Der hingerichtete Ahne.

Der gemeinsame Ahnherr der Familien Käfer und Littig aus Taurien lebte in Pirmasens, einem kleinen Dorf im Amt Lemberg.

Dieses Amt gehörte zur Grafschaft Hanau-Lichtenberg mit der Hauptstadt Buchsweiler (Bouxwiller, Bas-Rhin).

Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) lebten in Pirmasens 59 Familien mit rund 235 Einwohnern. Als im Jahre 1622 Spanier und kroatische Reiter der kaiserlichen Truppen durch die Pfalz zogen, litt die Bevölkerung unter den Lasten der erzwungenen Einquartierungen. Die Truppen nahmen alles mit, was in irgendeiner Weise brauchbar war, von den wenigen Nahrungsmitteln in den Vorratskammern, über Vieh, Pferde, Wagen. Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt, die Männer malträtiert, und wenn es nichts mehr zu holen gab, folgten Brandschatzung.

Daher setzten sich die Pirmasenser Bürger Hanß Seegmüller, Johannes Krämer, Hans Krämer und Jacob Jost gegen die einfallenden Soldaten zur Wehr und töten vier von ihnen, weshalb das Dorf aus Rache von den Soldaten in Brand gesetzt wurde.

Heinrich Bürkel: „Brand in einem Dorf“, 1826, Öl auf Holz, Münchner Kunstverein. Q.: Stadt Pirmasens, Museum für zuhause

Die vier wurden gefangen genommen und nach Buchsweiler geschafft, um sie der Gerichtsbarkeit zu überstellen. Üblicherweise war eine öffentliche Hinrichtung ein Volksspektakel, häufig in Verbindung mit Jahrmärkten, um eine hohe Öffentlichkeitswirksamkeit zu erzielen.

Grausamkeiten sorgten bei Hinrichtungen für ein Exempel und waren an der Tagesordnung, so wurden die vier Delinquenten nach Verhör und Geständnis zum Rad und Verbrennen verurteilt.

Holzschnitt aus der Schweizer Chronik des Johann Stumpf (Ausgabe Augsburg 1586) Wolfgang Schild –- Die Geschichte der Gerichtsbarkeit. Vom Gottesurteil bis zum Beginn der modernen Rechtsprechung, München: Verlag Georg D. W. Callwey, 1980. Lizenzausgabe für Nikol Verlagsgesellschaft mbh, Hamburg 1997 S. 202 (Scan), gemeinfrei

Dieser Tod war wenig ehrenvoll, mit gebrochenen Gliedern auf dem Rad den Flammen übergeben zu werden. Daher baten die vier Pirmasenser um Gnade und Ehre für ihre Familien, das Schwert galt als ehrenvoll, würde ihren Namen nicht beschmutzen, weshalb die Art ihres Todes äußerst wichtig war. Dieser Bitte wurde nachgegeben und so traten sie am 8. Oktober 1622 den Weg zum östlichen Gipfel des Bastberges, dem Galgenberg, an.

Galgenberg, Bouxwiller, Bas-Rhin, France, Wiki-Shacke – Eigenes Werk, 2010, CC BY-SA 3.0

Man brachte die Gefangen meist mit dem Wagen von Buchsweiler in das Dorf Imbsheim, dort wurden sie mit Ketten gebunden und vor dem Rathaus an den Pranger gestellt. Anschließen führte man sie zur Richtstätte. Der Weg auf den Galgenberg hieß der Urteilsweg. Nach der Hinrichtung versammelten sich die Richter in einem Hause nahe bei der Ratsstube und nahmen einen Imbiss ein. Daher soll nach alter Überlieferung der Name Imbsheim kommen.1

Franz Schmidt bei der Hinrichtung von Hans Fröschel, 1591. Die Zeichnung gilt als einzige verlässliche Darstellung des Scharfrichters. Foto von Staatsarchiv Nürnberg, Gemeinfrei

Der Scharfrichter waltete seines Amtes und beförderte die Männer vom Leben zum Tode. Der Pfarrer, welcher offensichtlich ein Verständnis für die Tat hatte, beerdigte alle auf dem Kirchfriedhof in Buchsweiler, nicht, wie es zumeist geschah, außerhalb der Friedhofsmauern, oder, was häufiger geschah, auf dem Galgenberg.

Bouxwiller – Registres Paroissiaux (Avant 1793) – Paroisse protestante (Avant 1793) – Registre de baptêmes mariages sépultures 1614-1638 – Original en mairie ad67_ec_061001600181

freitags d 4. 8tbris, Wurd alhir vff d kirchoff begrab, Hanß Segmüller, Johann Krämer, Krämer Hanß, Vnd Jacobs Jost, alle 4. Burger Zu Pirmensensß, Lemburger Ampts, so mit dee Schwerd gricht Word, weil sie in Ihrem Dorff, 4. Keyserliche Soltat erschoß Vnd Vmbgebracht.

