Ansiedlung an der Wolga


Die Ansiedlungspläne für das Wolgagebiet und das Gouvernement Neurußland, die spätere Südukraine, wurden im März 1764 veröffentlicht, zuvor hatte Graf Grigorij Orlow einen einheitlichen Ansiedlungspunkt um Saratow vorgeschlagen, welcher unter Leitung des Militäringenieurs Hauptmann Ivan Reis mithilfe von 24 Geödäten in die Tat umgesetzt wurde.

Die rus­si­schen Ma­ni­fes­te waren in ganz Eu­ro­pa ver­brei­tet. Allerdings widersetzten sich die meis­ten Staaten, durch Verbote, der Ab­wer­bung ih­rer Un­ter­ta­nen, darunter Preu­ßen und Ös­ter­reich, die eigene Ko­lo­ni­sa­ti­ons­pro­jek­te verfolgten. Vorwiegend aus deutschen Fürstentümern, Hessen erlebte beispielsweise seine Hauptauswanderung zwischen 1763 -1767 an die Wolga, wanderten rund 8. 000 Familien aus. Die Zahlen schwanken, von den 25.500 – 27.000 angeworbenen Menschen kamen rund 23.200 zur Ansiedlung, die anderen waren den Strapazen des weiten Weges nicht gewachsen und verstarben auf der Reise.

Die Auswandererkolonnen zogen unter anderem über Regensburg, Weimar und Lüneburg nach Lübeck oder sie fuhren von Worms den Rhein abwärts, um dann durch Westfalen und Hannover auf dem Landweg in die Hansestadt zu gelangen.

Viele ehemalige Kolonisten, die bereits versuchten, in Dänemark Fuß zu fassen, jedoch kein Auskommen fanden, zogen nun ebenfalls nach Lübeck, um von dort auf dem Seeweg nach Kronstadt, einer Festung vor St. Petersburg, zu gelangen. Die Überfahrt dauerte oft mehrere Wochen, da die Kapitäne an dem Verkauf von Proviant verdienten und so die Reisezeit gern unnötig verlängerten. Von Kronstadt aus gelangten die Ansiedler nach Oranienbaum (Lomonossow), hier leisteten sie den Treueeid auf die russische Krone und wurden neu eingekleidet.

Nach einer Wartezeit in Oranienbaum gelangten sie in ihre Ansiedlungsgebiete an der Wolga auf zwei Routen, ein Teil der Kolonisten zog auf dem Landweg weiter, während der andere Teil auf dem Wasserweg von Petersburg über die Newa, den Ladoga-Kanal und den Wolchow nach Nowgorod, weiter über den Fluss Msta bis nach Wyschni Wolotschok. Auf dem Landweg zog man über Torshok, Twerza bis nach Twer, von Twer aus auf der Wolga an Jaroslawl, Kostroma und Nishni Nowgorod vorbei nach Saratow zu fahren.
Die direkte Landroute führte über Peterhof, Nowgorod, Twer, Moskau, Rjasan und Pensa nach Pokrowsk an der Wolga, dem heutigen Engels, das Saratow gegenüberliegt.

In Saratow angekommen, erhielten alle Kolonisten 150 Rubel ausgezahlt. Von diesem Geld sollten sie sich Saatgut, Vieh und landwirtschaftliche Geräte anschaffen, ein Haus kaufen oder den Hausbau finanzieren. Von Saratow aus reisten die Siedler dann in die für sie vorgesehenen Kolonien, es wurden zwischen 1764 und 1767 zunächst 104 angelegt:

I. Bergseite
Gründungsnameamtlicher Namegegründet
AntonSewastjanowka1764
BährKamenka1765
BalzerGoloi Karamysch1765
BauerKaramyschewka1766
BaumJagodnaja Poljana1767
Beideck (auch Baideck)Talowka1764
BrehningPopowka1767
Degott (auch Deegott)Kammeny Owrag1766
Dietel (auch Dittel)Oleschna1767
DobrinkaNischnaja-Dobrinka1764
DönnhofGololobowka1766
DreispitzWerchnaja-Dobrinka1766
FrankMedwedizkoi
Krestowoi-Bujerak
1767
FranzosenRossoschi1765
Galka (auch Meierhöfer)Ust-Kulalinka1764
GöbelUst-Grjasnucha1767
GrimmLesnoi-Karamysch1767
HildmannPanowka1767
HolsteinWerchnaja Kulalinka1765
HuckSplawnucha1767
HusarenJelschanka1767
HussenbachLinewo Osero1767
KauzWerschinka1767
KöhlerKaraulny-Bujerak1767
KolbPeskowatka1767
KraftWerchnaja-Grjasnucha1767
KratzkePotschinnaja1766
LeichtlingIlawla1767
MerkelMakarowka1766
MesserUst-Solicha1766
MoorKlutschi1766
MüllerKrestowoi-Bujerak1767
PfeiferGniluschka1767
RothammelPamjatnoje1767
RöthlingSemenowka1767
Sarepta 1765
SchillingSosnowka1764
SchuckGrjasnowatka1766
SchwabBujdakow-Bujerak1767
SewaldWerchowje1767
StephanWodjänoi-Bujerak1767
Stricker?Tscherbakowka1765
Volmar (auch Vollmer)Kopenka1767
WalterGretschinnaja-Luka1767
WeigandNorka1767

