Märchen
Vor langer-langer Zeit lebten in einem Königreich König Heinrich mit seiner Gemahlin Hilde. Sie regierten das Grüne Königreich, das wegen der vielen grünen Nadelwälder so genannt wurde. Das Volk möchte sein Grünes Königreich und das Königspaar, das drei Söhne und eine Tochter hatte. Der älteste Sohn hieß Otto, der mittlere – Artur und der jüngste Waldemar. Die Tochter nannten sie Regina.
Im Grünen Königreich lebten auch der Förster Friedrich und seine Frau Frieda. Sie hatten einen Sohn und drei Töchter. Der Sohn hieß Richard, die älteste Tochter – Margerita, die mittlere Lilie, die jüngste – Rose. In beiden Familien hatten die Elternihre Kinder alle gütig und hilfsbereiterzogen.
König Heinrich und Königin Hilde waren mit der Försterfamilie befreundet. Die Söhne des Königs wurden schon als Kinder mit den Töchtern des Försters schon als Kinder verlobt. Die Prinzessin Regina wurde dem Förstersohn Richard versprochen. Den Mädchen schenkte der König goldene Anhänger, um dieses Versprechen zu besiegeln.
Unter den Ministern und Ratgebern des Königs gab es sehr treue, die das Königspaar liebten und ehrten, aber es gab auch ausgesprochen böse und hinterhältige. Es ist bekannt, dass nicht schöne Kleider, sondern gute Taten die Zierde eines Menschen sind. Tagsüber lächelten und taten die falschen unter den Höflingen scheinheilig, aber nachts verwandelten sie sich in Räuber und überfielen Menschen auf den Grenzstraßen des Königreiches. Sie wussten genau, von wo die Kaufmänner und Gesandten aus anderen Ländern mit reichen Geschenken für den König kommen würden. Einige ließen sie passieren, die anderen, mit besonderen Geschenken und Schätzen, raubten sie aus und töteten. Das Diebesgut versteckten sie im Wald. Den genauen Ort kannte nur der Finanzminister: Es war ein großer Raum unter einer alten dicken Eiche auf einer Lichtung ausgehoben worden.
Der Förster des Königs machte seinen Dienst sehr gewissenhaft. Er liebte den Wald. Er fällte und verarbeitete sie zu Brennholz nur alte vertrocknete Bäume oder solche, die vom Blitz getroffen oder während eines Sturmes entwurzelt worden waren. Danach pflanzte er an ihrer Stelle sofort neue junge Bäumchen.
Zu Weihnachten suchte der Förster immer den schönsten Tannenbaum auf einer Waldlichtung aus. Nicht nur die Höflinge, sogar der König und die Königin schmückten ihn mit bunten Stoffstreifen, Süßigkeiten und Geschenken. In der Weihnachtsnacht wurden an allen Ecken der Lichtung Feuer zum Aufwärmen gemacht und getanzt, gelacht und Spiele gespielt. Danach bildeten die Kinder einen Reigen um den Tannenbaum und jedes Kind bekam ein königliches Geschenk. Ihm wurden die Augen verbunden, es musste sich drei Mal herumdrehen und durfte sich dann ein Geschenk vom Tannenbaum „pflücken“.
Am ersten Tag des neuen Jahres verteilten der König Heinrich und die Königin Hilde unter dem ganzen Volk des Grünes Königreiches Geschenke.
Sie wünschten allen Untertanen Glück, Gesundheit, Liebe und ein langes Leben. Das Volk liebte diese Feste und freute sich jedes Jahr auf sie.
So vergingen Tage, Monate und Jahre. Die Kinder wurden erwachsen und immer hübscher. Besonders schön waren die drei Töchter des Försters geworden.
Doch eines Tages passierte im Königreich ein Unglück. An einem und denselben Tag, Monat und Jahr starben plötzlich der alte König und die Königin. Nach ihrem Tod wurde der junge Prinz Otto zum König.
Den Förster Friedrich und seine Frau Frieda besuchte danach der böse Zauberer Schwarzen stein. Er hatte einen sehr bösen, furchterregenden Blick. Der Zauberer sagte:“Forster, ich habe gehört, dass du drei Töchter hast, die alle drei ausgesprochene Schönheiten geworden sind. Ich möchte eine von ihnen heiraten.“
Der Forster erklärte, dass seine Töchter schon bei ihrer Geburt mit den Söhnen des Königs mit Gottes Beistand verlobt worden sind.
