu geben, sich mittels weniger beispielhafter Zeitzeugenberichte selbst ein Verständnis der Geschehnisse zu verschaffen, hier einige Verweise, diese Links stehen weder in meiner Verantwortung, noch geben sie meine Ansichten wieder:
Brief von Gisela Sch. an die Eltern – geschrieben nach dem unmittelbaren Erleben des Angriffs auf Dresden – diesen Angriff mussten auch unsere Angehörigen erleben, Autorin: Gisela Sch. bzw. Original1
Ella Steingräber, geboren 1932 in Bessarabien spannt in mehreren Videos einen Bogen von der Kindheit in die heutige Zeit, erzählt über Umsiedlung und Flucht als Zeitzeugin3
Artur Weiss, Buchautor, 1931 in Bessarabien geboren und einer der wenigen Zeitzeugen, die in der DDR lebten und auch aus dieser Sicht ihren Lebensweg schildern5
Da für viele unbegreiflich ist, weshalb sich die Umsiedler zur Waffen-SS haben einziehen lassen, sind diese Berichte vielleicht ein Ansatz zum Verständnis:
Weiterführend wäre das Buch Die „Rückführung“ der Volksdeutschen am Beispiel der Bessarabiendeutschen von Heinz Fieß, dazu eine Rezension der „Revista BUNĂ – Zeitschrift für Befreiung & Emanzipation – nicht nur in Rumänien“ mit zahlreichen Quellbelegen.
Aus der Dobrudscha von L. Rode
Es ist ein eigenthümliches Stück Erde, welches den Namen "Dobrudscha" führt. Seit dem Beginn der jüngsten orientalischen Wirren wieder häufig genannt, und vielleicht dazu bestimmt, in den nächsten Monaten der Schauplatz des doch wohl unvermeidlichen türkisch-russischen Entscheidungskampfes zu sein, dürfte die Dobrudscha wohl einigen Anspruch haben, auch der deutschen gebildeten Welt vorgestellt und, wenn auch nur in kurzen Zügen, geschildert zu werden.
Indem ich mich anschicke, dies auf den folgenden Blättern zu thun, will ich nur die Bemerkung vorausschicken, daß ich nicht nach Hörensagen beschreibe und schildere, sondern aus eigener Anschauung, da ich fast zwei Jahre hindurch an Ort und Stelle gelebt und Gelegenheit gehabt habe, Menschen und Dinge, Zustände und Verhältnisse kennen zu lernen.
Bekanntlich ist die Dobrudscha der nordwestlichste Theil der europäischen Türkei und der Provinz Bulgarien. Die Grenze bildet im Westen und Norden die Donau, im Osten das schwarze Meer; als Südgrenze darf man wohl die nördlich der Eisenbahnlinie Rustschuk-Varna sich erhebenden letzten Ausläufer des Balkan bezeichnen. Den äußersten Nordrand bildet das mehr als 70 Quadratmeilen große Donaudelta. Ehedem gehörte die Dobrudscha zur römischen Provinz Moesia inferior mit dem Hauptorte Tomi (später Konstantia, jetzt Küstendje). Hierher ward der Dichter Ovid verbannt; hier, unter dem wilden Getenvolke hausend, hatte er Zeit und Muße, über die Metamorphosen des menschlichen Glückes nachzudenken, von hier aus sandte er seine rührenden Trauergesänge und Klageepisteln über das Meer nach Rom; hier starb er im Jahre 17 nach Christi Geburt, hier wird noch heute sein Grabhügel gezeigt.
Der bei weitem größere südliche Theil der Dobrudscha ist ein ödes, unfruchtbares wasserarmes Steppenland; mageres Gras bedeckt die weite Fläche, auf welcher sich kaum hier und da ein verkrüppeltes Bäumchen erhebt. Während im Sommer eine glühende Hitze den Aufenthalt in dieser Wüstenei unerträglich macht, fegen im Winter furchtbare Schneestürme darüber hin und erstarren alles Leben zu Eis. Selbst die im Frühjahr sowie im Herbst herniederrauschenden Regengüsse, von deren Gewalt man sich im Abendlande keine Vorstellung machen kann, vermögen den Boden nicht zu befruchten, da derselbe bei seiner eigenthümlichen Beschaffenheit alle Feuchtigkeit sofort einzieht. Kein Wunder, daß diese Einöde so gut wie gar nicht bewohnt ist. Nur Schaf- und Ziegenherden fristen hier ein kümmerliches Dasein, und ihre Hirten sind die einzigen Menschen, denen der Reisende begegnet. Wilde rauhe Gestalten diese Hirten. Auf dem Haupte eine große schwarze Pelzmütze, den Körper eingehüllt in einen weiten Schafpelz, dessen Fell an heißen Tagen nach auswärts gekehrt ist, während die eigenen schwarzen Haare in wirren Strähnen weit über die Schulter herabhängen, in dem breiten Gürtel Messer und Beil, so schlendern sie hinter der Herde her, oder stehen gestützt auf ihren Stab da, oder liegen auch schlafend im Grase, unbekümmert um die Sonne, die auf sie herniederbrennt, auch unbekümmert um die Herde, die der treue Hund besser bewacht, als sein Herr.
Diese wüste Dobrudscha war es, in welcher zur Zeit des letzten orientalischen oder Krimkrieges eine französische Heeresabtheilung kläglich zu Grunde ging. General Espinasse unternahm im August 1854 von Varna aus mit 5000 Mann eine Expedition nach Norden, um die Russen aus ihren Stellungen bei Tultscha und Babadagh zu vertreiben. Ohne Kenntniß der Gegend, ohne auf die Warnungen Kundiger zu achten, ging es vorwärts. Bald aber trat die höchste Noth und Erschöpfung ein. Die Lebensmittel gingen aus, das Wasser fehlte bald gänzlich; die wenigen Wüstenbrunuen waren von den Türken selbst verschüttet und zerstört worden, und dazu brannte bei Tage die Sonne sengend hernieder, während bei Nacht empfindliche Kälte eintrat. Die Disciplin ging völlig aus den Fugen, die Soldaten verweigerten den Gehorsam, Espinasse mußte zurück; aber nur so viel hunderte wie tausende ausgezogen waren, zogen in Varna wieder ein. Ja, eine solche Wuth hatte sich der Soldaten bemächtigt, daß sie den sonst so beliebten General in den Straßen der Stadt vom Pferde rissen und mißhandelten. Noch nach Jahren sah man die Gebeine der umgekommenen Franzosen in der Steppe bleichen.
Einen Abschnitt bildet die die Dobrudscha auf ihrer schmalsten Stelle durchschneidende Eisenbahnlinie Küstendje-Czernawoda. Etliche Stunden nordwärts von dieser Eisenbahnlinie verändert sich das Land gänzlich. Die Ebene, die Steppe hört auf, ein welliges Hügelland beginnt und erhebt sich allmählich zu jenem romantischen Waldgebirge, welches fast den ganzen Norden der Dobrudscha, d. h. die Gegend zwischen Babadagh, Tultscha und Matschin erfüllt. "Ein romantisches Waldgebirge," so sagt’ ich, und sag’ es im wohlbewußten Widerspruch gegen alle diejenigen, welche gerade den Norden der Dobrudscha als ein mit Fiebern und allen möglichen Krankheiten geplagtes Sumpfland und die Einwohner als hohläugige bleichwangige, vom Fieberfrost geschüttelte Menschenkinder darstellen. Das gilt höchstens von den wenigen Bewohnern des Donaudeltas, auf welches ich noch zurückkommen werde, aber in der nördlichen Dobrudscha selbst, d. h. in ihrem bewohnten Theile wohnt ein so gesunder Menschenschlag wie irgendwo auf Erden, und die zwei Jahre, die ich selbst dort mitten im herrlichsten Urwalde zugebracht, haben meinem durch Stubenluft angekränkelten Körper so wohl gethan, daß ich nur mit größter Freude an jene Zeit zurückdenken und die Erlebnisse und Eindrücke derselben mir vergegenwärtigen kann.
Etwa 200 - 300 Meter hoch, stellenweise noch höher, ziehen sich die Bergketten von Westen nach Osten, bis zum Gipfel bestanden mit den prächtigsten Eichen und Linden, zwischen welche Rüstern, Eschen und andere Bäume eingestreut sind. Hier und da treten auch kahle spitze Felsenkuppen hervor. Zwischen den Bergketten zeigen sich schöne nicht allzubreite Längsthäler durchrauscht von klaren Bächen und sprudelnden Quellen. Blumen der mannigfaltigsten Art und Farbe bedecken den grünen Boden, unter ihnen dunkelrothe Päonien und schlanke Kaiserkronen. Bunte Vögel beleben die grüne Wildniß, und zwar besonders häufig die Mandelkrähe, deren farbiges Gefieder an das der Papageien erinnert, so daß der Reisende sich in Tropenländer versetzt glauben kann.
Der größte Theil dieses Waldgebirges ist wohl noch von keiner Axt berührt worden, ist wirklicher Urwald. Hin und wieder aber ist das Dickicht ein wenig gelichtet, menschliche Wohnungen erheben sich, üppige Ackerfelder dehnen sich aus, und wunderbar! unter den grünen Kronen der Eichen wächst und reift der goldene Weizen, an sonnigen Abhängen auch ein schmackhafter Wein.
Bekanntlich ist die Dobrudscha diejenige Provinz der europäischen Türkei, in welcher die eigentlichen Türken am dichtesten gesäet sind; dies hindert jedoch nicht, daß Abkömmlinge der verschiedensten Nationalitäten sich gleichfalls in diesem schönen Erdenwinkel angesiedelt haben, der in der That nach dieser Hinsicht einer wahren Musterkarte gleicht, sowohl was die Städte, als was das freie Land betrifft, aber immer nach dem Wahlspruch: schiedlich - friedlich! In den Städten gibt’s ein Türkenviertel, ein Bulgarenviertel, ein Russenviertel u. s. w. Auf dem Lande trifft der Reisende hier ein Dorf, in welchem nur Türken hausen, dort ein Bulgarendorf, eine Stunde weiter ein Russendorf, nicht weit davon eine moldauische Kolonie. Weiterhin glaubt man in eine Ansiedelung von Troglodyten zu gerathen, denn nur Strohdächer und Schornsteine sieht man aus dem Boden hervorragen, während die Wohnungen unter der Erde liegen. Die schiefgeschlitzten Augen, die stark hervortretenden Backenknochen der Bewohner gestatten keinen Zweifel: es sind Tartaren, die sich hier niedergelassen haben, Krimtartaren, die nach der Eroberung ihres schönen Vaterlandes durch die Russen auswanderten und hier eine neue Heimat fanden, übrigens ein fleißiges, friedliches, wenn auch unsauberes Völkchen.
Ganz anders die jüngsten Ansiedler der Dobrudscha, die Tscherkessen. Auch sie wollten sich der Herrschaft des Zaren nicht beugen. Ergrimmt, daß sie nicht mehr Herren sein sollten in ihren Bergen und daß ihren Raubzügen ein donnerndes Halt zugerufen wurde, fluchten sie ihrer Heimat und ihren Unterdrückern und folgten den Lockungen des Padischah, der ihnen neue bessere Wohnsitze verhieß, der aber gar bald die Erfahrung des Zauberlehrlings machen mußte: "Die ich rief, die Geister, werd’ ich nun nicht los!" In Armenien und Kleinasien, wohin sie zuerst verpflanzt wurden, setzten diese geborenen Räuber natürlich ihr Handwerk fort zum großen Schaden von Land und Leuten. Man suchte sie daher durch Trennung und Vereinzelung zu zähmen. Etliche tausend Familien wurden nach Europa übergeführt, und zwar hauptsächlich in die Donaugegenden, wo sie zugleich nöthigenfalls Vorpostendienste gegen ihre Erbfeinde, die Russen, thun konnten — und vielleicht bald thun werden. Am besten aber gefiel’s ihnen in den Bergen der nördlichen Dobrudscha, die sie wohl an ihr Vaterland erinnern mochten. Es wurden ihnen Plätze zur Anlegung von Dörfern angewiesen, die Einwohner der benachbarten Ortschaften mußten sogar auf Befehl der Regierung ihnen helfen die Häuser zu bauen, mußten ihnen auch Mais zur ersten Aussaat und andere Lebensmittel liefern, aber Art läßt nicht von Art. Das Stillsitzen war nichts für die wilden Gäste; hinter oder gar vor dem Pfluge herzugehen schien ihnen eines freien Mannes unwürdig, in wenigen Wochen war das Saatgetreide verzehrt, verthan, verkauft, und als der Mangel an ihre Thüren klopfte, als auch der Verkauf ihrer Frauen und Töchter die Noth nicht zu stillen vermochte, da griffen sie zu ihrem gewohnten Handwerk, und Raub und Plünderung waren an der Tagesordnung.
Die ganze Provinz gerieth in eine leicht erklärliche Aufregung. Klagen über Klagen erfüllten den Konak des Gouverneurs Achmed Rassim Pascha in Tultscha. Niemand war ja seines Eigenthums, seines Lebens mehr sicher. Was halfen die halben Maßregeln der Behörde? In den Wäldern und Bergen fanden die Tscherkessen Schlupfwinkel genug, und die gegen sie ausgesandten Baschibozuks machten wohl gar mit ihnen gemeinsame Sache. Weshalb sollte man sich auch zu sehr erhitzen? Waren’s doch die Giaurs , die ausgeplündert wurden, und die erst ganz frisch zu Bekennern Mohameds umgewandelten Söhne des Kaukasus mußten doch geschont werden. Ganz besonders schlimme Subjekte wurden wohl eingesteckt oder mußten, an den Füßen gefesselt, die Straßen Tultschas ausbessern oder bei Neubauten Schutt wegräumen, Steine tragen und dergleichen; aber eine Besserung der unsicheren Zustände trat nicht ein, selbst dann nicht, als sogar türkische Ansiedelungen beraubt und verwüstet wurden. Daß es auch in jüngster Zeit nicht besser geworden ist, bedarf kaum der Erwähnung. Und doch sind es herrliche Gestalten, diese kaukasischen Männer, ein tadelloser schlanker Wuchs, eine Taille, um die ein Gardelieutenant sie beneiden könnte, kleine weiße Hände, kleine fast frauenhafte Füße, ein Kopf von den schönsten Proportionen, und in diesem Kopf zwei Augen, die von einem tiefen unheimlichen Feuer glühen! Dabei bewaffnet vom Wirbel bis zur Zehe. Nicht selten trugen sie zwei Flinten über die Schulter gehängt und einen langen Schleppsäbel um den Leib, auf der Brust die Patrontäschchen, im Gürtel stecken in der Regel zwei Pistolen, auch wohl ein großes Messer, ja sogar in der kolossalen Pelzmütze waren Dolche verborgen. Nimmt man dazu das bekannte phantastische Kostüm, das bei den Häuptlingen aus einem scharlachrothen Rock und weiten weißen Beinkleidern bestand, so ist es begreiflich, daß die Tscherkessen Leute waren, die man lieber gehen als kommen sah, und die man am liebsten gar nicht sehen mochte. Obgleich ich persönlich stets unangefochten geblieben bin, so faßte ich doch immer den Revolver fester, wenn mir auf einsamem Waldwege ein Tscherkesse begegnete.
Und nun inmitten dieses Völkergewirres und inmitten des vorhin geschilderten Urwaldes liegt auch eine deutsche Kolonie versteckt. Ja, deutsche Landsleute sinds, die dort in stiller friedlicher Arbeit leben und für die ich gerade jetzt in dieser entscheidungsschweren Zeit, da aller Augen nach der Türkei gerichtet sind, die Theilnahme der Leser dieses Blattes in Anspruch nehmen möchte. Ich, der ich fast zwei Jahre hindurch in ihrer Mitte geweilt, kann es bezeugen, daß sie diese Theilnahme im höchsten Maße verdienen.
