Lange ist es her. Da lebte ein armer Jäger Bablej. Er machte sich jeden Tag am frühen Morgen auf den Weg in den Wald und kam erst am späten Abend wieder nach Hause. Er verdiente seinen Lebensunterhalt als Vogelfänger. Eines Tages verstreute der Jäger Weizenkörner neben einer großen Eiche und versteckte sich in dem großen ausgehöhlten Baum, um auf die Vögel zu warten. Es dauerte ziemlich lange, aber plötzlich sah er wie ein Paradiesvogel angeflogen kam und die Körner aufzupicken begann. Bablej breitete über diesen wunderschönen Vogel sein Netz, so dass er sich nicht mehr befreien konnte. Zu seinem Erstaunen begann der Vogel mit menschlicher Stimme zu sprechen und bat ihn um seine Freiheit.
Der Paradiesvogel erzählte ihm, dass es sehr lange her sei: Als Gott gerade die Welt geschaffen hatte, versteckte er drei wichtigste Schlüssel – vom Glauben, der Liebe und der Hoffnung.
Den Schlüssel des Glaubens versteckte er auf dem Meeresboden, den Schlüssel der Hoffnung versteckte er im ewigen Eis des Nordens. Und den Schlüssel der Liebe steckte er in einem kleinen Berg in der Wüste.
„Wenn du mich frei lässt“, sagte der Vogel, „dann gebe ich dir ein Mütze, die dich unsichtbar machen wird. Damit kannst du den Schlüssel des Glaubens beim Meereskönig finden und mitnehmen, dann gehst du zu der Schneekönigin Kutucha und holst dir den Schlüssel der Hoffnung. Den letzten Schlüssel – den Schlüssel der Liebe kannst du beim König der Wüste finden. Alle drei Schlüssel tragen sie als Anhänger an einem Halsband auf der Brust. Du kannst die Schlüssel unsichtbar machen, damit alle Menschen diese Schlüssel in ihren Herzen tragen können. Sonst werden Schnee, Wasser und Sand auf der Erde den ganzen fruchtbaren Boden überdecken. Wenn du mit dieser Arbeit fertig bist, wird diese Zaubermütze wieder zu mir zurückkommen. Du wirst danach sehr reich und berühmt werden und dazu noch zum glücklichsten Mann der Welt“. Bablej war einverstanden und bekam vom Paradiesvogel die Mütze, die ihn unsichtbar machte, und ließ den Vogel wieder frei. Bald darauf machte er sich auf den Weg zu den drei Schlüsseln.
Wie wir wissen, wehen über die ganze Welt viele Winde, gute aber auch böse Winde. Der alte gute Wind hatte vier Söhne: der älteste war kühl, der zweite frisch, der dritte warm und der jüngste war sehr-sehr leise. Der Vater brauchte nur kurz zu pfeifen und die Söhne kamen sofort alle zu ihm.
Der böse Wind hatte auch vier Söhne. Der erste war sehr stark und diente dem Meereskönig, bauschte gigantische Wellen auf. Der zweite Sohn war total verrückt und diente der Schneekönigin Kutucha, die alles mit Schneeverwehungen bedeckte und richtige Schneestürme auslöste. Der dritte Sohn diente dem Wüstenkönig und war auch sehr grausam, verwehte die Wege, streute den Karawanenbegleitern feinen Sand in die Augen und erschwerte ihnen das Atmen.
Der jüngste Sohn wehte über die Erde, machte einmal hier, einmal da einen Schabernack, aber manchmal deckte er auch Häuser ab und brachte den Menschen richtige Verwüstungen. Die Söhne des bösen Windes hörten auf ihren Vater.
Sein ältester Sohn, der Diener des Meereskönigs erblickte Bablej und pustete ihm seine Zaubermütze vom Kopf. Sie flog über die Meere und Ozeane und war schon fast ins Wasser gefallen, aber zufällig blieb sie auf dem Kopf eines Vogels, einem Albatros, hängen. Der Vogel begann denjenigen zu suchen, dem die Mütze gehörte. Er flog immer weiter über den Meeresspiegel und sah plötzlich am Rande des Meeresreiches den armen Bablej, der bitter weinte. Der Albatros schüttelte die Mütze von seinem Kopf und fragte den Jäger, wieso er so bitter weint.
„Was soll ich bloß machen?“ antwortete Bablej: „ Der Paradiesvogel hatte mir eine Zaubermütze geschenkt, aber der böse Wind des Meereskönigs hat sie mir weggepustet.“
Der Vogel Albatros mochte diesen bösen Wind auch nicht, weil er immer beim Fliegen gegen ihn ankämpfen musste. Er gab dem Jäger seine Zaubermütze zurück. Er zog sie über seinen Kopf, wurde unsichtbar und tauchte unter zum Palast des Meereskönigs.