Bouxwiller – Registres Paroissiaux (Avant 1793) – Paroisse protestante (Avant 1793) – Registre de baptêmes mariages sépultures 1614-1638 – Original en mairie ad 67_ec_061001600219

Freitags d. 4. 8tbris, 1622. Wurd nachfolgende Vier Perßonas, Hanß Seegmüller, Johannes Krämer, Krämer Hanß, Vnd Jacobs Jost, alle Bürger von Pirmensenß, Lemburger Ampts, weil sie in Ihre Dorff, 4. kayserliche Soldat wehrlos gemacht, erschoß vnd erschlagen. Vnd nachgehends darauf, ds Dorff, Von der kayserlichen Armada teils in Brandt gestecket word, mit Vrtheil Vnd recht, Zum rad Vnd feuer erkandt, nachgehends aber, vff Ihr Demütige Bitt mit dem Schwerdt gericht, Vnd vff d Kirchoff alhir begrab, sind alle Christlich Vnd standhaft gestorb. Gott Verleihe Ihnen ein fröhliche Aufferstehung. Amen.

Der Krieg unterdessen brachte weiteren Plünderungen und Brandschatzungen, so lebten 1657 noch 40 Einwohner in Pirmasens.

Hanß Seegmüller starb, jedoch wissen wir von drei Kindern, Arbogast (um 1603-9.3.1683), Georg (* um 1608) und Eva (* um 1610).

Auf der linken Seite ist die Nachkommenschaft des Arbogast, diese geht in die Littig über und zur Baroness von Gottesheim. Auf der rechten Seite die Nachkommenschaft von Eva, welche in der Linie der Käfer mündet. Beide Familien werden wir als Einwanderer in Taurien wiederfinden.

Sterbeeintrag Arbogast 1683 im Mischbuch Pirmasens 1640-1721

Schwester Eva war verehelicht mit Nicolaus Claß (um 1601-19.12.1666), beide lebten ebenfalls noch in Pirmasens, hier war er 15 Jahre der Glöckner der Kirche.

Sterbeeintrag Nicolaus 1666 im Mischbuch Pirmasens 1640-1721

Die Nachkommen verteilten sich bereits in die umliegenden Dörfer, hier hell markiert:

Herder, Benjamin: Das Koenigreich Wuerttemberg Das Grossherzogthum Baden und die Fuurstenthuumer Hohenzollern : entworfen und bearbeitet im Maasstabe 1:200 000 in 12 Blaettern von I.E. Woerl. 1838

Die Zeiten werden nicht leichter, als sich am 23. Juni 1783 ein acht Monate anhaltender Ausbruch von Vulkanen auf Island mit extremen Frostperioden in Europa ereignete. Infolgedessen trafen extreme Schneeschmelzen, massive Hochwasser und Zerstörungen im Februar 1784 ganz Europa.

Kälte und wechselhaftes Wetter hielten an und gipfelten, bedingt durch Missernten 1788, in einer extremen Teuerungskrise und Hungersnot, in deren Folge die Französische Revolution (1789–1799) ausbrach und sich ausbreitete, auch alle linksrheinischen Gebiete erreichte.

Das Amt Lemberg fiel im Jahre 1794 an Frankreich, nach 1804 wurde es Teil des Napoleonischen Kaiserreichs.

Für die leidgeprüfte Bevölkerung gab es erhebliche Umwälzungen. Aufgrund der Einführung des französischen Kalenders entfielen die Sonn- und Feiertage, ebenso alle kirchlichen Feste. Jede Art von Gottesdienst außerhalb der Kirchen wurde bei einer Geldstrafe von 500 Lire und einer Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren verboten. Kein Geistlicher durfte bei Beerdigungen im Talar oder priesterlichen Gewand erscheinen, sondern musste bürgerliche Kleidung tragen. Die Toten mussten ohne Glockengeläut und ohne Segen der Erde übergeben werden.2 Die Bevölkerung, komplett ausgeplündert von Steuern, musste den verpflichtend eingeführten Militärdienst leisten, Französische wurde Amtssprache.

Wenngleich die bisherige Leibeigenschaft aufgehoben wurde, freier wurden die Menschen unter der französischen Regierung nicht, weshalb sich viele zur Auswanderung entschieden, in der Hoffnung, im Ausland ein besseres Leben zu finden.

Quelle: Wikipedia

  1. Der Bastberg; in: Elsaß-Land – Lothringer Heimat, Monatsschrift für Heimatkunde und Touristik 1936, p.197f ↩︎
  2. Ludwig Mayer: Heimatlexikon Thaleischweiler, Französische Besetzung und Zugehörigkeit zu Frankreich ↩︎


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