Atmatscha, das ist der Name der Hauptkolonie, liegt ganz im Walde und zählt etwa 400 Einwohner und zwar nur Deutsche. Eine Stunde davon, gleichfalls im Walde, liegt Tschukurowa mit vielleicht 120 Seelen. Will man die Lage dieser beiden Kolonien auf der Karte bestimmen, so suche man den Punkt, der von Tultscha, Babadagh und Matschin ungefähr gleich weit (d. h. sechs Stunden) entfernt ist. Unmittelbar südlich von Atmatscha erhebt sich die höchste Spitze der nördlichen Dobrudscha, der sogenannte Goldberg, auf dessen kahlem Scheitel man noch Spuren von alten Bergwerksanlagen entdeckt, und von welchem aus man wie von einer höheren Warte hinabschaut auf die niedrigeren Bergzüge und in die grünen Waldthäler; zugleich erblickt man gegen Morgen den Spiegel des Rasimsees, eines Busens vom schwarzen Meere, während gegen Abend und Mitternacht sich die Donau wie ein feiner Silberfaden hinschlängelt.
Außerhalb des Hochwaldes, aber immer noch von dichtem Eichengestrüpp umgeben, auch näher an Tultscha, liegen noch zwei deutsche Kolonien, Katalui und Malkotsch, letztere von Katholiken, erstere sowie auch Atmatscha und Tschukurowa, nur von Protestanten bewohnt.
Fragt der Leser, wie diese Deutschen in jenen einsamen Erdenwinkel gekommen sind - ach, dann könnt ich ihm eine lange Leidensgeschichte erzählen. Heute nur so viel: Gekommen sind sie aus dem Kolonienreichen südlichen Rußland, wohin ihre Väter zu Anfang dieses Jahrhunderts ans Deutschland (Würtemberg, Mecklenburg. Westpreußen) eingewandert waren. Als im Jahre 1844 sich das Gerücht verbreitete, Zar Nikolaus I wolle den deutschen Kolonisten ihre Vorrechte nehmen, wolle ihre Söhne gleichfalls auf 25 Jahre unter seine Soldaten stecken u. s. w., da verließen mehr als 100 Familien ihr zweites Vaterland und zogen zunächst über den Pruth in die Moldau, wo man ihnen zwar Wohnsitze versprach, aber nicht gab, dann in die Walachei bis vor die Thore Bukarests, wo es ihnen nicht besser erging. So von Christen getäuscht, wollten sie’s einmal bei den Türken versuchen und setzten über die Donau. Außerdem war einmal der Wandertrieb erwacht und so leicht nicht wieder zu bändigen. Bei Silistria erhielten sie Land, aber das gefiel ihnen nicht - sie zogen weiter. Einen anderen Fleck Landes, auf welchem sie sich niederließen, beneideten ihnen die umwohnenden Türken, und wieder ging’s weiter donauabwärts dem schwarzen Meere zu. Nach den furchtbarsten Entbehrungen und nach ganz unsäglichem Jammer fanden sie endlich in Atmatscha eine Stätte, wo sie bleiben konnten und wollten.
Aber was war Atmatscha, zu deutsch: Sperberhaus? Ein wildes Waldthal ohne jede Kultur, mit Ober- und Unterholz dicht bestanden. Wohl muß früher hier schon einmal ein Dorf gestanden haben; wenigstens deutete ein mit Grabsteinen bedeckter alter Friedhof darauf hin, aber aus den Gräbern wuchsen mehr als mannesstarke Eichen hervor. Da galt es, den wilden aber äußerst fruchtbaren Boden urbar zu machen. Wochenlang arbeitete die Axt, der Spaten, das Feuer. Die gelichteten Stellen wurden schnell umgepflügt und mit Mais und Weizen bestellt; dann erst schritt man zum Aufbau der Wohnungen. So entstand mitten im türkischen Urwalde ein deutsches Dorf, deutsche Lieder erklangen aus der Kirche, aus der Schule, aus den Häusern und rothbackige Flachsköpfe mit hellblauen Augen tummelten sich lustig umher. Bei angestrengtem Fleiße brachten es diese Ansiedler bald zu einem gewissen Wohlstande und fingen an sich glücklich und heimisch zu fühlen, zumal sie von ihren türkischen Nachbarn keinerlei Anfechtungen zu erdulden hatten.
Da brach 1853 der türkisch-russische Krieg aus. Die Russen überschritten bei Tultscha die Donau und rückten in die Dobrudscha ein. Schon fürchteten die Kolonisten, von neuem zum Wanderstabe greifen zu müssen; aber das Ungewitter verzog sich nach der Krim, und sie konnten wieder frei aufathmen. In Folge reichen Kindersegens so wie in Folge verschiedener Nachschübe wurde es nun in Atmatscha zu enge, und so siedelten sich etliche Familien in Tschukurowa, etliche in Katalui an. Malkotsch war gleichzeitig mit und unabhängig von Atmatscha gegründet worden. Jetzt aber brachte die Einwanderung der Tscherkessen eine neue größere Gefahr. Oft genug kam es vor, daß diese Räuber einem friedlichen Deutschen die Pferde vom Wagen gespannt, einem anderen das Geld, das er vom Markte heimwärts trug, gestohlen hatten, und ich vergesse den Abend nicht, da mein alter Kirchvater Adam Kühn mit seiner bejahrten Eva blutrünstig, weinend und klagend ins Dorf hineingehinkt kam. Die Hallunken hatten sich nicht begnügt, ihm drei Pferde nebst Wagen und werthvoller Ladung zu rauben, sie hatten auch noch ihn und seine arme Frau mehr als halbtodt geschlagen. Neue Aufregung im Dorfe und Erwägung der Frage, ob man nicht lieber wieder wandern solle! Aber wohin? Man hatte denn doch zu trübe Erfahrungen gemacht und entschloß sich, was auch das beste war, zu bleiben, und ist geblieben bis auf den heutigen Tag, zwar mit viel Angst und Sorge, aber auch mit Hoffnung und Gottvertrauen. Was die kommenden Tage diesen unseren deutschen Brüdern bringen werden, ob der entfesselte mohamedanische Fanatismus seine Brandfackel auch in ihr stilles Thal schleudern wird - Gott allein weiß es! Er nehme diese Verlassenen in Seinen heiligen und sicheren Schutz! Es bewahre sich auch an ihnen das Sprichwort, das man so oft in der Fremde hört: "Gott verläßt keinen Deutschen!"
Als Hauptstadt der Dobrudscha gilt gegenwärtig Tultscha mit etwa 30 000 Einwohnern. Amphitheatralisch an der Donau aufgebaut, mit einer ganzen Anzahl hellglänzender Kirchthürme geschmückt und umgeben von einem wahren Walde lustig klappernder Windmühlen, gewährt die Stadt von dem Strom aus einen freundlichen Anblick, ist jedoch im Innern so häßlich und schmutzig wie alle Türkenstädte. Als Sitz des Gouverneurs und des Generalinspektors der unteren Donau so wie als Sitz vieler Konsuln und anderer Beamten hat die früher ganz unbedeutende Stadt, namentlich seit der Bildung der europäischen Donaukommission, die hier ihre Bureaux und Magazine hatte, in den letzten zwanzig Jahren einen hohen Aufschwung genommen, namentlich am Hafen herrscht ein überaus reges Leben. Das Kommen und Gehen der Schiffe, das Aus- und Einsteigen der Personen, das Aus- und Einladen der Waaren, die ab- und zuströmende Volksmasse in den buntesten Trachten - alles das gibt ein bewegtes Bild, auf welchem das Auge des Fremden nicht ungern ruht. Wenn man dann hundert Schritte davon eine Schar wilder Hunde den Leichnam eines gefallenen Pferdes zerreißen sieht und zehn Schritte davon wahrnimmt, wie ein alter Türke mit größter Gelassenheit sich das Ungeziefer vom Körper absucht und dasselbe, ohne es zu tödten, auf die Straße wirft, so regt sich freilich der Ekel; aber dergleichen gehört nun einmal zu den berechtigten Eigenthümlichkeiten in der Türkei.
Den Hauptbestandtheil der Bevölkerung von Tultscha bilden Türken, Bulgaren und Russen, letztere besonders von der Sekte der Lipowaner; auch etliche deutsche Familien fehlen nicht. Die Stadt gilt zudem als Festung, vermuthlich wegen einiger alten Schanzen, die zu meiner Zeit sich in einem höchst kläglichen Zustande befanden, die aber auch ausgebessert einem den Donauübergang forcirenden russischen Heere wenig Widerstand leisten dürften. Die in den Schanzen hausenden türkischen Zuaven machten indessen keinen üblen Eindruck. Es waren kräftig gebaute Leute, meist aus Kleinasien gebürtig. Bescheiden in ihrem Auftreten, lebten sie mit Jedermann in Frieden; von Rohheiten habe ich nie gehört. Jeden Abend versammelten sie sich auf ihrem Exerzirplatz, verrichteten, auf den Mänteln knieend, ihre Abendandacht und schlossen dieselbe mit dem weithin schallenden Rufe: "Padischahmus tschok jaschah!" d. i. unser Padischah lebe lange!
Etliche Stunden östlich von Tultscha erheben sich die letzten kahlen Ausläufer des Gebirges, die sogenannten Beschtepe, d. h. fünf Hügel. Der östlichste derselben trägt die Trümmer eines alten genuesischen Kastells, das wohl zum Schutz der Donaueinfahrt errichtet war. Die am Fuße der Beschtepe neu gegründete Stadt Mahmudieh kann nicht recht zum Leben kommen. Die übrigen Städte der Dobrudscha, außer Tultscha, sind ohne rechte Bedeutung. Babadagh am Rasimsee ist eigentlich nichts als ein schmutziger Trümmerhaufen.
Im Norden schließt sich an die Dobrudscha das großartige Donaudelta an. Etwa eine Meile oberhalb Tultscha gabelt sich die Donau zum ersten Male. Von kompetenter Seite ist berechnet worden, daß von der ganzen Wassermasse des Stromes 15/27 in den nördlichen Arm, die Kilia, fließen, so daß für den Hauptstrom nur noch 12/27 übrig bleiben. Unterhalb Tultscha gabelt sich die Donau zum zweiten Male und zwar derart, daß 10/27 in den St. Georgsarm, den eigentlichen Hauptstrom, nach Südost weiter gehen, so daß für den mittleren Arm, die Sulina, nur 2/27 übrig bleiben. Und doch ist’s gerade die Sulina, welche, hauptsächlich wohl aus politischen Gründen, von der europäischen Donaukommission für die Schifffahrt hergerichtet worden ist. Von den Regulirungsarbeiten Kenntniß zu nehmen, gewährt das höchste Interesse. Als die Donaumündungen sich noch im russischen Besitz befanden, waren sie versandet und somit für größere Schiffe unzugänglich. Vor der Kilia und dem St. Georgsarm befinden sich noch kolossale Sandbänke, die tief ins Meer hineinreichen und jede Einfahrt unmöglich machen. Vor dem Ausfluß der Sulina hat man gegen 500 Schiffsleichen aufgefischt und mächtige Dämme und Molen tief ins Meer hinein gebaut, um das Versanden zu verhüten. Großartige Baggermaschinen arbeiten im Flusse selbst, um den erforderlichen Tiefgang herzustellen; außerdem sind verschiedene Durchstiche bei den Krümmungen des Stromes gemacht worden, so daß für Handel und Schifffahrt sich die größten Vortheile ergeben haben.