II. Wiesenseite
Gründungsnameamtlicher Namegegründet
BangertSaumorje1767
Beauregard (auch Borgard)Bujerak1766
Beckerdorf (auch Ernestinendorf, Ernestinenfeld)1767
BettingerBaratajewka1767
Biberstein (auch Glarus)1767
Bohn (auch Hockerberg)1767
Boisroux (auch Boaro)Bordowskoje1767
Brabanter (auch Audincourt)Kasizkaja1767
Cäsarsfeld (1774 von Kirgisen zerstört)1767
Chasselois (auch Chaisol, 1774 von Kirgisen zerstört)1766
Dehler (auch Deller)Beresowka1767
Dinkel (auch Oberholstein)Tarlykowka1767
Eckardt (auch Eckert oder Zürich)Sorkino1767
EndersUst-Karaman1767
FischerTeljausa1765
Gattung (auch Zug)Marijinskoje1767
GrafKrutojarowka1766
Herzog (auch Susly)1766
Hölzel (auch Neuendorf)Kotschetnoje1767
Hummel (auch Brockhausen)1767
Jost (auch Obernberg)Popowkina1767
Kaneau (auch Kano)1767
Keller (von Kirgisen 1774 zerstört)Krasnorynowka1767
KindBaskakowka1767
Krasnojar (auch Walter)Krasnojarowka1767
Kratz (auch Basel)Wassiljewska1767
Kukkus (auch Neubrabant)Wolskoje1767
Laub (auch Weidenfeld)Tarlyk1767
Lauwe (auch Laube)Jablonowka1767
Leitsinger (1774 von Kirgisen zerstört)Kustarewa1767
LouisOstrogowka1766
Marxstadt (auch Baronsk, Katharinenstadt)1767
Meinhard (auch Unterwalden)Podijesnoje1767
Näbesanowka1767
Nieder-MonjouBobrowka1767
Ober-MonjouKriwowka1767
Orlowskaja 1767
Paulskoje 1767
Pfannenstiel (auch Mariental)Tonkoschurowka1766
Philppsfeld 1767
Preuß (auch Choisi le Roy)Krasnopolje1767
ReinhardOssinowka1766
ReinwaldStariza1767
Remmler (auch Römler, Luzern)Michailowka1767
Rohleder (auch Rohlender)Raskaty1766
RosenheimPodstepnoje1765
SchäferLipnowka1766
SchaffhausenWolkowo1767
SchönchenPaninskoje1767
SchulzLugowaja Grjasnucha1766
SchwedSworanewka1765
Seelmann (auch Krezenach)Rownoje1767
Stahl (am Karaman, auch Schwed)Swonarewkut1766
Stahl (am Tarlyk)Stepnoje1767
Straub (auch Wiesental)Skatowka1767
UrbachLipow-kut1767
WarenburgPriwalnoje1767
Winkelmann (auch Susannental)1767
Wittmann (auch Solothurn)Solotoje1767

Die 105. Kolonie (Kronkolonie Pobotschnaja) wurde am 22. Juni 1773 mit der letzten ankommenden Siedlergruppe gegründet.


Zu den Einwanderern nach Dietel gehörte Johann Philipp Spreier (Spreuer). Er kam am 01. Juli 1767 „ohne Weib aus Wettersborn, Baden. Witwer. 3 Kinder.“ Kurz darauf bekam er als Staatshilfe für den Anfang: „2 Pferde, 4 Kühe, 25 silberne Rubel. Außerdem: 1 Unterwagen mit dem entsprechenden Zubehör, 25 Saschenei Hanf-Strick, 1 Stemmeisen, 1 Schabeisen, 1 Bohrer, 1 Sense, 1 Beil, 1 eisernen Pflug, 300 große Nägel, Kupfertopf von 21 Pfund Gewicht mit 1 Topfgabel. 1768 hat er 2 desjatin (ha) Steppe gepflügt.“ 1


Keim Philipp: Erste Deutsche an der Wolga: Vom Schicksal und Leid der Auswanderer

1 Anatol Gehweiler (1952-2015)

Register der deutschen Siedlungen Russlands

Karte aus: P. S. Pallas: Reise aus Sibirien und zurück an die Wolga im 1773ten Jahr; Des Dritten Theils Zweytes Buch, p.621

Schlagwörter: , , ,

Copyright © 2002-2024 Deutsche Kolonisten All rights reserved.
This site is using the Desk Mess Mirrored theme, v2.5, from BuyNowShop.com.

Deutsche Kolonisten

Diese Seite verwendet Cookies und Google Analytics, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung