Statt 12 Rubel nur 21 Kopeken

Ein Beispiel für die Repressalien, denen die Bevölkerung der Ukraine duch die Zwangskollektivierung ausgesetzt war, möge dieser Bericht sein:

Deutsche Ukraine-Zeitung 5.5.1942 S. 3

Wie die Bauern der Ukraine von den ausgeplündert wurden ein Kolchosnik aus Pesotschka erzählt Wir hatten. Gelegenheit, einen ehemaligen Kolchosbauer aus dem Dorfs Pesotschka über die schlimme Zeit, da der Bauer vom Kolchossystem geknechtet wurde, zu sprechen. Das Dorf Pesotschka hat 22 Höfe, da von waren 16 in einen Kolchos zusammen gefaßt, während die übrigen Hofbesitzer ein noch kümmerlicheres Dasein als Jedinelitschnik, d. h. als Einzelbauern führten. An den Erträgnissen der Kolchoswirtschaft war der Bauer nur in einem sehr geringen Maß beteiligt. Für seine Arbeit im Kolchos erhielt er für den Arbeitstag 830 Gramm Brotgetreide, 1 Kilo Kartoffeln, 2 kg. Heu oder Stroh für seine Kuh und für den Fall, daß die Ernte ausreichend war, noch 80 Kopeken in Geld. Für Kinder und sonstige arbeitsunfähige Angehörige gab es keinerlei Zuschüsse. Der Kolchosbauer durfte eine Kuh halten. So gab es im ganzen Dorf Pesotschka auch nur 22 Kühe. Denn auch der Einzelbauer durfte nur eine Kuh halten. Den Kolchosangehörigen war ferner gestattet, ein Kalb sowie bis zu 10 Schafen und 20 Hühner zu besitzen. Sie durften auch ein Schwein aufziehen, doch hatten die wenigsten der Bauern ein Schwein, da ihnen das Futter fehlte. Im Winter kamen nur, unzureichende Abfälle in Frage, im Sommer Gras und Kraut. An Schweinemast war unter diesen Umständen gar nicht zu denken. So kam es, daß Schweinefleisch vielen Bauernfamilien nahezu unbekannt war. Die Pferde, waren mit der Bildung des Kolchos dessen Eigentum geworden. Wenn der Kolchosnik für private Zwecke, so z. B. für die Bearbeitung seines Gartenlandes (0,3 bis 0,6 ha) ein Pferd brauchte, so mußte er eine Gebühr von 2 Rubel je Arbeitsstunde an den Kolchos zahlen. Der Einzelbauer, der in Bezug auf die sonstige Viehhaltung derselben Beschränkung unterworfen war wie der Kolchosbauer, durfte ein Pferd haben. Allerdings mußte er dann jährlich eine Pferdesteuer von 500 Rubel zahlen. An der Heu- oder Strohernte hatte er keinen Anteil. Hier mußte er sich selber helfen und sich die nötigen Futtermittel entweder kaufen oder sonstwie „besorgen“. Dem Kolchosbauer und dem Einzelbauer waren „Naturalleistungen“ an den Staat auferlegt, die oft ihr Leistungsvermögen überschritten. Von der Kuh, die sie besaßen, mußte der Kolchosnik 240 Liter, der Einzelbauer 320 Liter im Jahr abliefern. Der Fettgehalt der Milch war mit 3,9 Prozent sehr hoch festgelegt (in Deutschland nur 3 Prozent). Reichte der Fettgehalt der Milch nicht aus, so wurde die Milchlieferung um eine entsprechende Menge erhöht. Ging die Kuh während des Lieferungsjahres ein, so blieb das auferlegte Kontingent bestehen. Der Bauer mußte dann die Milch kaufen, um sie überhaupt liefern zu , können. Hierbei ergab sich dann die volle Niedertracht des Sowjetsystems. Während der Kolchosbauer vom Staat nur 12 Kopeken je Liter bekam, mußte er die Milch jetzt selbst zum üblichen Ladenpreis yon 1,50 Rubel je Liter kaufen. Der Einzelbauer hatte neben der Milchablieferung auch noch 40 kg Fleisch im Jahr an den Staat zu liefern. Konnte er diese Menge nicht aufbringen, so mußte er ebenfalls das fehlende zukaufen. Für ein Kilo Rindfleisch zahlte der Staat 21 Kopeken, während der Ladenpreis 10 bis 12 Rubel betrug: für Hammelfleisch 27 Kopeken (Ladenpreis 12 bis 15 Rubel), für Schweinefleisch 30 Kopeken (Ladenpreis 22 bis 30 Rubel). An Eiern mußten je Huhn und Jahr 60 Stück geliefert werden. Hier zahlte der Staat für zehn Eier 12 Kopeken,, während , der Ladenpreis ein Rubel betrug. Zu den Naturalleistungen kamen noch eine Reihe von Steuern hinzu, die eben falls in keinem Verhältnis zu den wirklichen Möglichkeiten der Bauern standen. Je Hof und Jahr mußte der Kolchosbauer 80 Rubel, der Einzelbauer 300 Rubel zahlen. Ferner war eine Kulturabgabe von 80 Rubel Zu entrichten. Die Selbstbesteuerung (für Schule, Wege, Krankenhaus) war auf 40 Rubel festgesetzt, an Pflichtversicherung für totes und lebendes Inventar waren ebenfalls 40 Rubel zu zahlen. Außerdem mußte jedes Jahr Staatsanleihe gezeichnet werden, und zwar mit, 75 Rubel, wo die Frau arbeitete, weitere 75 Rubel. Sie waren in dieser Beziehung aber noch besser gestellt als die Angestellten in den Städten, die jährlich ein Monatseinkommen als Staatsanleihe zeichnen mußten. Die Naturalleistungen und die Steuer wurden mit äußerster Strenge eingetrieben und strengste Strafen schnell verhängt. Im Dorf Pesotschka gab es kaum einen Hof, indem nicht die männlichen Mitglieder im Gefängnis gesessen hatten. in.

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