Unmittelbar an der Mündung liegt das etwa 2000 Einwohner zählende Städtchen Sulina, ehemals berüchtigt als Sammelpunkt des rohesten Gesindels aus aller Herren Ländern und verrufen wegen der dort herrschenden Unsicherheit für Leib und Leben, so daß sich endlich der türkische Präfekt zu dem Erlasse genöthigt sah, es solle, bei strenger Strafe, "nicht alle Tage gemordet werden". Das Städtchen ist ganz auf Pfählen und eigentlich in Sumpf und Rohr hineingebaut. Auf der Spitze der großen Südmole erhebt sich der Leuchtthurm, an dessen Fuße die Wellen des schwarzen Meeres sich brechen, und von dessen Galerie man eine weite Rundschau genießt, östlich über das Meer, das noch meilenweit die gelbe Färbung des Donauwassers zeigt, westlich über das unabsehbare grüne Schilfmeer, das nur im Südwesten durch Beschtepe und die anderen Berge der Dobrudscha begrenzt wird.
Das Delta selbst ist, wie schon angedeutet, ein fast undurchdringlicher Wald von haushohem Schilf und Rohr, nur daß hier und da auf einer erhöhten Stelle ein elendes russisches Dorf liegt, um welches sich nasse Kukuruz=(Mais-)Felder lagern. Da ist denn auch wohl ein Weg durch das Rohr geschlagen, der indessen nur bei trockenem Wetter passirbar ist. Bevölkert ist dies Delta mit Millionen von Pelikanen, wilden Gänsen, Enten und anderen Wasser- und Sumpfvögeln; doch fehlt es auch nicht an Rohrwölfen, die im Winter bei hohem Schnee, vom Hunger gepeinigt, selbst den Dörfern gefährlich werden können. Während des Winters wird an verschiedenen Stellen das Rohr angezündet, so daß man, auf der Höhe von Tultscha stehend, das Biwak eines großen Heeres oder gar eine Reihe brennender Ortschaften vor sich zu haben glaubt - ein Anblick, der namentlich des Abends an Großartigkeit seinesgleichen sucht. Nebenbei sei bemerkt, daß das getrocknete Rohr in dem holzarmen Bessarabien als einziges Feuerungsmittel gebraucht wird. Eine Fahrt durch das Delta wird mir unvergeßlich sein. Ich hatte - es war am 6. Januar 1867, nach altem Stil am 25. Dezember, also am orthodoxen Weihnachtsfeste - in Ismail, jener alten Türkenfestung an der Kilia (jetzt zu Rumänien gehörig), bei der dortigen deutschen Kolonie Gottesdienst gehalten, war am folgenden Tage unter den Nachwehen eines schrecklichen Schneesturmes mit Lebensgefahr im kleinen Kahn über die wild aufgeregte Kilia gesetzt und fuhr nun auf dem halbverschneiten Rohrwege quer durchs Delta auf Tultscha zu, nicht wenig beunruhigt durch das ferne Heulen der Wölfe und durch die schnell hereinbrechende Nacht. Plötzlich sah ich mich sammt Kutscher, Pferden und Wagen in eine dichte Rauchwolke eingehüllt, und kaum fünfzig Schritte seitwärts schlug eine helle Flamme empor, die sich mit rasender Geschwindigkeit näherte. Ausweichen war unmöglich wegen des dichten Rohrs; so mußte ich mich der Schnelligkeit meiner Pferde überlassen, die denn auch, mehr springend als laufend, durch den tiefen Schnee davonjagten; aber wenige Schritte hinter mir schlugen die Flammen über dem Wege zusammen.
in: Daheim: ein deutsches Familienblatt mit Illustrationen, vom 21.4.1877, S. 473-476
Eine fast vergessene Minderheit mit 100 Jahren deutscher Siedlungsgeschichte
Karte Paul Langhans 18972
Um dem inzwischen immer knapper werdenden Böden zu entfliehen, der den Nachkommen der ersten Kolonisten nicht mehr ausreichte, um sie zu ernähren, kamen zwischen 1840 und 1856 die ersten Siedler aus Bessarabien und den südrussischen Gouvernements Cherson, Ekaterinoslav und Taurien in die damals osmanische Dobrudscha, einer fruchtbaren Landschaft zwischen dem Unterlauf der Donau und dem Schwarzen Meer, in der Antike von Römern besiedelt, 1396 osmanisch besetzt, bevölkert von den verschiedensten Ethnien wie Tataren, Türken, Rumänen, Bulgaren und Roma.
„Eine durch Landmangel verursachte Notlage, die durch wirtschaftliche Rückschläge mannigfacher Art wie Fehlernten, Viehsterben und Heuschreckenplage sich bedeutend verschärft hatte, zwang vom Jahre 1841 an zahlreiche deutsche Bauern, meist jüngeren Alters, ihre in Bessarabien und im Gouvernement Cherson gelegenen Wohnsitze zu verlassen und sich auf Wanderschaft zu begeben, um Land zu suchen, ohne allerdings zunächst zu wissen, wo solches zu finden sei.“ 1
Meist reisten einzelne Familien, die der „Mund – zu – Mundpropaganda“ folgten, sich hier und da umsahen und einen ansiedlungswürdigen Ort auf ihrer Wanderschaft suchten. Auf ihrer Suche, die auf die bulgarischen Seite der Donau, in die Moldau und die Große Walachai (Muntenia) ebenso führte, wie in die Steppen Ungarns, durchquerten sie immer wieder die Dobrudscha.