Der böse Zauberer konnte den Namen Gottes nicht hören, ärgerte sich über den Förster und seine Frau, verwandelte sie beide in einen Tertiärs Nadelbaum und fügte hinzu:„Ihr werdet euer ganzes Leben am Rande einer Schlucht bei der Ostsee verbringen und keine Freude mehr haben, dafür aber viel Grund zu weinen!“ Danach sprach er seinen stärksten Fluch aus: „Kek, Mek, weg – Mu, Fu, Tu“. Seitdem sammelten Friedrich und Frieda tagsüber ihre Tränen und die ganze Nacht flossen sie ins Meer und verwandelten sich dort in Bernsteinsteine.
Die Töchter des Försters verwandelte der böse Zauberer in Rehe mit weißen Punkten auf dem Rücken und sagte ihnen: „In dieser Gestalt werdet ihr drei Jahre, drei Monate und drei Tage leben müssen. Meinen Fluch kann nur die Liebe von jungen Prinzen brechen. Wenn es nicht geschieht, bleibt ihr für immer Rehe!“
Richard, der jüngste Sohn des Forsters, war zu dieser Zeit im Wald und wurde von dieser bösen Tat des Zauberers verschont, weil er ihm nicht unter die Augen gekommen war. Er hatte auch den Fluch nicht gehört. Der Zauberer hatte seine Schwestern nur äußerlich verwandelt, aber ihre innere Schönheit, Güte und Menschlichkeit konnte er nicht zerstören. Sie konnten auch in ihrer neuen Gestalt die Sprache von Menschen und Tieren verstehen.
Einmal im Jahr, bei der Mittsommerwende, am längsten Tag und der kürzesten Nacht des Jahres verwandelten sich die weißen Punkte auf dem Rücken der Rehe-Mädchen in Blumen, die ihre Namen symbolisierten: Margeriten, Lilien und Rosen. Drei Tage lang kreisten um ihren Rücken verschiedene bunte Schmetterlinge. Ringsum auf den Bäumen saßen Singvögel und trällerten ihre Lieder: „Wir kennen euch, wir kennen euch und diese Lieder hört ihr nur von uns!“
Besonders schlimm war für die Rehe-Mädchen der Winter, der starke Frost und die Schneestürme. Sie zogen sich dann in eine Höhle zurück, die ihnen der Vater gezeigt hatte, als sie noch kleiner waren. Er meinte damals, dass sie sich dort vor dem Unwetter verstecken könnten, falls es sie mal im Wald überraschen würde. Keiner außer ihm würde von dieser Höhle wissen.
Sie gingen im Winter nicht hinaus in den Wald, um keine Spuren zu hinterlassen. Es gab dort zu viele Raubtiere, Räuber und Jäger. Mit Futter wurden die Mädchen von den Vögeln versorgt, die nicht nach Süden geflogen waren und auch im Wald überwinterten.
Nur wenn es wärmer im Wald wurde und die Bäume wieder grün wurden, kamen die Rehe-Mädchen aus der Höhle heraus, die mit grünen Sträuchern verdeckt war. Sie freuten sich wieder auf den Vogelgesang, die grünen Waldlichtungen, die Bäume und die blühende Sträucher.
Sie beobachteten die Tiere und Vögel im Wald und konnten wieder ohne Angst sich im Wald bewegen. Es war so wunderschön im Frühlingswald und sie fanden genug Futter bis in den Herbst hinein. Eines Tages sahen die Rehe-Mädchen, wie die Räuber auf der Waldlichtung unter der alten Eiche ihre Beute versteckten. Sie verstanden auch alles, was sie untereinander gesprochen hatten. Auch die wunderschönen Blumen unter der Eiche unterhielten sich in ihrer Blumensprache über die Neuigkeiten im Wald, lachten, schaukelten sich im Wind und freuten sich des Lebens. Ihr schöner Duft lockten Insekten an, die Nektar sammelten und sie bewunderten. Die schönen Rehe-Mädchen mochten den grünen Wald, den sie sehr gut kannten.
Ihr Bruder Richard wurde Förster. Er schoss nie auf ein Tier aus reinem Jagdtrieb, sondern nur, wenn das Tier krank oder von Wölfen verwundet worden war. Genau wie sein Vater liebte er den Wald und pflanzte junge Bäumchen dort, wo einige alten gefällt werden mussten.
Eines Tages kam er auf die Waldlichtung und entdeckte die Rehe mit den weißen Flecken. Sie liefen nicht weg und schauten ihn so zärtlich an, als ob sie ihm etwas sagen wollten. Richard schaute sich um – auf die Bäume, Blumen und Rehe und sagte: „Das sind auch meine Freunde“. Nur wurde er wieder traurig bei dem Gedanke an seine verschwundenen Schwestern und Eltern.
So vergingen drei Jahre, drei Monate und drei Tage. Es kam wieder die Mit Sommersonnenwende mit dem längsten Tag und der kürzesten Nacht des Jahres. Plötzlich tauchte im Wald die Regenbogenfee auf. Sie erschien immer dort, wo jemand ihre Hilfe brauchte. Nur einmal in hundert Jahren besuchte sie eines der Länder, in dem die gütigsten Menschen mit reinen Herzen lebten.
Die Rehe sahen, wie sie vom Regenbogen auf die Wiese stieg und ihnen zur Hilfe kam. Obwohl die Fee alles über sie wusste, fragte sie trotzdem, was ihnen zugestoßen war. Die Rehe-Mädchen erzählten unter Tränen in ihren schönen Augen, dass der böse Zauberer Schwarzenstein sie in Rehe verwandelt hatte, und auch was mit ihrer Eltern geschah.
Die Regenbogenfee beschloss den Mädchen zu helfen und ließ die Königssöhne und ihre Schwester Regina zur Jagd in den Wald reiten. Als sie auf die Waldlichtung kamen, sahen sie die drei schönen Rehe. Dem jungen König Otto gefiel das Rehmädchen Margerita, weil er die Margeriten sehr mochte. Der mittlere Königssohn bevorzugte von allen Blumen die Lilien und verliebte sich in die Lilie. Ihr jüngster Bruder Waldemar hatte schon seinen Bogen erhoben, um zu schießen, aber ließ ihn sofort sinken, als er die schöne Rose sah und sich auf den ersten Blick in sie verliebte. Der Förstersohn Richard konnte den Blick nicht von der Prinzessin Regina abwenden. In diesem Moment verlor der Fluch der bösen Zauberer seine Kraft und die Prinzen sahen drei wunderschöne Mädchen vor sich stehen.
Die Regenbogenfee holte ihren Zauberstab hervor und sagte ihren Zauberspruch: „Sarse-Wirse-Horse. Ich möchte, dass sich der Baum, in dem Friedrich und Frieda eingeschlossen wurden, immer um Mitternacht aus der Ferne mit euch, euren Kindern und Großkindern unterhalten kann.“
Die Regenbogenfee konnte leider nicht die Verwünschung des bösen Zauberers brechen, aber sie sagte den Försterkindern, dass die Menschen sich immer auf die Bernsteinsteine freuen werden. Sie bekamen von ihren Eltern die schönsten Bernsteintränen und bewahrten sie in Schatullen. Es waren keine einfachen, sondern feine Zaubersteine. Wenn man durch sie schaute, konnte man nicht nur das Grüne Königreich, sondern die ganze Welt sehen. Man musste vorher nur sagen: „Spieglein, erweise mir den Dienst, zeig mir mein Zuhause und die ganze Welt!“
Die gute Fee war wieder verschwunden. Die Förstertöchter erzählten dem jungen König Otto, wie falsch einige seiner Minister waren, tagsüber so taten, als ob sie ihm ehrlich dienten, und nachts wie Räuber die Menschen ausraubten. Sie und zeigten ihm, wo die Räuber ihre Beute versteckt hatten. Sie sagten, dass der Finanzminister den König und seine Brüder sogar töten wollte. Sein eigener Sohn sollte dann die Prinzessin Regina heiraten und die Macht übernehmen.
Der junge König sagte, dass solange es das Grüne Königreich geben wird, sollten es nur ehrliche Minister regieren. Die Bewohner freuten sich auf den Bernsteinschmuck und nannten die Küste der Ostsee Bernsteinküste. Wer dort gewesen ist, hat bestimmt auch Bernstein gefunden. Wer noch nicht da war, träumt vom Reich der Wälder und vom Bernstein.
Im Grünen Königreich wurden gleichzeitig vier Hochzeiten gefeiert. Es wurde viel gegessen, getrunken, getanzt, gelacht und gesungen. Einmal im Jahr richtete der König ein großes Fest für das ganze Volk aus. Otto war ein sehr weiser König und tat alles, damit seine Untertanen glücklich und zufrieden waren. Die Schätze der Räuber ließ er unter den Armen verteilen.
Jetzt ist das Märchen zu Ende und man kann das Blatt jetzt wenden.

Autor: Alexander Weiz
Titelbild: Jutta Rzadkowski
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