Der Schlüssel des Glaubens befand sich schon tausende von Jahren beim Meereskönig, der ständig versuchte sein Wasserreich zu erweitern. In dessen Mitte befand sich sein Palast. An der Ostseite des Palastes stand ein goldener Turm, der Westturm war mit Diamanten geschmückt und glitzerte wie ein Spiegel, sobald ihn ein Sonnenstrahl erreichte, und brachte so die Wellen zum Glitzern.
Der Südturm bestand aus Korallen, zu dem die warme Strömung verschiedene bunte Fische mit sich brachte. Der Nordturm war mit kostbaren weißen und schwarzen Perlen geschmückt. Die schwarzen Perlen symbolisierten die Nacht, die weißen Perlen brachten Licht in die Dunkelheit. Der halbe Palast hatte einen dicken Spiegelboden. Durch die offene Decke leuchteten die Sonne und der Mond. Tagsüber passte der Meereskönig selbst auf sein Reich auf. Wenn jemand zu nah trat, eilte sofort sein Diener, der Böse Wind zu ihm und pustete mit solcher Kraft, dass dadurch riesige Wellen entstanden. Der Meereskönig zog alle, die zu nah kamen, unters Wasser und sie verloren den Glauben, von dort lebendig heraus zu kommen.
Der Meereskönig mochte gern große Empfänge und Tanzabende mit verschiedenen schönen Fischen. Manchmal tanzten sie die ganze Nacht bis zum Sonnenaufgang.
Als der Meereskönig in einen tiefen Schlaf versunken war, zog Bablej seine Zaubermütze an, tauchte zu seinem Schlafgemach herunter, löste sein Halsband mit dem Schlüssel des Glaubens auf und machte ihn unsichtbar. Danach befreite er alle Gefangenen des Meereskönigs. Seit dem wuchs das Reich des Meereskönigs nicht mehr und der Glaube lebte jetzt in den Herzen von allen Menschen.
Bald darauf setzte Bablej wieder seine Zaubermütze auf und begab sich in den Norden zu der kalten Schneekönigin Kutucha. Der böse Wind, der ihr diente, blies den armen Jäger fast um, riss die Zaubermütze von seinem Kopf und trieb sie immer weiter bis sie an dem Wipfel einer Tanne hängen blieb. Auf dieser Tanne sprang ein Eichhörnchen herum, das Tannenzapfen sammelte. Seine Pfoten berührten die Zaubermütze, es schaute sich um und sah den armen Bablej am Rande des Schneereiches, der auf einer Schneedüne saß und bitter weinte.
Das Eichhörnchen sprang herunter vom Baum und fragte, wieso er so bitter weint.
„Was soll ich bloß machen?“ antwortete Bablej: „ Der Paradiesvogel hatte mir eine Zaubermütze geschenkt, aber der böse Wind der Schneekönigin hat sie mir weggepustet. Ich wollte den Menschen den Schlüssel der Hoffnung geben…“
Das Eichhörnchen mochte die Schneekönigin Kutucha nicht. In einem Jahr würden die Tannen unter der Last von Schnee und Eis zusammenbrechen und es hätte dann kein Futter mehr gefunden. Es gab Bablej seine Zaubermütze zurück und der ließ sich im selben Augenblick im Palast der Schneekönigin nieder. Dort hatte sie vor tausenden von Jahren den Schlüssel der Hoffnung als Anhänger von einem Halsband auf ihrer Brust versteckt. Sie hatte ihr ganzes Reich mit einer sehr dicken Schicht aus Eis und viel Schnee gepflastert. Viele Tiere waren in diese eisige Gefangenschaft geraten und könnten sich nicht selbst daraus befreien. In den letzten Tausend Jahren hatte das Schneereich sich sehr vergrößert. Die Schneekönigin unternahm alles Mögliche, damit sich in ihrem Reich kein Frühling blicken lassen konnte. Sie streute aus ihren Kissen Schnee auf die Erde und der böse Wind schaffte daraus Schneeverwehungen und Schneestürme. Sie hatte den Vögeln und Tieren keine Hoffnung auf einen Frühling gelassen, den sie alle so sehr vermissten. Nur die Eisbären, die Robben, Schneefüchse und Seehunde waren mit allem zufrieden. Ihnen ging es gut in ihrem Reich und sie lobten die Schneekönigin Kutucha immer, prahlten wie gut es ihnen tat, Schneebäder zu nehmen und von einem Eisloch zum anderen unter dem Wasser zu schwimmen.