Im Herbst 1841 erreichten einige Siedler aus Beresina und Leipzig (Bessarabien), die Region, überwinterten in Mecin und ließen sich 1842 für etwa 6 Jahre in dem türkischen Dorf Akpunar nieder.
Im Reglement der türkischen Regierung betreff der Kolonisten in der Türkei war in Artikel 3 folgendes verordnet:
“Wie allen übrigen Untertanen des Reiches ist den Kolonisten die freie Ausübung ihrer Religion ohne irgendeine Beeinträchtigung gestattet. Sie sollen ohne Unterschied in denselben Genuss religiöser Privilegien treten, den alle übrigen Untertanenklassen des Reiches geniessen. Wenn sich in den Ortschaften, die ihnen von der Regierung zur Ansiedlung angwiesen werden, genug Kirchen ihres Ritus befinden, so werden sie in diesen ihre Andacht halten. Diejenigen, welche sich neue Ortschaften gründen, werden nach einem Bittgesuch an die Regierung von derselben die Erlaubnis erhalten, die nötigen Kirchen zu bauen”.3
Die deutschen Einwanderer mussten sich schriftlich verpflichten, dieses Reglement anzuerkennen und sich allen darin enthaltenen Bedingungen zu unterwerfen.
Rund 6.0004 Bessarabiendeutsche kamen 1842, bald entstanden weitere kleine Dörfer wie 1843 das katholische Malkotsch (Malcoci) bei Tultscha (Tulcea), gegründet von Siedlern aus den Cherson oder 1848 das evangelische Atmadscha (Atmagea). Die größte Siedlung war Karamurat, heute Mihail Kogălniceanu bei Konstanza.
Die Kolonie Jakobsohnstal bei Braila in der Muntenia wurde ab 1850 eine wichtige Station auf diesem Weg, die Gründung wurde durch einen Balten, in rumänischen Staatsdienst stehend, möglich.
Nach dem Ausbruch des Krim-Krieges im Jahre 1854, zogen vermehrt Siedler in die Dobrudscha, um sich vor dem drohenden Militärdienst in Sicherheit zu bringen. Zu dieser Zeit erreichten auch viele Ansiedler aus Jakobsohnstal Cataloi und Ciucurova (1850), welche durch schwere Überschwemmungen vertrieben worden waren.
Mit der Rücknahme der Privilegien und der Auflösung des Fürsorgekomitees für die Kolonisten Südrusslands im Jahre1871 wurden die Kolonisten auf die gleiche Stufe wie alle anderen Untertanen des russischen Reiches gestellt, dem nun abzuleistenden Militärdienst versuchten viele zu entfliehen durch Umsiedlung in die Dobrudscha. Im Süden entstanden so Cogealac, Tari Verde, und Fachria.
Im Frühjahr 1876 kamen etwa dreißig Familien aus der bessarabischen Kolonie Krasna, sie wurden in dem tatarischen Dorf Karamurat (Ferdinand I) angesiedelt. Familien aus dem Cherson gründeten Anfang der 1880er Jahre Cololia.
Nach dem Krieg von 1878 bis 1879 kamen Familien aus den nördlichen Kolonien der Dobrudscha, um in Anadolchioi bei Constanta zu siedeln. Die Dobrudscha war jetzt Teil Rumäniens, durch diese Gebietsänderung gab es ein neues Hindernis, Land konnte nur erwerben, wer rumänischer Staatsbürger war. Im Jahr 1880 wurde ein ehemaliges Tatarendorf neu besiedelt und nannte sich Horoslar (Cocos). Die Siedler kamen aus Bessarabien und Jakobsohnstal. Zu diesen Siedlern gehörte auch David Gäckle mit seiner Familie, dessen Vorfahren um 1803 ihren Heimatort – und Herkunftsort meiner Geckle Vorfahren – Bernbach verließen, um über Westpreußen nach Russland auszuwandern.
Ein weiteres Tatarendorf bekam eine deutsche Kolonie, Cogealia, die Bewohner waren schwäbischen Familien aus dem Cherson. Diese Einwanderungswelle hielt etwa bis 1883 an.
Mit dem Zwang zur Unterrichtung in russischer Sprache ab 1890/1891 und weiteren Einschnitten in die Unabhängigkeit der Kolonisten begann eine dritte Auswanderungswelle. Tausende von deutschen Kolonisten wanderten nach Amerika aus, andere folgten den Werbungen der rumänischen Regierung. So entstand Cobadin, Sarighiol (Albesti) wurde im Jahre 1890 gegründet, unter seinen Bewohnern ehemalige Siedler deutschen Kolonien im Kaukasus. Neue Weingärten (Viile-Noi) entstand im Jahre 1892 durch Siedler aus Russland und bereits bestehenden deutschen Kolonien in der Dobrudscha.
Rumänisches Wappen (erstellt vom Autor): im Uhrzeigersinn v.l.o. Große Walachei, Moldau, Dobrudscha, Kleine Walachei
Die Entstehung von Tochterkolonien, Karatai, Alakap, Sofular, Agemler, Mangeapunar, Telchirghiol (1907), Gross-Pallas, Bratianu, Ciobancuis, Ali-Anife, Bezargic und Karali ist auf die Jahre 1893 – 1939 zu datieren, ihr größtes Problem lag in der Beschaffung von Eigentumsland. Im Jahr 1892 zogen zwanzig Familien aus den alten Nachbarkolonien Amagea und Ciucurova auf der Suche nach Land nach Süden und blieben im türkischen Dorf Mamuslia (Caescioarele), welches während des Krieges zerstört worden war. Die meisten Bewohner waren bereits in der Dobrudscha geboren und hatten das Glück, 25 ha Land pro Familie mit einer Pachtzeit von 30 Jahren zu erhalten.
