Schweizer in der Pfalz
Im Raum Lemberg/Pirmasens treffen die verarmte Familie von Gottesheim und die des Drehers Philipp Heinrich Ludig (Lüttich) (1736–1785) aufeinander. Die Baronesse Wilhelmina Henriette ehelicht dessen Sohn Philipp Heinrich (1773 – 1830) etwa 1802/1803. Bekannt sind 13 Kinder, das letzte in Deutschland geborene Kind kam 1809 zur Welt, ehe die Revisionslisten 1811 das Paar in Taurien erfasst.
Philipp Heinrich Littig (17. Juli 1773 Vinningen1 – 13. November 1830 2Molotschna) war der Sohn des Philipp Heinrich Lüttich (1736–17853) und damit bereits die vierte Generation von Schweizer Einwanderern in die Pfalz. Die Namensschreibweise variierte erheblich.
Dessen Vater, Schäfer Johann Diebold Ludi (um 1699–17374), starb im Jahr nach seiner Geburt auf dem Feld beim Hafer schneiden. Seine Mutter war Maria Barbara Schindeldecker (1708–17535). Dessen Vater, Schäfer Johann Diebold Ludi (um 1699–17376), starb im Jahr nach seiner Geburt auf dem Feld beim Hafer schneiden. Dessen Witwe und Johann Diebolds Mutter, war Maria Barbara Schindeldecker (1708–1753), Ururenkelin des Hanß Seegmüller, welcher 1622 in Buchsweiler hingerichtet wurde, somit Urenkelin von dessen Sohn Arbogast.
Die zweite Generation der Einwanderer war Theobald „Diebold“ (um 1663–1743), vermutlich ein Sohn von Christian Ludi, Hofmann seit 1683 auf dem Buchholzhof bei Thaleischweiler.
Ein anderer Sohn des Christian, Johann Georg (um 1656–1730), ebenfalls seit 1683 Hofmann auf dem Buchenholzhof, wurde am 5. Mai 1692 anlässlich einer Grenzziehung erwähnt vom Pirmasenser Amtsschaffner Schmidt:
Soll dann ein hergeloffener Schweizer, der doch einem Buben gleich zu achten, mehr gelten, dann 80 und 90jährige Leute, die alle Gelegenheit wissen, auch an und um Eischweiler auferzogen worden und bei Gewissen behaupten wollen, daß dieser ein gültiger Bannstein seie, und kein Feldstein, der Augenschein ein solches klärlich geben wird.7
Ludi, der später Mahlmüller in Eischweiler wurde, hatte tatsächlich recht.
Theobald „Diebold“ Ludi (um 1663–1743) war die erste Generation der Schweizer Einwanderer in der Pfalz und lebte in Höheinöd und Thaleischweiler. Es ist davon auszugehen, dass Vinzenz „Christian“ Lüti (Lüthi) (1622–vor November 16838) und Anna Elisabetha Brocher (1613–17079) seine Eltern waren. Dieses Paar hatte mindestens 8 Kinder. Er stammte aus Geißenbühl bei Lauperswil und starb wohl in Mittelbrunn bei Landstuhl. Seine Ehefrau Anna Elisabetha Brocher stammte aus Langenthal, Oberaargau und starb in Hitscherhof in der Pfalz. Ihre Ehe wurde 1746 in Geißenbühl geschlossen.
Wenn man sich fragt, was dieses Paar und viele andere Schweizer bewegte, ihre Heimat zu verlassen, muss man geschichtlich weit zurückblicken: 10
Bereits im frühen 16. Jahrhundert wurden die Täufer verfolgt, man enteignete ihre Höfe, setzte ein Kopfgeld auf jeden gefangenen Täufer aus. Die Verbannung erreichte ihren Höhepunkt zwischen 1534 und 1540 und gipfelte in Hinrichtungen. Einer von ihnen war Hans Lüthi von Eggerswil im Jahre 1530.
Nicht nur die religiöse Verfolgung vieler Schweizer, auch meiner Vorfahren, war ein Grund. Die neuzeitliche Gletscherhochstandsperiode (1560–1850), mit einem Maximum um 1680, sorgte vor allem in den die Tallagen bei Schmelze verstärkt für Überschwemmungen, Lawinen und Muren.
Die Bevölkerung im Alpenraum erreichte eine Größe, die nicht mehr ernährt werden konnte, eine Erweiterung der Ackerflächen durch Rodungen war ebenfalls unmöglich. Dazu kam das Jüngstenerbrecht (Minorat) im Kanton Bern, Höfe wurden nicht geteilt, die älteren wurden Knechte auf dem Hof oder mussten diesen verlassen.
Durch die Obrigkeit erfolgte eine Vermietung von Berner Soldaten an ausländische Fürstenhöfe, die Bevölkerung litt unter hohen Steuern, wirtschaftliche Einbußen durch den 30-jährigen Krieg und Geldentwertung.
So folgte auf diese Umstände 1653 der Bauernaufstand, Rudolf Wettstein (1594–1666) ließ die Rädelsführer foltern, enthaupten und vierteilen, die Obrigkeit mäßigte sich danach jedoch in ihren Forderungen und senkte Steuern. Diese Entlastung half nicht lange, die harten Winter und der Nahrungsmangel machten der Bevölkerung extrem zu schaffen. So erfolgte ein Bittgesuch wegen der Hungersnot im Jahre 1663 zur Genehmigung des Gemspirschens im Tannheimer Tal: „Die im rauhen Gebirge lebenden Bittsteller leben nur von Gerste und Hafer, welche nicht immer ausreifen und durch Hochwetter bedroht sind.“ 11
Die Täufer, welche sehr zurückgezogen und versteckt in den Gebirgen lebten, mussten nach dem Bernisches Täufermandat vom 8.9.1670 das Land innerhalb von 14 Tagen verlassen. So auch unsere Auswanderer.