Ihren Palast hatte die Schneekönigin Kutucha auch mit sehr vielen Edelsteinen geschmückt. Eines Tages wollte sie ihr Reich besichtigen, hatte aber den kleinen Zauberspiegel im Palast vergessen, durch den sie sich jeden Winkel des Reiches genau anschauen und sogar jeden Hauch spüren.
Bablej konnte so unsichtbar und unbemerkt ganz nah an sie herantreten. Er löste leise den Schlüssel der Hoffnung von ihrem Halsband und machte ihn unsichtbar. Seit dem wuchs das Reich der Schneekönigin nicht mehr und die Hoffnung lebte jetzt in den Herzen von allen Menschen. Und der lang ersehnte Frühling befreite alle Tiere und Vögel aus der eisigen Gefangenschaft.
Bald darauf setzte der arme Jäger Bablej das dritte Mal seine Zaubermütze auf und eilte in die Wüste, um den Schlüssel der Liebe dort zu finden. Als er sich dem Reich des Wüstenkönigs näherte, blies ein sehr starker böser Wind ihm wieder seine Mütze vom Kopf, die er bis zum Berg am Ende des Wüstenreiches trieb. Die Zaubermütze landete im Nest eines Adlers, in dem drei Eier lagen, die sofort unsichtbar wurden. Das Adlerehepaar konnte nicht verstehen, wo die Eier geblieben sein könnten. Der Adler schnüffelte mit dem Schnabel, suchte die Eier und als die Zaubermütze seine Frau bedeckte, wurde auch sie unsichtbar. Da nahm der Adler diese Mütze und flog lange durch die Wüste bis er an ihrem Rande der Wüste den armen Jäger entdeckte, der dort saß und bitter weinte.
Der Adler fragte, wieso er so bitter weint.
„Was soll ich bloß machen?“ antwortete Bablej: „ Der Paradiesvogel hatte mir eine Zaubermütze geschenkt, aber der böse Wind des Wüstenkönigs hat sie mir weggepustet. Ich wollte den Menschen den Schlüssel der Liebe geben…“
Der Adler mochte den Wüstenkönig und die bösen Winde auch nicht und sagte zu Bablej: „In einem Jahr hat der Sand unseren Berg zugeschüttet und ich werde nichts Essbares mehr für meine Küken finden. Hier hast du deine Mütze.“
Er bedankte sich beim Adler, der hoch in den Himmel verschwand und zurück zu seinem Nest flog. Dann setzte der Jäger die Mütze auf, wurde unsichtbar und ließ sich im selben Augenblick im prachtvollen Palast des Wüstenkönigs nieder. Er sah dort auch viele Edelsteine, goldene Gefäße und riesengroße Säle. Der Wüstenkönig saß auf seinem Thron mit einer Krone auf dem Kopf, die mit einem Halbmond und vielen Sternen aus Edelsteinen geschmückt war und so stark glitzerte, dass es den Augen fast wehtat und blendete.
Der Schlüssel der Liebe befand sich schon tausende von Jahren beim Wüstenkönig, der ständig versuchte sein Reich durch Dünen zu erweitern. Das Wüstenreich hatte eine Form von einem Kamel. Die Wände des Palastes ähnelten einer Karawane von Kamelen, die mit bunten Perlen verziert und der Boden mit glitzerndem festem Diamantenstaub geschmückt waren. Als Bewegungsmittel diente dem Wüstenkönig ein fliegender Teppich, auf dem er sein Reich bereiste. Er war mit dem stärksten von den bösen Winden befreundet, der viel dazu beigetragen hatte, dass sein Wüstenreich immer größer wurde.
Nun hatte Bablej es verhindert, indem er ihm den Schlüssel der Liebe wegnahm und unsichtbar machte. Seit dem lebt die Liebe wieder in den Herzen der Menschen. Es kam die Regenzeit und in der Wüste begannen sehr viele Blumen zu wachsen und zu blühen. Seit dieser Zeit begannen verliebte Menschen einander Blumen zu schenken. Der arme Jäger hatte die Bitte des Paradiesvogels erfüllt und ließ die Zaubermütze zurück zu ihm fliegen. Dort blieb sie auf dem Kamm des Vogels liegen.
Die guten Taten von Bablej wurden gut vom Paradiesvogel belohnt und er wurde sehr reich, berühmt und fühlte sich als der glücklichste Mann der Welt.

Autor: Alexander Weiz
Titelbild: Jutta Rzadkowski
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