In den ersten Jahren nach dem Ende des Ersten Weltkrieges war vor allem aus Bessarabien ein weiterer Zuzug in die vorhandenen deutschen Kolonien zu verzeichnen.
Salzburger Volksblatt vom 24.10.1940 S.2
Zur Umsiedlung 1940 lebten etwa 14.000 – 15.000 Dobrudschadeutschen an der Küsten des Schwarzen Meeres. Unter ihnen etwa 2.100 Deutsche, deren Vorfahren aus Bulgarien (vor allem aus Bardarski geran Region Vratsa, Tsarev brod Region Schumen und Dobrovo Region Dobritsch) zwischen 1878 und 1900 einwanderten.
Eine Volksgruppe, welche ein sehr religiöses, dafür kein entwickeltes politisches Leben führte. Erst 1931 schloß sie sich den politischen Strukturen der deutschen Minderheit in Großrumänien an.
Die Dobrudschadeutschen galten als ein wohlhabendes Bauernvolk, 4/5 der Erwerbstätigen waren in der Landwirtschaft beschäftigt. Die bis 300 ha großen Höfe waren gut ausgestattet und in hohem Maße mechanisiert.5
„Trotz der günstigen Bodenverhältnisse führte der große Geburtenüberschuss unter den Dobrudschadeutschen dazu, dass die in der Region übliche Realteilung zu einer zunehmenden Verarmung unter den Siedlern führte. Die immer kleiner werdenden Grundstücke konnten ihre Besitzer nicht mehr ernähren. Sie stellten zunehmend ein soziales Problem dar. Mehr als 40 % der Dobrudschadeutschen waren im Umsiedlungsjahr 1940 landlose Bauern….Besonders problematisch erwies sich, dass die Deutschen in der Region kein Land kaufen durften, selbst wenn die finanziellen Mittel vorhanden waren…So besaß etwa ein Viertel der dobrudschadeutschen Landwirte nur zwei bis fünf Hektar Boden. Großgrundbesitzer mit mehr als 50 Hektar Boden waren unter den Dobrudschadeutschen nur selten.“6
Da vor allem die landlose Bevölkerung den Wunsch nach Umsiedlung hatte, war es für Gauobmann Johannes Klukas mit seiner Politik des „Heim ins Reich“ leicht, die Bevölkerung zu überzeugen, trotzdem zogen nicht alle mit, vor allem jene, die nicht mit Deutschen verheiratet waren, aber auch Alte und Kranke blieben nach 1945 in Rumänien und Bulgarien.
Hans Petri, Geschichte der deutschen Siedlungen in der Dobrudscha. Hundert Jahre deutschen Lebens am Schwarzen Meere, Verlag des Südostdetschen Kulturwerks München 1956
Paul Langhans – Deutsche Kolonien im Osten II. Auf slawischem Boden. Aus Langhans Deutscher Kolonialatlas, Karte Nr. 7. Gotha, Justus Perthes, abgeschlossen Juli 1897, veröffentlicht vom Antiquariat Elke Rehder
Traeger, Paul: Die Deutschen in der Dobrudscha: zugleich ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Wanderungen in Osteuropa; Stuttgart: Ausland u. Heimat Verl.-A.G., 1922
Otto Freiherr von Dungern: Rumänien, Perthes‘ Kleine Völker- und Länderkunde Bd. II, Gotha 1916, S. 15 ff.
Otto Klett: Die Dobrudschadeutschen, in: Jahrbuch der Dobrudschadeutschen Band 20 (1975), S. 20-34.
Mitteilungsblattes der Bessarabiendeutschen Vereins 7/2013 Dr. Josef Sallanz: „100 Jahre zwischen Donau und Schwarzem Meer. Kurzer Überblick zur Geschichte der Dobrudschadeutschen.“
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Theophil Hopp; Fachria. Die Geschichte meines Heimatdorfes. Landsmannschaft der Dobrudschadeutschen, Heilbronn 1995.162 Seiten. Ein Auszug aus dem Buch erschien im Sonderheft des „Dobrudschaboten“ 1995
Hans Petri: Geschichte der Deutschen Siedlungen in der Dobrudscha, Hundert Jahre deutschen Lebens am Schwarzen Meer. Verlag des Südostdeutschen Kulturwerks, Band 4, Reihe B, München 1956 Abschrift
Heimatbuch der Dobrudscha-Deutschen, 1840-1940 Otto Rösner; Albert Stiller; Landsmannschaft der Dobrudscha- und Bulgariendeutschen. Die Landsmannschaft, Heilbronn, 1986
Lebensweg der Dobrudschadeutschen in Bildern. 1840 – 1940 – 1990 Albert Stiller; Gerlinde Steller-Leyer; Dobrudschadeutsche Landsmannschaft e. V. 1992
Ostdeutsches Schicksal am Schwarzen Meer; Dr. Johannes Florian Müller, Donzdorf, Eigenverlag (1981)
Dobrudscha-Bote erschienen 1916-1918 in Konstanza
1917
1918
Jahrbuch der Dobrudschadeutschen [1956-1977] Otto Klett, Heilbronn