Kehren wir zu unserer Familie zurück, in Lauperswil lebten Peter Lüthi, geboren am 1. August 158812 in Lauperswil und Elisabeth Saam, verheiratet seit dem 6. März 161513 in Rüdeswil, deren Sohn Vinzenz „Christian“ wurde 1683 Hofmann auf dem Buchholzhof bei Thaleischweiler.
Vinzenz´ Sohn Johann Georg (um 1656–1730) wurde Müller der Thaleischweiler Mühle – nicht der erste Müller der Sippe, wie man lesen kann in einem Dokument vom 24. August 1622: Spruchbrief zwischen Mathyss Lütti, Müller im Längenbach, einerseits, und Vincentz Lütti seinem Bruder auf dem Gut Blasen, beide im Gericht Signau und in der Kilchhöre Lauperswil, anderseits in einem Streit betreffs Holzschlag, Wasser und Wegrechte auf dem Gut „Blasen“.14
Peters Eltern waren Caspar Lüthi (1560–1859) und Margreth Güman15, Caspars Eltern: „Zenss“ Vinzens Lüthi (um 1525- um 1575) und Anna Berger (um 1526–1574) – Bruder Peter ist bekennender Täufer16
Zenss´ Eltern sind die Stammeltern in Längenbach Lauperswil: Hans Lüthi (1498–1580) und Dorothea (1500–1574)17
Hier nun, im Längenbachtal finden wir den Ursprung unserer Familie, sie gehen von hier aus nach Längenbach und Rüderswil.
Hans Lüthi „der Jung“ (um 1498–1580) besaß den ungeteilten Großhof Längenbach, der Besitz umfasste die heutige Dorfschaft Längenbach mit der Mühlenbesitzung, die Höfe Längenbachboden, Hädermoos und die Blasenhöfe.
Vinzenz Lüthi (1525–1575) erbte den großen Teil des Besitzes ohne Blasengut und Mühlenbesitzung. Seine Nachkommen erwarben 1803 das Mühlengut und besitzen es noch heute.
Sohn Caspar (um 1531) erbte als Müller das Mühlengut mit der Mühle; Sohn Hans (um 1542) saß auf Hädermoos, seine Nachkommen erbten die Güter von Kasper und saßen bis 1803 auf dem Mühlengut.18
Über den Namensursprung weiß man, Lüthi ist die Schweizer Kurzform von Lüthold und seit ca. 1450 als Nachname bekannt. Ursprünglich von Lütwald abgewandelt zum heutigen Leuthold. Lüt, althochdeutsch für Volk, Menschen. Die Silbe -wald, kommt vom althochdeutschen Verb waltan, was herrschen, mächtig sein bedeutete, also war der Lüthi einer, „der unter dem Volk herrscht“.19
- Vinningen, Mischbuch 1760–1798 ↩︎
- Statistischen Bericht über die Prishib-Kolonien für September 1815. Abschrift Taurien e.V. ↩︎
- Pirmasens, Taufen 1733–1746; Burgalben, Trauungen 1743–1787 ↩︎
- Pirmasens Tote 1736–1750; Pirmasens Ehen 1685–1736 ↩︎
- Pirmasens Tote 1685–1732, Heiraten 1685–1787 ↩︎
- Pirmasens Tote 1685–1732 ↩︎
- Ludwig Mayer; Heimatlexikon Thaleischweiler-Fröschen, Zwei unvollendete Grenzsteine, zitiert aus: Kampfmann Lorenz: Schweizer Einwanderungen in das Amt Lemberg, Pirmasenser Zeitung, Rings um den Horeb, Nr. 7, April 1951 ↩︎
- Lauperswil Taufrodel, Eherodel 1586–1623 ↩︎
- Langenthal Taufrodel (1580–1626), Eherodel (1581–1626) ↩︎
- Sebastian Hölzl: Die Gemeindearchive des Bezirkes Reutte, Tiroler Geschichtsquellen, Innsbruck 1997. ↩︎
- Georg Jäger: Fernerluft und Kaaswasser – Hartes Leben auf den Tiroler Almen. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2008 ↩︎
- Lauperswil Taufrodel, Eherodel 1586 – 1623 ↩︎
- Rüderswil Taufrodel (1580–1612), Eherodel (1580–1627) ↩︎
- https://www.query.sta.be.ch/detail.aspx?ID=59038 ↩︎
- Lauperswil Taufrodel (1528–1585), Eherodel (1555–1586) ↩︎
- Pfarrer Ernst Müller, Langnau, Geschichte der Bernischen Täufer nach Urkunden zusammengestellt, Frauenfeld, St. Huber Verlag 1895 ↩︎
- Genealogisch-Heraldische Gesellschaft der Regio Basel GHGRB: Sammlung Billeter, Julius (1869–1957) ↩︎
- Genealogisch-Heraldische Gesellschaft der Regio Basel GHGRB: Sammlung Billeter, Julius (1869–1957) ↩︎
- Das Portal der schweizerischen Familiennamenforschung, familiennamen.ch ↩︎
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